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Schulbeginn im Kanton Zürich
330 Lehrkräfte ohne Diplom kommen zum Einsatz

157’500 Zürcher Schülerinnen und Schüler starten kommenden Montag ins neue Schuljahr. Für 15’300 ist es der erste Schultag überhaupt.
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Steigende Schülerzahlen, viele Pensionierungen in der Lehrerschaft, etliche Berufsaussteigerinnen: Die personellen Voraussetzungen vor dem neuen Schuljahr 2022/23 waren so schwierig wie vielleicht noch nie. Anfang April waren nahezu 1000 Lehrerstellen noch unbesetzt, Ende Juni waren es immer noch 450. Zudem sorgte Dagmar Rösler, Präsidentin des Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverbands, mit einer Aussage für Verunsicherung bei den Eltern. «Als Mutter würde ich mir Sorgen machen», sagte sie letzte Woche zu dieser Zeitung. Sie zielte damit auf die Notmassnahme, Personen ohne Lehrdiplom anzustellen.

Nun zeigt sich, dass sich die Bemühungen der Bildungsbehörden, insbesondere der Schulleiterinnen und Schulleiter, bezahlt gemacht haben. Im Kanton Zürich sind knapp eine Woche vor Schulbeginn nur noch sechs Lehrerstellen offen, wie die Bildungsdirektion mitgeteilt hat.

Jede 54. Lehrperson ohne Diplom

Vor den Klassen werden rund 18’000 Unterrichtende stehen. Unter ihnen sind Wiedereinsteiger, pensionierte Lehrerinnen und Studierende der Pädagogischen Hochschule (PHZH), die ihr Studium unterbrochen haben. Zudem erhöhten Lehrkräfte ihre Pensen, um den Lehrermangel aufzufangen, und in Einzelfällen wurden Kinder auf andere Klassen verteilt. Von den 18’000 Lehrpersonen besitzen 330 kein Lehrdiplom, also jede 54. Person. Diese Aushilfen arbeiten im Durchschnitt mit einem Pensum von 45 Prozent, ihre Anstellung ist auf ein Jahr befristet.

Die Unterrichtenden ohne Diplom werden von der PHZH unterstützt, knapp 200 von ihnen haben in den Sommerferien eine Schnellbleiche absolviert, um das pädagogische und organisatorische Basiswissen zu erlangen.

Aushilfen sollen bleiben

Der Kanton möchte diese Lehrpersonen ohne Diplom behalten, weshalb er ihnen längerfristige Perspektiven bieten will. Konkreter: Sie sollen mittels erleichterten Zugangs zur Lehrerausbildung an der PHZH ein Lehrdiplom anpeilen. Die genauen Modalitäten würden bis Ende Jahr ausgearbeitet, schreibt die Bildungsdirektion.

Insgesamt wird sich die Rekordzahl von 157’500 Schülerinnen und Schülern in den Klassenzimmern der Zürcher Volksschule einfinden (ohne Gymnasium und Berufsschule). Aufgefangen wurde dieser Höchstwert, indem 134 neue Klassen gebildet wurden. Der Anstieg sei teilweise auf die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine zurückzuführen, heisst es in der Mitteilung.

ZLV sieht Probleme am Horizont

Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) reagierte zwiespältig auf die positiven Nachrichten aus der Bildungsdirektion. Er anerkennt, dass Notmassnahmen nötig waren, um die Stellen zu besetzen. Doch töne die Zahl von 330 Unterrichtenden ohne Diplom nach weniger, als es sei. Denn letztlich seien 7500 Schülerinnen und Schüler und deren Eltern betroffen.

Weiter kritisiert der ZLV, dass die Massnahmen nur kurzfristig wirken würden. Bis November liefen die Probezeiten, zudem würden im Herbst zahlreiche Vikariate auslaufen. Bereits nächstes Jahr würden sich dieselben Probleme erneut stellen, vermutet der ZLV. Der Lehrpersonenmangel werde gar «mindestens so gravierend» sein wie dieses Jahr. Als Gründe nennt er die verstärkte Pensionierungswelle der Babyboomer-Lehrkräfte und die weiterhin schlechten Arbeitsbedingungen.

Die Lehrpersonen seien zeitlich massiv überlastet und arbeiteten acht Wochen Überzeit im Jahr, schreibt der Verband. Viele reduzierten deshalb ihre Pensen oder stiegen ganz aus dem Beruf aus. Sie müssten also entlastet werden. Deshalb setzt der ZLV auf eine kürzlich von den vier Parteien GLP, Grüne, EVP und SP eingereichte Motion im Kantonsrat, welche die Klassenlehrpersonen stärken will, indem er ihnen mehr Zeit gibt für ihre Aufgaben.