Crnogorcevic zurück im NationalteamGrings räumt ein: «Wir müssen an der Kommunikation arbeiten»
Die Schweizer Fussball-Nationaltrainerin bietet ihre Rekordspielerin wieder auf – und sagt, was ihr an deren Vorgehen missfiel. Nach der grossen Versöhnung klingt es nicht.
Ana-Maria Crnogorcevic weiss, was auf sie zukommt an diesem Dienstagnachmittag. Einige unangenehme Fragen zum Beispiel. Sobald eine solche naht, lächelt sie freundlich und pariert mit: «Dazu äussere ich mich nicht.» Oder: «Ich sage nichts dazu.» Einmal fügt sie an: «Also, generell zu dieser Sache.»
«Diese Sache», das ist das Nicht-Aufgebot von Mitte September. Zwei Monate nach dem WM-Out gegen Spanien beschloss Nationaltrainerin Inka Grings, gegen denselben Gegner und Italien in der Nations League auf Crnogorcevic zu verzichten. Die Rekordspielerin und -torschützin des Landes – plötzlich aussen vor.
Offiziell hiess es, Grings würde den Zusammenzug nutzen, um auf junge Spielerinnen zu setzen. Dazu brauche Crnogorcevic eine Pause, um sich auf die Suche nach einem neuen Club zu konzentrieren. Crnogorcevic sagte, sie habe keine Pause nötig gehabt und sich mehr Rückendeckung vom Verband gewünscht.
Quellen aus dem Umfeld des Nationalteams berichteten anschliessend, das Tuch zwischen Trainerin und Spielerin sei zerschnitten, die beiden hätten sich nicht mehr viel zu sagen. Man konnte sich sogar die Frage stellen, ob Crnogorcevic unter Grings je wieder im Nationalteam spielen würde.
Nun trifft die Schweiz am Freitag auf Schweden und am Dienstag erneut auf Spanien, Spieltage 3 und 4 in der Nations League. Wieder mit dabei ist Crnogorcevic. Grings flog vor ungefähr zwei Wochen nach Madrid, wo Crnogorcevic seit Sommer für Atlético spielt, um sich mit ihr zu unterhalten. Mit dabei war auch Marion Daube, Direktorin Frauenfussball beim Schweizer Verband.
«Ein offenes Gespräch unter erwachsenen Menschen»
Nun haben es die aufmerksamen Lesenden bereits ahnen können. Zum Inhalt dieses Gesprächs äussert sich Crnogorcevic nicht, da bleibt sie bemerkenswert konsequent. Und Grings? «Es ist kein Geheimnis», sagt sie. Und: «Ich habe ihr gesagt, dass mir ihr Interview nicht gefiel.» Sie spricht dabei die Aussage von Crnogorcevic an, sie habe keine Pause gebraucht.
Eineinhalb Stunden haben sich Crnogorcevic, Grings und Daube unterhalten. «Ein offenes Gespräch», sagt Grings, «unter erwachsenen Menschen.» Eine Schlussfolgerung: «Wir müssen sicher mehr an der Kommunikation arbeiten, das fängt bei mir an und hört bei den Spielerinnen auf.» Es sei ihr wichtig gewesen, sich selbst zu reflektieren in den vergangenen Monaten.
Gerade im Vergleich mit ihrem Vorgänger Nils Nielsen, dem einfühlsamen Dänen, gilt Grings als distanziert, diese Umstellung bereitete einem Teil des Teams vermutlich Mühe. Grings sagt, sie habe die Gruppe während der WM besser kennen gelernt und im Nachgang viel mit den Spielerinnen gesprochen. Die Spielerinnen hatten die Möglichkeit, sich in Feedback-Fragebögen zu äussern.
Nach der grossen Versöhnung zwischen ihr und Crnogorcevic klingt das alles freilich nicht. Vielleicht aber braucht es diese auch nicht. Beide sind aufeinander angewiesen und können sich keinen Machtkampf leisten. Crnogorcevic, weil sie gerne im Nationalteam ist und die Heim-EM 2025 bestreiten möchte. Grings, weil Crnogorcevic eine Anführerin im Team ist, ihre Meinung hat Gewicht, die Jungen hören auf sie.
Und dann ist da ja auch noch der Spielplan. Erst geht es zur Nummer 1 der Welt, dann kommen die Weltmeisterinnen nach Zürich. Grings kann gerade jede Spielerin brauchen, die für ein Tor gut ist. Crnogorcevic steht bei 71 davon als Nationalspielerin.
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