AboRekordtorschützin Ana Maria Crnogorcevic«Als Mann könnte ich die ganze Nacht unbekümmert herumhängen»
Sie schwärmt von der Schweiz, wäre für einen Tag gerne Messi oder Ronaldo und nutzt die Gelegenheit, um sich bei vielen Menschen zu entschuldigen: die Fussballerin im etwas anderen Interview.

Wer sind Sie?
Ich bin Ana Maria Crnogorcevic, eine normale Frau aus Steffisburg, neben Thun. Sicher bin ich auch Fussballspielerin, das ist mein Beruf, das, was ich in der Öffentlichkeit bin. Aber nichtsdestotrotz bin ich eine relativ normale Person. Niemand Aussergewöhnliches.
Ihr Spitzname als Kind und heute?
Ana lässt sich fast nicht abkürzen. Um mich zu hänseln, vielleicht Annamarie – aber ich lasse mich nicht hänseln! Früher bei Rot-Schwarz Thun haben sie mir oft Änneler gesagt. Wir haben heute noch Kontakt, und sie nennen mich immer noch so. Änneler. Keine Ahnung, wieso Änneler!
Was ist das Verrückteste, was Sie je getan haben?
(überlegt lange) Ich bin generell verrückt, also wenn mir etwa jemand sagt: «Ana, steig ins Auto, wir fahren ichweissnichtwohin», das mache ich mit. Spontan? Sehr gern! Für solche Sachen bin ich immer zu haben. Es gibt viele Dinge, die ich gerne machen würde. Skydiving zum Beispiel, das ist eine verrückte Sache. Ich habe neun Jahre in Deutschland gelebt, da gibt es Autobahnen ohne Tempolimit. Ich teste schon mal gern, was das Auto hergibt – ohne dabei jemanden zu gefährden, versteht sich. Ich würde nie etwas übertrieben Waghalsiges oder Gefährliches tun.
Was hat Sie zuletzt zu Tränen gerührt?
Eine Mitspielerin wurde Mutter und nahm ihr zehn Tage altes Baby mit auf das Teamfoto vor dem Spiel. Das hat mich zu Tränen gerührt.
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Was bringt Sie zur Weissglut?
Lügen und Ungerechtigkeit. Ungerechtigkeiten noch mehr.
Wie lange halten Sie es ohne Handy aus?
So zwei bis drei Tage, würde ich sagen. Wenn ich etwas unternehme, ist es einfach. Beispielsweise war ich auf Hawaii, wandern, dort hatte ich sowieso keinen Empfang. Wenn ich daheimhocken würde und das Handy neben mir auf dem Tisch läge, wäre es etwas schwieriger. Der Whatsapp-Ausfall vor kurzem war kein Problem für mich.
Wieso wären Sie gerne Ihre Freundin?
Ich bin loyal und hilfsbereit, mit mir kann man Pferde stehlen. Man kann es mit mir richtig lustig haben, man kann mit mir aber auch ernst reden. Wir können tagelang lachen, wir können aber auch hinhocken und sagen: «Scheisse!» Und wenn einmal Tränen fliessen, fliessen Tränen. Ich denke, deshalb wäre ich gerne mit mir befreundet.
Sollte man Fremdgehen verzeihen?
Uffff, das kommt darauf an. Schwierig. Ich würde zwischen Küssen und Sex unterscheiden. Küssen ist etwas, wo man sagen kann, okay, whatever. Du warst im Ausgang, hast etwas getrunken – soll zwar keine Ausrede sein –, hast jemanden geküsst, und zwei, drei Sekunden später denkst du: «Shit, was mache ich eigentlich?» Da kann man darüber reden. Das andere … (atmet tief durch) Schwierig, schwierig. Ich denke, eher nein, aber sag niemals nie.
Ihre schönste Kindheitserinnerung?
Ich hatte das Glück, in Thun aufwachsen zu dürfen: mit dem See, den Bergen. Viele schöne Sachen: Fussball spielen, Ski fahren, snowboarden, wandern, schwimmen – mein Vater hat alles Mögliche mit mir unternommen. Er hat mir etwa das Skifahren beigebracht. Zu den schönsten Erinnerungen gehören die vielen kleinen Dinge. Im Auto auf dem Schoss sitzen und mit dem Lenkrad spielen zu dürfen (lacht), das erste Radio, die erste CD, die erste Playstation, die man sich seit Jahren wünschte. Ich hatte eine richtig gute Kindheit.
Sind Sie ein Mami- oder ein Papi-Kind?
Bezüglich solcher Sachen völliges Papi-Kind. Er ist der Sportliche in der Familie. Auch charakterlich komme ich eher nach ihm. Aber wenn es darum geht, etwas zu bereden, dann ist mein Mami die erste Ansprechperson. Das war sie damals und ist es auch heute noch.
Wann hatten Sie so richtig Glück?
Zum Glück habe ich noch nie so richtiges Glück gebraucht. Aber ich hatte das Glück, dass ich immer gesund war. Und bei all meinen ferien- oder fussballbedingten Reisen habe ich oft gedacht: «Läck, habe ich ein Glück, in der Schweiz auf die Welt gekommen zu sein.» Das denke ich mir immer wieder, im Nationalteam bereden wir das auch oft und sagen: «Hey, wir haben schon Glück, dass wir es so gut haben in der Schweiz.» Es ist der schönste Flecken auf der Erde.
Gibt es einen Gott?
Ja. In allen verschiedenen Facetten, würde ich sagen. Jedem sein Gott, das ist das Schöne daran.
Was stört Sie an der Schweiz?
In letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass alles so überfüllt ist. Wenn man mit dem Auto unterwegs ist, steht man immer im Stau. Es hat zu viele Autos oder zu wenig Strassen – ich weiss auch nicht. (lacht) Ansonsten? (überlegt) Eigentlich nicht so viel. Gut, die Bussen sind etwas hoch, wenn man zu schnell fährt. In anderen Ländern bezahlt man rund 20 Euro. That’s it.
Was haben Sie in der Corona-Zeit gelernt?
Etwas Tempo aus dem Leben zu nehmen. Ich seckle von einem Training zum anderen, hier ein Spiel, da ein Spiel: Bis auf die zwei Wochen Ferien im Sommer steht man immer unter Strom. Dass eine Zeit lang alles stillstand und man alles etwas ruhiger nehmen konnte, das habe ich genossen. Es war auch schön, nicht jeden Tag daran zu denken, wieder Leistung bringen zu müssen, das zehrt manchmal etwas an den Nerven. Ich finde es mega wichtig, sich mehr Zeit zu nehmen, beispielsweise auf dem Handy nicht gleich alle Nachrichten sofort beantworten zu müssen.
Was ist das Ekelhafteste, was Sie je gegessen haben?
Ich glaube, etwas Ekelhaftes würde ich gar nicht erst probieren. Ich bleibe bei Käse und was ich sonst alles kenne. Na ja, vielleicht war es die Fettschicht an einem Stück Fleisch. Wenn ich das im Mund habe, dann lupfts mich fast. Und als Kind dachte ich «Rosenkohl, wääh», mittlerweile aber mag ich ihn, koche ihn sogar selbst.
Ihr Serientipp?
Ich schaue sehr gerne Dokumentarserien, beispielsweise «The Last Dance» mit Michael Jordan. Zuletzt habe ich mir «Das Damengambit» angeschaut, «Bridgerton» mochte ich auch sehr. Aber so persönliche Sachen, gerade in Verbindung mit Sport, das mag ich sehr. Manchmal findet man sich darin selbst wieder und denkt: «Ich war auch mal in so einem Moment» oder «Das habe ich da auch gedacht».
Wovor haben Sie Angst?
Familie, Verwandte oder Freunde zu verlieren. Das wird natürlich eines Tages der Fall sein, aber davor hat man schon etwas Angst. Und gesundheitliche Sachen, dass man krank wird und nichts dagegen machen kann.
Sie wären für einen Tag ein Mann: Was würden Sie tun?
Die Welt beherrschen. (lacht) Nein, genau das ist ja nicht gut – das würde ich ändern. Aber im Ernst. Ich wäre sehr gern einen Tag lang Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder sonst ein Spitzensportler, um herauszufinden, wie das Leben einer solchen Person ist. Man weiss ja kaum etwas. Das Coole ist vor allem im Stadion, alle sind Fan von dir, alle jubeln dir zu. So ein Tag wäre schön, am nächsten würde ich dann gern wieder mein Haus verlassen können, ohne dass jemand vor meiner Tür steht. Was vielleicht auch ein Vorteil ist als Mann: Man kann die ganze Nacht irgendwo rumhängen, ohne Bedenken zu haben, dass irgendwas passiert. Das ist ein schöner Gedanke – aber auch ein harter Gedanke, die traurige Wahrheit. Aber es wäre schön, mal so unbekümmert sein zu können.
Schlafen Sie gerne allein?
Ja! Hauptsache ein gutes Bett und ein gutes Kissen. Ich bin jedoch auch recht angenehm, wenn jemand neben mir schläft, glaube ich. Ich bin relativ ruhig, brauche nur eine Seite des Betts. (lacht) Aber zum Erholen ist allein schlafen das Beste.
Worüber würden Sie in einer Beziehung nicht reden?
Ich würde über alles reden, sonst macht es ja keinen Sinn, oder?
Was war der Leitsatz in Ihrer Familie?
Es wird erst aufgestanden, wenn alle aufgegessen haben. (lacht herzhaft) Das war immer so bei uns.
Was sollte gesetzlich (besser) geregelt sein?
(pfeift laut) Das ist eine schwierige Frage. Man muss sagen, in der Schweiz ist ja fast alles gesetzlich gut geregelt. Ich habe in den USA gelebt, da ist die Situation ganz anders. Man hat keine Rente, keine Krankenversicherung … gar nichts, das ist ja eine Katastrophe! Diesbezüglich sind wir in der Schweiz sehr gut aufgestellt. Obwohl, vielleicht gibt es beim Thema Hauskauf etwas. Man wird älter, überlegt sich vielleicht, etwas zu kaufen, hat das Kapital, aber dann kommt diese Tragbarkeit. Als alleinstehende Person kann man sich das fast nicht leisten, es braucht einen Partner – oder zwei. (lacht) Das könnte man vielleicht ändern, aber das ist natürlich schwierig. Hier in Spanien oder in Deutschland zahlt man das Haus ab, dann ist alles gut. Wenn ich denen unser System erkläre, können sie es fast nicht nachvollziehen.
Was finden Sie attraktiv an sich?
Wow … Das sollen andere sagen. Viele sind neidisch auf meine Beine, weil sie so lang und dünn sind, glaube ich. (lacht) Aber ich? Vielleicht eher meine Persönlichkeit, nicht einmal etwas auf das Aussehen Bezogenes. Es gibt Leute, die einen Raum betreten, und man merkt es nicht. Dann gibt es Leute, die den Raum betreten, und man merkt es. Ich denke, ich gehöre eher zu den Zweiteren.
Wenn Sie eine Kristallkugel hätten, was würden Sie wissen wollen?
Ich glaube, ich möchte nichts wissen. Es kommt, was kommt, das ist ja das Spannende am Leben.
Was bedeutet Ihnen Zärtlichkeit?
Es ist etwas mega Schönes. Zärtlichkeit gibt es in so vielen Facetten, sei es mit Worten, mit Berührungen, Umarmungen.
Bei wem müssten Sie sich entschuldigen?
Bei denjenigen, denen ich nicht so schnell zurückschreibe. Manchmal lese ich eine Nachricht und denke: «Da schreibe ich nachher zurück» – und dann vergesse ich es doch wieder. Irgendwann melde ich mich dann schon, halt mit Verspätung. Ich schreibe dann auch immer «Hey sorry, dass ich mich erst jetzt melde» oder so was. Das kommt ab und zu vor. Also, wenn ich das hier so sagen darf: Allen, denen ich nicht zurückgeschrieben habe: Sorry, es tut mir leid!
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