Umfragen zur AHV-Initiative Unterschiedliche Resultate sorgen für Verwirrung – das sind die Gründe
Die Umfragen der SRG und von Tamedia liegen 6 Prozentpunkte auseinander. Wie ist das zu erklären? Welche ist genauer? Und warum sind Prognosen beim Thema AHV so schwierig? Die wichtigsten Antworten.
Die AHV-Initiative bewegt die Bevölkerung wie kaum eine Abstimmungsvorlage zuvor. Mit grosser Spannung wurden deshalb diese Woche die letzten Umfragen erwartet – doch die Resultate fielen auffallend unterschiedlich aus. Das Institut GFS Bern, das die Umfragen für die SRG macht, sieht bloss noch eine Zustimmung von 53 Prozent. Das würde, wenn sich der Negativtrend seit der ersten Umfrage im Januar fortsetzt, am 3. März zu einem Nein führen.
Gleichentags publizierte das Institut Leewas, das die Umfragen für Tamedia macht, zu der auch die SonntagsZeitung gehört, seine Ergebnisse. Diese Umfrage kam auf eine Zustimmung von 59 Prozent. Die Resultate der beiden Institute liegen damit 6 Prozentpunkte auseinander.
Wer hat nun recht? Und warum sind die Umfragewerte so verschieden? Hier die wichtigsten Antworten:
Wie zuverlässig sind die Abstimmungsumfragen?
Im langjährigen Schnitt weicht die letzte Umfrage bei beiden Instituten exakt gleich stark vom tatsächlichen Abstimmungsergebnis ab: um 4,3 Prozent. Bei den letzten 27 Abstimmungen lagen Leewas und GFS Bern beide auch je 12-mal näher am tatsächlichen Abstimmungsresultat als der Konkurrent – in drei Fällen gab es ein Unentschieden.
Allerdings gibt es bei den Abweichungen immer wieder Ausreisser. So schätzten beide Institute den Ja-Anteil bei der Pflegeinitiative 2021 viel zu hoch ein. GFS Bern lag 6 und Leewas sogar 11 Prozentpunkte über dem Resultat. Umgekehrt wars bei der Massentierhaltungsinitiative. Dort lag GFS Bern 10 Prozentpunkte zu hoch, Leewas hingegen nur 2. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Fehler handeln. Denn Umfragen sind streng genommen keine Prognosen, sondern ein Versuch, die aktuelle Zustimmung zu messen. Sie kann sich bis zur Abstimmung noch verändern.
Warum liegen die Umfrageresultate bei der AHV-Initiative so weit auseinander?
Die Differenz von 6 Prozentpunkten ist nicht aussergewöhnlich. Das bestätigt sowohl Fabio Wasserfallen von Lewas wie auch Lukas Golder von GFS Bern. Wasserfallen sagt: «Die Differenz der Ja-Stimmen wird sogar noch etwas kleiner, wenn man den Teil der Unentschlossenen bei der GFS-Umfrage anteilsmässig den Ja- und den Nein-Stimmen zuordnet.»
Bei den letzten 27 Abstimmungen lagen die Umfragen der beiden Institute zwar im Schnitt mit 4,2 Prozentpunkten etwas weniger weit auseinander als bei der aktuellen AHV-Initiative. Differenzen von 6 oder mehr Prozentpunkten sind aber keine Seltenheit. Bei 7 der letzten 27 Abstimmungen war der Unterschied zwischen den beiden Instituten grösser. Verglichen wurde jeweils nur die letzte Umfrage vor dem Abstimmungstermin.
Sind die Umfragen bei der aktuellen AHV-Abstimmung speziell?
«Ja», sagt GFS-Chef Lukas Golder. «Der Abstimmungskampf zur AHV-Initiative ist vergleichbar mit der Zeit während der Covid-Pandemie.» Die aussergewöhnlich intensive Berichterstattung im Vorfeld wecke das Interesse von Leuten, die sich eigentlich nicht für Politik interessierten und die sonst nicht abstimmen gingen, sagt Golder. Er gehe davon aus, dass bei der AHV viele ähnlich wie bei Covid aus Protest abstimmen würden. Festzustellen sei dieser Effekt vor allem bei den Telefonumfragen. Die Mobilisierung solcher Kreise mache die Resultate unsicher, weil es schwierig sei, das Abstimmungsverhalten dieser Menschen richtig einzuschätzen.
Wird die AHV-Initiative angenommen?
Würde sich der Negativtrend zwischen der ersten und der zweiten GFS-Umfrage fortsetzen, würde die Initiative abgelehnt. Doch GFS-Chef Lukas Golder glaubt, dass sich der Trend abflachen wird. Das habe man bei früheren, ähnlich gelagerten Abstimmungen festgestellt. Deshalb stehen die Chancen immer noch gut, dass eine Mehrheit der Bevölkerung der Vorlage zustimmt. Allerdings braucht es zusätzlich noch ein Ständemehr. Laut GFS Bern liegt aber auch dieses «in Reichweite».
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