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Roger Federer vor den Weltmedien
Als er geht, wird es still im Interviewraum 

Rascher Abgang: Federer schreitet nach der Medienkonferenz mit den internationalen Journalisten vom Podium.
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Eine Party soll sein Rücktritt werden, kein Begräbnis, hat Roger Federer noch am Dienstag zu den Schweizer Medien gesagt. Doch jetzt, an diesem Mittwochmorgen, erinnert die Stimmung im Interviewraum der O2-Arena an ebendies: eine Beerdigung. Andächtige Stille liegt über dem düsteren Raum ohne Tageslicht, der vorwiegend in der Laver-Cup-Farbe Schwarz gehalten ist. Über einhundert Journalistinnen und Journalisten warten, sie sind aus der ganzen Welt gekommen.

Als die Kommunikationsleiterin verkündet: «Roger Federer on the way to the press conference», wird es mäuschenstill. Dann ist er da, setzt sich allein an den grossen Interviewtisch, grüsst die Runde. Eine Amerikanerin bricht das Eis und stellt die erste Frage: «Was würden Peter Carter und Reto Schmidli, der Sie im ersten Spiel 6:0, 6:0 schlug, zu Ihrer Karriere sagen?» Noch einmal betont Federer, wie wichtig der 2002 tödlich verunfallte Carter für seine Technik war – und seine Erfolgskarriere nicht nur für Schmidli, sondern für alle eine grosse Überraschung sei.

Jeder Journalist darf nur eine Frage stellen und muss sich mit Namen und Publikation anmelden. Das mutet komisch an, kennt Federer doch die meisten persönlich und seit Jahren. Zum Beispiel den Briten David Law vom «The Tennis Podcast». Der war schon 1998 dabei, als Federer in Gstaad auf der ATP-Tour debütierte. «Ich arbeitete damals für die Tour und musste die Pressekonferenz mit Roger organisieren.»

«Ohne Fans hätten meine Erfolge etwa 80 Prozent der Emotionen und Bedeutung verloren.»

Roger Federer

Nun will Law von Federer wissen, was er vom Tennisalltag am meisten und am wenigsten vermissen werde. Fehlen würde ihm vieles, sagt er, «die kleinen Momente nach einer Partie» und vor allem die Fans. «Ohne sie hätten meine Erfolge etwa 80 Prozent der Emotionen und Bedeutung verloren.» Das habe er auch während der Corona-Restriktionen gemerkt. Was er nicht vermissen werde, sei das ewige Warten auf eine Partie, «oft bis zu 15 Stunden. Als Tennisspieler bist du dauernd am Warten.»

Federer verbringt zurzeit fast Tag und Nacht in der O2-Arena. Trainings, Interviews, Trainings – und am späten Dienstag war er auch in einem argentinischen Steakhouse der Eventhalle anzutreffen, an einem Tisch mit Andy Murray, Europa-Captain Björn Borg und dessen Assistenten Thomas Enqvist. 

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Mike Dickson von der «Daily Mail» weist Federer darauf hin, dass es eigentlich ein Regelbruch sei, dass er am Laver-Cup nur Doppel spiele – im Prinzip müsste jeder der sechs Spieler ein Einzel bestreiten. Das sei mit allen so abgesprochen worden, mit Borg, dem US-Captain John McEnroe sowie der ATP-Tour, zu der der Anlass gehört. Regeltechnisch wird Federer nach dem Doppel vom Freitagabend als spielunfähig für das Einzel erklärt und durch Matteo Berrettini ersetzt werden. Wer sein Partner sein wird, steht offiziell nicht fest. Gemunkelt wird schon länger von Rafael Nadal, neben dem er 2017 am Laver-Cup in Prag schon einmal angetreten ist.

Erstmals Seite an Seite: 2017 in Prag schlugen Nadal und Federer im Laver-Cup die Amerikaner Querrey/Sock.

«Eine gute Frage», sagt Federer, als Russell Fuller von der BBC wissen will, wie er am liebsten in Erinnerung bleiben würde, worauf er am meisten stolz sei. «Meine Langlebigkeit, wie ich von einem fehlerhaften zu einem konstanten Spieler wurde», antwortet er. «Dass ich über 15 Jahre fähig war, praktisch jedes Turnier zu gewinnen, bedeutet mir schon viel.»

Ein Journalist der Agentur AP fragt den Zurücktretenden nach den schönsten und bittersten Momenten. «Mit diesem Thema habe ich mich nicht intensiv beschäftigt, das muss ich noch tun», sagt er. Zwar ragten Erfolge wie der Sieg über Pete Sampras (2001), sein einziger Titel in Roland Garros (2009) oder der Australien-Open-Titel von 2017 heraus. Aber ebenso wichtig könnten auch kleinere Momente sein oder persönliche Begegnungen. Jedenfalls: «Ich liebe meine Karriere, von jeder Warte aus betrachtet.»

«Ich konnte die ganze lange Zeit authentisch bleiben, auch deshalb hatte ich so viel Spass.»

Roger Federer

Gegenüber dem australischen Reporter Craig Gabriel erwähnt er eine Eigenschaft, die zweifellos mit an der Basis seiner Popularität steht: «Irgendwann entschied ich, auch als Gegner nett zu bleiben, ich wollte mich nicht verstellen. Ich konnte die ganze lange Zeit authentisch bleiben, auch deshalb hatte ich so viel Spass.»

Auf die Frage, ob er etwas bedaure, sagt Federer erst, er wäre rückblickend in der Anfangsphase seiner Karriere gerne etwas professioneller gewesen. Dann relativiert er aber sogleich, dass dies vielleicht auch negative Folgen hätte haben können. «Vielleicht hätte ich dann meinen Hunger früher verloren.»

Aus Irland fragt ihn zum Schluss einer, ob er sich als GOAT fühle, als grösster Spieler aller Zeiten. Das sei nie sein Ziel gewesen, antwortet Federer. «Ich bin stolz und glücklich mit meinem Platz in der Tennisgeschichte.» Nachdem er mit dem 15. Grand-Slam-Titel in Paris 2009 den Rekord von Pete Sampras gebrochen habe, sei alles ein Bonus gewesen – «und ich bin glücklich, dass danach noch fünf dieser Titel dazukamen und ich insgesamt über 100 Turniere gewann».

Das wars, die Fragerunde ist vorbei. Kurzer Applaus brandet auf, Federer winkt, verschwindet hinter der schwarzen Sponsorenwand. Und wieder wird es still.