Maximum bei 440’000 FrankenAb September ist in Zürich Schluss mit «goldenen Fallschirmen»
690’000 Franken nach einem freiwilligen Rücktritt als Kreisschulpräsident? Das ist passé. Jetzt purzeln die Privilegien der Stadtzürcher Behördenmitglieder.
Gewählte Behördenvertreterinnen und Behördenvertreter in der Stadt Zürich müssen ab dem 1. September auf «goldene Fallschirme» verzichten. Auf dieses Datum tritt die neue Regelung für Abgangsentschädigung in Kraft. In einem nächsten Schritt sollen dann nur noch abtretende oder abgewählte Stadtratsmitglieder Geld erhalten.
Der Gemeinderat hatte im März ein regelrechtes Streichkonzert veranstaltet: In seltener Harmonie strichen die Fraktionen gemeinsam die als «unanständig hoch» empfundenen Abgangsentschädigungen für gewählte Behördenvertreterinnen und -vertreter zusammen.
Die Frist für Rechtsmittel und Referenden für diese neue Verordnung ist nun am 20. Juni ungenutzt abgelaufen, wie der Stadtrat am Mittwoch mitteilte. Damit kann das «Streichkonzert» auf den 1. September in Kraft treten.
Maximal 440’000 Franken
Zufrieden ist das Parlament damit aber noch nicht: Auch mit der neuen Verordnung kommen immer noch 34 Personen in den Genuss von «goldenen Fallschirmen». In einem nächsten Schritt wird nun auch der Personenkreis eingeschränkt. Nur Stadtratsmitglieder sollen künftig noch eine Abgangsentschädigung erhalten.
Am meisten erhalten künftig 54- bis 56-jährige, abgewählte Stadtratsmitglieder, welche schon acht oder mehr Amtsjahre auf dem Buckel haben. Sie bekommen 1,8 Jahreslöhne. Beim aktuellen Lohn von 245’983 Franken wären das also 442’769 Franken. Der Stadtrat hatte 2,8 Jahreslöhne vorgeschlagen, also 688’752 Franken.
Zum Vergleich: Die damals 56-jährige SP-Stadträtin Claudia Nielsen erhielt 2018 exakt 856’656.50 Franken, als sie nach acht Jahren freiwillig zurücktrat. Neu wären es 368’975 Franken, also deutlich weniger als die Hälfte. Stadtratsmitglieder, die freiwillig und mit weniger als acht Amtsjahren zurücktreten, erhalten neu gar nichts.
Bis diese nächste Kürzungsrunde in Kraft tritt, beziehen neben dem Stadtrat aber auch Stadtamtsfrauen und Stadtammänner, die Friedensrichterinnen und Friedensrichter sowie die Präsidentinnen und Präsidenten der Kreisschulbehörden einen «Fallschirm».
SVP-Initiative eigentlich hinfällig
Mit den neuen Regeln ab 1. September wird die SVP-Initiative «Schluss mit goldenen Fallschirmen für Stadträte und Behördenmitglieder» eigentlich hinfällig. Auch diese Initiative verlangt, die Abgangsentschädigungen für zurücktretende oder nicht mehr gewählte Behördenmitglieder zusammenzustreichen. Erst kürzlich kam sie mit über 3000 gültigen Unterschriften formell zustande.
Der Gemeinderat hat die SVP-Forderungen nun erfüllt, bevor die Initiative vors Volk kommt. Die Partei wollte ihre Vorlage bisher aber nicht zurückziehen. Sie ist der Meinung, dass es wichtig ist, dass sich das Volk dazu äussern kann.
Mit der neu beschlossenen Regelung bestehe ausserdem die Gefahr, dass Härtefälle definiert würden. Diese könnten dann quasi durch die Hintertür immer noch einen «goldenen Fallschirm» erhalten, begründete die SVP bisher ihr Festhalten an der Initiative.
Aufruhr wegen Schulpräsident
Das letzte Mal für rote Köpfe sorgte eine «unanständig hohe» Abgangsentschädigung im Sommer 2021, als Roberto Rodriguez (SP) freiwillig als Präsident der Kreisschulpflege Uto zurücktrat (und sich für eine Schulleiterstelle in «seinem» Kreis bewarb). Rodriguez kassierte eine Abgangsentschädigung von 687’131 Franken.
Wegen des öffentlichen Drucks trat er die Stelle als Schulleiter schliesslich nicht an. Das Geld liess er sich aber auszahlen.
Fast 7 Millionen in 16 Jahren
Wie Recherchen dieser Zeitung ergaben, hat die Stadt Zürich zwischen 2006 und 2021 insgesamt knapp 6,7 Millionen Franken an abgetretene Behördenmitglieder ausgezahlt.
Spitzenbezüger war in dieser Zeit ein SVP-Mann, der bei seinem Abgang aus der damaligen Stadtzürcher Vormundschaftsbehörde 905’246 Franken erhielt, was 4,8 Jahresgehältern entsprach.
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