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Prickelnder Playoff-Halbfinal
Als es beleidigend wurde: «Halt die Klappe, Hollywood»

Marc Crawford zappte am Sonntagabend auf dem Sofa zu Hause in Winkel zwischen den drei Viertelfinalspielen hin und her. In der Endphase unterlief dem Kanadier aber ein taktischer Fehler: Er schaltete weg vom Bern-Spiel und verpasste das Bieler Siegestor in letzter Sekunde. «Ich hatte mich schon gefreut auf die Overtime», erzählt er. «Doch als ich wieder aufs Bern-Spiel wechselte, war es vorbei.» Womit feststand, dass die Bieler der Halbfinalgegner der ZSC Lions sind.

Crawford und der EHC Biel, da war doch etwas. Richtig: Die legendäre Schimpftirade des Kanadiers im Viertelfinal 2015 gegen Kevin Schläpfer, der mit seinen Bielern damals als krasser Aussenseiter antrat. Der ZSC-Coach schrie in Spiel 1 hinüber zu Schläpfer, er solle seinen Mund halten, und titulierte ihn als «Hollywood», als Schauspieler. Crawford war missfallen, dass der Bieler Trainer den Zürcher Verteidiger Henrik Tallinder zurechtgewiesen hatte – in Nordamerika ein No-go. Und wahrscheinlich musste er auch etwas Dampf ablassen. Die Zürcher verloren jenes Spiel 0:5.

Nach der Serie gab es Diskussionsbedarf: Kevin Schläpfer (hinten) konfrontiert Marc Crawford (links).

Natürlich wusste Crawford, dass er nochmals auf jene Szene angesprochen würde. Er schmunzelt und sagt: «Ach, das ist schon so lange her, acht Jahre. Ich habe nun graue Haare, das hatte ich damals noch nicht. Ich mag Kevin, wir haben uns seitdem ein paarmal getroffen. Über ihn mache ich mir keine Sorgen, sondern über seinen Sohn. Der ist ein richtig guter Spieler geworden.» Kevin Schläpfer wird bald Sportchef des EHC Basel, sein 22-jähriger Sohn Elvis ist Bieler Stammspieler und war am Samstag beim 4:3 über den SCB Torschütze.

«Ich tänzelte ein bisschen auf der Bank, um Crawford noch mehr zu provozieren.»

Kevin Schläpfer

Schläpfer nahm Crawford seine Schimpftirade gar nicht übel, im Gegenteil. «Jene Szene löste einen Hype aus», sagte er einmal im Podcast von Tamedia. «Die Brücken auf dem Weg nach Biel wurden angeschrieben mit: Welcome to Hollywood. Es war wirklich super.» Und als die Chicago Blackhawks mit Assistent Crawford 2019 in Berlin gastierten, habe er diesen wieder dort getroffen. «Wir lachten darüber. Es war ein lustiger Abend. Die Szene war speziell, weil ich zunächst nicht wusste, was los war mit Crawford. Ich tänzelte ein bisschen auf der Bank, um ihn noch mehr zu provozieren.»

Der EHC Biel überraschte die Zürcher damals als Underdog mit frechem Spiel, führte zweimal in der Serie und zwang den Qualifikationssieger über sieben Spiele. Inzwischen sind die Rollen anders verteilt: Die Bieler verpassten Rang 1 erst in der 52. und letzten Runde, derweil die ZSC Lions in der Regular Season nie zu Konstanz fanden und Vierte wurden. Die Schweizer Hockey-Analytics-Seite «NL Ice Data» sieht die Favoritenrolle aufgrund bisheriger Daten denn auch klar bei den Bielern: mit 56,2 zu 43,8 Prozent Siegeswahrscheinlichkeit.

Retter Denis Hollenstein

Doch die Dynamik einer Playoff-Serie ist schwer vorherzusagen. 2022 lagen die ZSC Lions im Viertelfinal gegen Biel 0:2 und 2:3 zurück und drehten die Serie noch in extremis. «Wir waren eigentlich schon ausgeschieden, dann schiesst Denis (Hollenstein) diese zwei Tore», erinnert sich Simon Bodenmann. Die Zürcher lagen in Spiel 6 in Biel 0:1 in Rückstand und brachten kaum eine Torchance zustande, ehe Hollenstein mit einer Doublette in der Endphase innert 100 Sekunden nicht nur die Partie, sondern die Serie drehte.

Purzelbaum nach der gewonnenen Serie 2022 gegen Biel: Goalie Jakub Kovar und seine Teamkollegen feiern.

Das wird diesmal nicht geschehen. Hollenstein erlitt in Spiel 3 des diesjährigen Viertelfinals gegen Davos einen zweifachen Sehnenriss, als ihn Dominik Egli unglücklich mit der Schlittschuhkufe traf. Der 33-Jährige wurde noch in jener Nacht operiert und muss noch sechs Wochen mit einer Schiene und an Krücken laufen. An ein Comeback im Playoff ist nicht zu denken.

«Jetzt müssen es halt andere richten», sagt Bodenmann. «Wir haben gegen Davos ja gezeigt, dass andere in diese Rolle schlüpfen können. Riedi schoss zwei wichtige Tore, Baechler traf in Davos. Es ist wichtig, dass wir breit abgestützt sind.» Wobei er dazu mehr beitragen müsse, so Bodenmann selbstkritisch. Er fordert von seinem Sturm mit Center Lucas Wallmark eine Steigerung in der Serie gegen Biel.

Captain Patrick Geering prognostiziert gegen Biel ein weniger körperbetontes Duell als gegen Davos, dafür einen Gegner mit sehr viel Speed. Dass sich die beiden Coachs wie 2015 in die Haare geraten, ist eher nicht zu erwarten. Crawford spricht in den höchsten Tönen über seinen Bieler Gegenspieler Antti Törmänen. Er sei beeindruckt, wie der Finne mit seiner Krebserkrankung umgegangen und an die Bande zurückgekehrt sei: «Er ist eine aussergewöhnliche Persönlichkeit.»