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Wayne Gretzky übertroffen
Der Zar des Eises: Wie Owetschkin die Propaganda Putins befeuert

Alex Ovechkin von den Washington Capitals posiert mit dem ehemaligen NHL-Spieler Wayne Gretzky nach Ovechkins 895. Karrieretor, das ihn zum führenden Torschützen in der NHL-Geschichte macht.
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In Kürze:
  • Alexander Owetschkin übertrifft mit seinem 895. NHL-Tor Wayne Gretzkys Rekord.
  • Der Russe brilliert mit 39 Jahren weiterhin mit aussergewöhnlicher Treffsicherheit.
  • Sein unkonventioneller Lebensstil mit Cola-Konsum steht im Gegensatz zu modernen Trainingsmethoden.
  • Owetschkins enge Verbindung zu Wladimir Putin sorgt für Kontroversen.

Es sind gerade schwierige Zeiten für kanadische Hockeyfans. Ikone Wayne Gretzky spaltet die Nation mit seiner Nähe zu Donald Trump. Und jetzt bricht auch noch Alexander Owetschkin, ein Verehrer Wladimir Putins, den NHL-Torrekord des «Great One»: Sein 1:2 im Auswärtsspiel Washingtons bei den New York Islanders (das 1:4 verloren ging) war sein 895. Tor im 1487. Qua­li­fi­ka­tions­spiel. Der entthronte Gretzky hatte in gleich vielen Partien einmal weniger getroffen und war natürlich zugegen, um Owetschkin zu gratulieren.

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Von Gretzky zu Owetschkin, der Kontrast könnte kaum grösser sein. Hier der schmächtige, zurückhaltende Junge aus der kanadischen Prärie, ein Feingeist auf Kufen, da der extrovertierte bis flamboyante Russe, der alles, was zwischen ihm und dem Torerfolg steht, einfach niedermäht. Und der auch heute noch jedes seiner Tore bejubelt, als wäre es sein erstes. Er ist eine Abrissbirne auf Kufen mit dem Lächeln eines Kindes. Auch heute noch, als zweifacher Familienvater.

Von Trump-Freund zu Putin-Freund. Von «The Great One» zu «The Great Eight». Vom amerikanisierten Kanadier zum Russen. Das Wettrennen, das seit Wochen die Eishockeywelt in Atem hielt, ist endlich entschieden. Und der Ausgang war ja schon lange klar: All die Countdowns, Vergleiche und Porträts von Owetschkin und Gretzky waren auch Schreie um Aufmerksamkeit eines Sports, der es in der öffentlichen Wahrnehmung in Übersee schwer hat gegen American Football, Baseball und Basketball.

Alex Ovechkin von den Washington Capitals feiert seinen 895. Karrieretreffer und wird damit führender Torschütze der NHL-Geschichte in einem Spiel gegen die New York Islanders in der UBS Arena, Elmont, New York.

Dabei ist die Leistung Owetschkins kaum hoch genug einzuschätzen. Viele seiner Waffen sind inzwischen etwas stumpf geworden – die Geschwindigkeit, die Beweglichkeit, die Wucht –, aber sein Schuss ist immer noch da. Was das Toreschiessen betrifft, ist Owetschkin auch mit 39 noch fast so erfolgreich wie als Jungspund, der in seiner Debütsaison auf dem Rücken liegend ein Tor schoss, das als bestes der NHL-Geschichte gilt. In der aktuellen NHL-Saison haben nur drei Spieler mehr Tore erzielt als Owetschkin mit seinen 42.

«Die russische Maschine geht nie kaputt»

Trotz seines körperbetonten, aufwendigen Stils scheint der Russe unzerstörbar. Er war kaum je verletzt, und sein Zitat aus dem Jahr 2006 erhielt Kultcharakter. Von einem harten Schuss am Fuss getroffen und vom Eis geführt, sagte er tags danach zum Reporter, der sich nach seinem Befinden erkundigte: «Ich bin okay. Die russische Maschine geht nie kaputt.»

Was dabei erstaunt: Owetschkin lebt nicht wie ein typischer Hochleistungsathlet. Seine Vorliebe für Cola ist legendär. Immer wieder sieht man ihn mit einer Dose in der Hand, manchmal trinkt er sogar auf der Bank Softdrinks. Und er zieht Fast Food Gemüse vor. Er wirkt fast ein bisschen altmodisch in einer Ära durchgeplanter Körperoptimierung. Vielleicht liegt in dieser Gelassenheit auch sein Geheimnis.

Aber eben: Er ist nicht nur ein Superstar auf dem Eis, sondern auch eine Figur, die polarisiert. Seine enge Beziehung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sorgt in Zeiten des Ukrainekriegs für grosses Unbehagen. Sein Profilfoto auf Instagram zeigt ihn noch heute neben Putin.

Wladimir Putin gratuliert Owetschkin

2017 gründete er auf den sozialen Medien die Bewegung «Putin Team», um diesen für die anstehende Präsidentschaftswahl zu unterstützen. Natürlich liess es sich Putin nicht nehmen, Owetschkin für seinen Torrekord in der NHL mit einem Glückwunschtelegramm zu gratulieren.

Einer der grössten Kritiker Owetschkins ist der tschechische Ex-Goalie Dominik Hasek. Die NHL beflecke sich mit Blut, schrieb dieser, indem sie Owetschkin diese Bühne biete. «Russland begeht die schrecklichsten Verbrechen, darunter einen Völkermord an ukrainischen Kindern», so Hasek. Und Owetschkin sei «ein riesiges Aushängeschild für den aggressiven russischen Krieg und andere russische Verbrechen».

Die Frage, die bleibt: Wie wird man sich an Owetschkin erinnern? Als besten Torschützen aller Zeiten? Als Loyalisten Putins? Als kompromisslosen Kämpfer mit einem Hang zu Softdrinks? Wahrscheinlich an all das zugleich. Eines ist klar: Er geht auf wie neben dem Eis unbeirrt seinen Weg – und das macht ihn zur ebenso faszinierenden wie streitbaren Figur.

Ein kleiner Trost bleibt den Kanadiern übrigens noch: Zählt man die Tore im Playoff dazu, ist Wayne Gretzky immer noch die Nummer 1 mit 1016. Owetschkin steht da erst bei 967. Aber wenn die russische Maschine so weiterläuft, dürfte auch dieser Rekord noch fallen.