77-jähriger «Störenfried» bei Trump-Rede«Ich will den Leuten zeigen, dass manche gegen diesen Präsidenten aufstehen»
Der demokratische Abgeordnete Al Green aus Texas wurde während der Rede Donald Trumps wegen ungebührlichen Verhaltens rausgeschmissen. Wer ist der Mann?

Er ist der erste US-Abgeordnete, der je während einer präsidialen Rede aus dem Kongress hinauseskortiert wurde: Al Green, 77, mit Gehstock unterwegs, seit 2005 demokratischer Repräsentant aus Texas. Zumindest erinnert sich nicht mal Mike Johnson, der republikanische Speaker des Repräsentantenhauses, der den Rauswurf befohlen hat, an einen ähnlichen Fall und kommentierte darum: «Green hat auf eine schreckliche Weise Geschichte geschrieben.»
Das ist nicht falsch, die Frage ist nur, wo dabei der Schrecken lauert – bei Greens Handeln oder bei Johnsons. Schliesslich waren republikanische Abgeordnete wie Marjorie Taylor Greene einst durch hemmungsloses Gebrüll bei Joe Bidens «State of the Union»-Rede aufgefallen und wurden nicht sanktioniert. Jetzt hingegen ergänzte Johnson: Wenn die Demokratische Partei einen steinalten störenden Abgeordneten zum Gesicht ihres Widerstands machen wolle, seis drum. Im Repräsentantenhaus werde man das jedenfalls nicht dulden.
Was war geschehen? Präsident Trump hatte erst wenige Minuten vor dem versammelten Kongress gesprochen und behauptet, so ein Mandat wie seine Wahl habe man lange nicht gesehen, als Green aufstand, um zu protestieren.

Wild schwang der studierte Jurist, von 1977 bis 2004 Friedensrichter, seinen Gehstock mit dem metallenen Knauf. Aber seine Rufe verhallten im Aufruhr der Republikaner, die «USA! USA!» skandierten.
J. D. Vance gab das Handzeichen
Trump fuhr mit seiner Rede fort, demokratische Abgeordnete riefen trotz Verwarnung erneut dazwischen, und Green insistierte: «Sie haben kein Mandat, Medicaid zu kürzen!» Johnson forderte ihn auf, sich zu setzen, Green blieb stehen und wiederholte: «Sie haben kein Mandat dafür!» Vizepräsident J. D. Vance gab ein Handzeichen, und Johnson sprach stante pede den Platzverweis für Green.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Seit Trumps zweitem Amtsantritt wird das Land von einem Sturm der Disruptionen überzogen, da fällt so ein kleines Gewitter – ungeachtet der Premiere – kaum auf. Aber Green, ein erfahrener Kämpfer für Bürgerrechte, ist überzeugt, dass sich sein Auftritt trotz Rauswurf und allfälligen Konsequenzen im Repräsentantenhaus («censure») dennoch gelohnt hat: «Ich habe klargemacht, dass er kein Mandat hat, Medicaid (das staatliche Gesundheitsprogramm, das 80 Millionen bedürftige Amerikaner nutzen) zu kürzen», sagt er. Es sei es wert, «den Leuten zu zeigen, dass manche von uns gegen diesen Präsidenten aufstehen werden». Der sei «untauglich» fürs Amt.
Dieser Ansicht war der streitbare Demokrat schon in Trumps erster Amtszeit. Gegen den Wunsch seiner eigenen Parteiführung brachte er bereits 2017 einen Impeachment-Artikel gegen Trump in Stellung, gab dann aber auf; er versuchte es später vergeblich aufs Neue.
Protest von Green ist ohne grosse Chance
Alexander Green, früher im Kader eines Verbands für das «Advancement of Colored People», ist ein couragierter Unbequemer, einer auch, der kontroverse Fragen stellt, etwa Finanzinstitutionen öffentlich auf ihren institutionellen Rassismus hin abklopft. Für seine Überzeugungen gibt er alles; so liess er sich 2024 im Rollstuhl direkt aus dem Spital ins Repräsentantenhaus fahren, um die entscheidende Stimme in einer Kampfabstimmung abzugeben. Doch das stellte sich damals als kleiner, bloss befristeter Sieg heraus.
Wie jetzt auch – wenn überhaupt als ein Sieg. Selbst die anderen, nicht sanktionierten Protestformen der Demokraten während Trumps Rede, beispielsweise die vielen Schilder mit der Aufschrift «Lüge!» und «Falsch» oder auch das ostentative Verlassen des Saals, hatten am Ende leider wohl keinen grossen Effekt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.