Beschwerde abgewiesen Mann sieht sich als «Opfer» wegen Abtreibung – und geht bis vor Bundesgericht
Ein Mann hat gegen seine Ex-Freundin Anzeige erstattet, weil sie nach der 12. Schwangerschaftswoche abgetrieben hat. Nun ist er vor dem obersten Gericht unterlegen.
Eine Frau treibt nach der 12. Schwangerschaftswoche ab – und ihr Ex-Freund ist mit dem Entscheid nicht einverstanden. Er reicht im Jahr 2022 Strafanzeige ein, wegen strafbarem Schwangerschaftsabbruch, einfacher Körperverletzung, Drohung und weiteren Delikten. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg untersucht die Vorwürfe. Es kommt sogar zu einer Gegenüberstellung der beiden Seiten. Daraufhin stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.
In der Schweiz ist eine Abtreibung nach der 12. Woche strafbar, sofern keine Ausnahmebedingungen zum Tragen kommen – also etwa das Leben der Mutter durch die Schwangerschaft nicht gefährdet ist. Die Strafe kann bis zu drei Jahre Gefängnis betragen. Möglich ist auch eine Geldstrafe.
Abgetrieben hat die Frau, die von ihrem ehemaligen Partner beschuldigt wurde, gemäss Bundesgerichtsurteil in der 15. oder 16. Woche. Ärzte hätten dabei die Gefahr einer «schweren seelischen Notlage» bestätigt. Damit ist die Abtreibung nicht strafbar.
Menschliches Leben vor der Geburt gilt nicht als «Opfer»
Der Mann ist aber unzufrieden mit dem Entscheid, er erhebt Beschwerde. Daraufhin kommt das Kantonsgericht ins Spiel. Es prüft, ob es richtig war, das Verfahren einzustellen. In Bezug eines Teils der Strafanzeige – üble Nachrede – gibt es dem Mann recht. Das Verfahren muss wieder aufgenommen werden. Hinsichtlich des Schwangerschaftsabbruchs aber kommt das Kantonsgericht zum Schluss: Der Entscheid der Staatsanwaltschaft war richtig.
Erneut erhebt der Mann Beschwerde. Er argumentiert, er sei als Vater des «abgetöteten Fötus» wegen der Abtreibung als «Opfer» anzusehen und daher dazu berechtigt, die Beschwerde einzureichen. Doch das Bundesgericht hat diese nun zurückgewiesen.
Damit jemand Beschwerde gegen die Einstellung eines Verfahrens erheben kann, muss eins von zwei Kriterien erfüllt sein: Entweder muss die Person Träger des Rechtsguts sein, um das es im konkreten Fall geht. Oder sie muss Angehörige eines Opfers sein. Das Bundesgericht befand, dass beides im Fall des Freiburger Mannes nicht gegeben war.
SVP-Bundesrichterin sollte in Ausstand treten
Zwar gelten Eltern als Angehörige eines Opfers. Doch während das menschliche Leben während der Schwangerschaft geschützt ist, besitzt es keine eigene sogenannte Rechtspersönlichkeit. Dies gilt während der gesamten Schwangerschaft – also auch, wenn die Mutter nach der 12. Woche abtreibt. Das Bundesgericht kommt daher zum Schluss: Der Embryo kann nicht als «Opfer» im rechtlichen Sinne angesehen werden. Und der Vater ebenfalls nicht.
Der Mann verlangte auch, dass eine SVP-Bundesrichterin beim Entscheid in den Ausstand tritt. Dies, weil er mit einem Urteil in einem anderen Fall, bei dem es um einen Schwangerschaftsabbruch ging, nicht einverstanden war. Sonja Koch hatte das damalige Urteil als Einzelrichterin gefällt. Der Mann kritisierte dieses Urteil, brachte aber keine Begründung an, weshalb die Richterin deshalb in Ausstand treten sollte. Das Bundesgericht trat deshalb nicht auf die Forderung ein.
Der Mann aus Freiburg muss nun die Gerichtskosten von 3000 Franken tragen.
Entscheid 7B_1024/2023.
Korrigendum: In einer ersten Version dieses Artikels hiess es, das Bundesgericht sei zum Schluss gekommen, der «Entscheid der Vorinstanz» sei richtig gewesen. Richtig muss es heissen «der Entscheid der Staatsanwaltschaft».
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