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400-Euro-Menüs und 234 Flaschen Champagner für Rechtspopulisten

Muss man Feste feiern, wie sie fallen? Geert Wilders und Marine le Pen nach einem Treffen der Rechspopulisten in Koblenz im Januar 2017.

Die Rechtsaussen-Politiker im Europaparlament wettern mit Vorliebe gegen die Verschwendung von EU-Geldern – doch das hindert sie offenbar nicht daran, selbst auf Kosten der europäischen Steuerzahler zu prassen.

Champagner in Strömen, Schlemmer-Menüs und teure Weihnachtsgeschenke an die Mitarbeiter liessen die Spesenabrechnung der Fraktion «Europa der Nationen und der Freiheit» (ENF) für das Jahr 2016 in die Höhe schnellen – das geht aus einer Untersuchung des Haushaltskontrollausschusses des Parlaments hervor.

EU will Geld zurück

Mehr als 427'000 Euro Spesen habe die ENF-Fraktion für 2016 regelwidrig aus der EU-Kasse erhalten, heisst es in dem Bericht des Kontrollgremiums, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Der Ausschuss empfiehlt der Parlamentsverwaltung, die Summe wieder einzutreiben.

Der Ball liegt nun beim Präsidenten des Europaparlaments, Antonio Tajani, und seinen 14 Stellvertretern. Sie wollen sich nach Angaben einer Sprecherin der EU-Volksvertretung am Montagabend zum Auftakt der Plenarsitzung in Strassburg mit dem Thema befassen.

Üblicherweise folge das Präsidium den Empfehlungen des Haushaltskontrollausschusses, sagt ein Sprecher. Davon sei auch in diesem Fall auszugehen. Zumal die Ausgaben der Rechtspopulisten auch von externen Rechnungsprüfern, die jährlich die Spesenabrechnungen aller acht Fraktionen bewerten, beanstandet worden seien.

234 Flaschen Champagner

Laut dem Bericht des Parlamentsausschusses hat die mit 34 Mitgliedern kleinste Fraktion – zu deren Mitgliedern unter anderen Abgeordnete der französischen Front National, der in Österreich mitregierenden FPÖ, der Freiheitspartei (PVV) des Niederländers Geert Wilders sowie als einziger Deutscher der ehemalige AfD-Politiker Marcus Pretzell gehören – im Jahr 2016 nicht weniger als 234 Flaschen Champagner geköpft, davon einige zum stolzen Preis von 81 Euro.

Ausserdem rechnete sie Menüs ab, die pro Person 400 Euro kosteten. Hinzu kamen 110 Weihnachtsgeschenke für Mitarbeiter der Fraktion – im Wert von hundert Euro pro Präsent. Solche Ausgaben seien «nicht hinnehmbar», sagt die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Ingeborg Grässle (CDU). Sie seien weder «vernünftig, noch mit den Grundsätzen eines soliden Finanzmanagements vereinbar».

Das Europaparlament zahlt den Fraktionen pro Rechnungsjahr eine Pauschale, deren Höhe von der Mitgliederzahl abhängt. Damit sollen vor allem Kosten für Personal, Übersetzer, Bürobedarf, Telefon und Internet oder Fortbildungen gedeckt werden. Abrechnen können die Fraktionen aber auch Bewirtungskosten für ihre Mitglieder sowie Gäste, die sie zu Konferenzen oder Meetings einladen – sofern diese für die politische Arbeit notwendig sind.

Dafür müssen aber präzise Regeln eingehalten werden, etwa öffentliche Ausschreibungen und die Prüfung mehrerer Angebote für Veranstaltungen, die mehr als 15'000 Euro kosten.

Diese Auflagen seien von der rechtsextremen Fraktion mehrfach nicht beachtet worden, rügte der Kontrollausschuss. Dabei gehe es um Ausgaben von mehr 388'000 Euro. Hinzu kämen Spesen in Höhe von fast 39'000 Euro, für die es keine Belege gebe.

Frage der Interpretation

Der Co-Vorsitzende des ENF-Fraktion, Nicolas Bay, weist die Vorwürfe zurück. Seine Fraktion habe die Vorschriften keinesfalls «absichtlich missachtet», sagt der FN-Politiker. Das Problem liege bei der «Interpretation der Regeln für öffentliche Ausschreibungen».

Ob solche Ausreden im Präsidium auf offene Ohren stossen, ist fraglich. Sollten Tajani und seine Stellvertreter der Empfehlung des Haushaltskontrollausschusses folgen, müssen die Mitglieder der Rechtsaussenfraktion den Gürtel wohl enger schnallen – denn die beanstandete Summe wird dann von künftigen Zahlungen abgezogen.

AFP/nag