Abstimmung über StadttunnelRapperswil-Jona will Verkehr unter die Erde verbannen
Die Stimmbevölkerung von Rapperswil-Jona hat sich am Sonntag klar für die weitere Planung eines Tunnels zur Entlastung des Stadtzentrums ausgesprochen. In trockenen Tüchern ist das Unterfangen damit aber noch lange nicht.

Der Seedamm und die daran anschliessende Bahnhofstrasse von Rapperswil sind in puncto Verkehr das Nadelöhr am oberen Zürichsee: Mehr als 25’000 Autos verkehren dort jeden Tag.
Jetzt soll die Hauptschlagader entlastet werden. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Rapperswil-Jona sprachen sich am Sonntag für die Planung eines Stadttunnels aus.
Bei einer Stimmbeteiligung von 44,6 Prozent legten am Sonntag 59,5 Prozent ein Ja für das Milliardenprojekt in die Urne. Die überwiegende Mehrheit sprach sich zudem für die Tunnelvariante Mitte aus.
Der sogenannte Stadttunnel Mitte soll den Durchgangsverkehr ab Seedamm bis zur Autobahnausfahrt A15/Hüllistein unterirdisch leiten und hätte überdies auch Anschlüsse beim Tüchelweiher und in Kempraten.
Zur Abstimmung stand überdies der sogenannte Tunnel Direkt mit Portalen nahe der Autobahnausfahrt A15/Hüllistein, beim Tüchelweiher und beim Seedamm. Gemäss einer Studie des St. Galler Tiefbauamts wäre die Entlastungswirkung dieser zweiten Tunnelvariante jedoch deutlich geringer. Dies, weil der «Tunnel Direkt» über keinen Anschluss in Kempraten und damit an der viel befahrenen Zürcherstrasse, der Einfallsachse des rechten Zürichseeufers, verfügt.
Zweite Abstimmung nötig
Der Stadtrat von Rapperswil-Jona zeigt sich in der Medienmitteilung erfreut darüber, «dass die Bevölkerung diesem wichtigen Generationenprojekt eine Chance gibt». Der Entscheid sei ein wichtiger Grundstein für die Entlastung der Stadt vom Durchgangsverkehr und eine Verbesserung der Lebensqualität auf der städtischen Nord-Süd-Achse.
Durch das Ja an der Urne wird das Projekt Stadttunnel nun ins Strassenbauprogramm 2024 bis 2028 des Kantons St. Gallen aufgenommen. Geplant ist anschliessend ein öffentliches Mitwirkungsverfahren und 2025 oder 2026 schliesslich eine weitere kommunale Abstimmung über das eigentliche Bauprojekt. Allenfalls wäre auch eine Abstimmung im gesamten Kanton St. Gallen möglich, falls das Finanzreferendum ergriffen wird.
Bezahlt würde der Bau in erster Linie durch den kantonalen Strassenfonds von St. Gallen. Dieser wird über die Motorfahrzeugsteuer, die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und Treibstoffzölle gespeist.
Ist das Projekt dereinst tatsächlich politisch legitimiert, rechnen die Verantwortlichen mit einer Bauzeit von sieben bis acht Jahren.
Eine unendliche Geschichte
¨Über Massnahmen zur Verkehrsentlastung wird in der zweitgrössten Stadt am Zürichsee derweil seit Jahrzehnten diskutiert. Dabei sind auch schon früher Tunnelvarianten in Betracht gezogen worden. Eine solche lehnte die Stimmbevölkerung von Rapperswil-Jona zuletzt vor zwölf Jahren in einem Grundsatzentscheid an der Urne noch deutlich ab.
Dass der Verkehr in der Rosenstadt zu einem Problem werden würde, war indes bereits in den 1960er-Jahren klar. Aus dieser Zeit datieren auch erste Ideen für eine Entlastung: zum Beispiel ein Tunnel unter dem Schloss hindurch und eine Südumfahrung auf Stelzen entlang des Obersees.
Über ein Dutzend Varianten zwischen Feldbach und Wurmsbach hat man in den folgenden Jahren geprüft. Darunter waren auch grossräumige Umfahrungen, zum Beispiel ein Tunnel von Hurden nach Feldbach oder in die Joner Allmeind. Ideen für Brücken wurden ebenfalls immer wieder vorgebracht.
In den 1980er-Jahren wurde die sogenannte Westumfahrung in Form eines Seetunnels von Hurden bis nach Kempraten mit Anschluss an die Zürcherstrasse und zur Oberland-Autostrasse eingehender geprüft.
Auch National- und Ständerat mussten den Stadttunnel schon beraten. Eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen fiel 1998 bei den Parlamentariern durch.

Der politische Druck nahm dadurch aber nur weiter zu. Hunderte Personen nahmen im Oktober 2000 an einer Demonstration der IG «Tunnel Rapperswil-Jona jetzt» im Rapperswiler Stadtzentrum teil.
Nach vielen Ernüchterungen ist der Volksentscheid vom Sonntag für die Tunnelbefürworter ein erster Teilerfolg. Geduld werden sie so oder so weiterhin benötigen. Bis ein erstes Auto unter Rapperswil-Jona durchfährt, dürfte es im Minimum noch zehn Jahre dauern.
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