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Schweizer IS-Sympathisant 
180 Tage Freiheitsstrafe für «Kollegen» des Wiener Attentäters

Der Schweizer Islamist Simon F. hatte beim Attentäter übernachtet: Polizei patrouilliert in Wien nach einem Terroranschlag am 3. November 2020. 
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Am 2. November 2020 erhielt der Schweizer Simon F. (Name geändert) um 21.19 Uhr ein Foto über den Nachrichtenkanal Telegram. Darauf war eine männliche Leiche mit offensichtlichen Spuren von Folter zu sehen. Die rechte Hand war abgetrennt. Das Foto stammte aus dem Einflussbereich des Islamischen Staats. Nur eine Stunde zuvor hatte ein Sympathisant des IS in Wien vier Menschen getötet, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde. F. löschte das Foto auf seinem Handy nicht.

Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Foto und dem Attentat in Wien gibt, bleibt offen. Klar ist hingegen, dass sich der ehemalige Schweizer Postangestellte F. und der Attentäter von Wien kannten. F. war im Sommer zuvor mit einem Freund aus dem Raum Winterthur in Wien gewesen und hatte in der Wohnung des späteren Terroristen übernachtet. Die Schweizer Justizministerin Karin Keller-Sutter bezeichnete die zwei jungen Männer aus der Schweiz als «Kollegen» des Attentäters. Beide wurden am 3. November 2020 verhaftet. Simon F. sass 175 Tage in Untersuchungshaft.

Probezeit von 3 Jahren

Der Verdacht, F. könnte etwas mit dem Attentat in Wien zu tun haben, liess sich nicht erhärten. F. wurde vom Vorwurf der strafbaren Vorbereitungshandlungen und der Gehilfenschaft zu Mord entlastet, wie diese Zeitung berichtete.

Nun hat die Bundesanwaltschaft den hartgesottenen Islamisten aus Winterthur aber dennoch mit einem Strafbefehl verurteilt. Und zwar unter anderem wegen jenes Gewaltfotos, das F. nicht löschte. Aber auch wegen Gewaltvideos des IS, die F. in seinem Auto einem Freund zeigte. Und wegen Audiobotschaften des IS, die er über seinen Telegram-Kanal verbreitete. Die Bundesanwaltschaft verhängte gegen den 25-jährigen F. eine bedingte Freiheitsstrafe von 180 Tagen, mit einer Probezeit von 3 Jahren.

Die An’Nur-Moschee in Winterthur vor ihrer Schliessung im Herbst 2016. In der Jugendgruppe soll sich Simon F. radikalisiert haben. 

Simon F. gehörte zur Jugendgruppe der mittlerweile geschlossenen An’Nur-Moschee in Winterthur, in der ein besonders radikaler Islam gepredigt wurde. Er und seine ebenfalls zum Islam konvertierte Ehefrau reisten 2018 nach Ägypten und liessen sich danach in Istanbul nieder. Anfang 2020 wurden sie wegen des Verdachts der Radikalisierung aus der Türkei ausgewiesen und kehrten in die Schweiz zurück. 

An eine Deradikalisierung des nunmehr Verurteilten glauben die Staatsanwälte des Bundes bis heute offenbar nicht: F. bewege sich noch heute im salafistischen Umfeld behördlich bekannter Personen, heisst es im Strafbefehl: «Eine glaubhafte Distanzierung von den Verbrechen, welche die Terrororganisation IS verübt, ist im Rahmen der Strafuntersuchung ausgeblieben.»

Schwarzer Balken war nicht genug

Die Staatsanwälte sprechen F. aber auch eine finanzielle Genugtuung zu. Und zwar, weil einzelne Medienberichte mit einem Foto des Beschuldigten erschienen sind. Das Foto, das auch in dieser Zeitung erschien, war zwar durch einen schwarzen Balken über den Augen anonymisiert. Dennoch meint die Bundesanwaltschaft, dass damit eine indirekte Identifizierung und Vorverurteilung nicht auszuschliessen sei. Sie gewährt F. 3250 Franken.

Allerdings wird F. von dem Geld für das nicht ausreichend anonymisierte Foto wohl nichts zu sehen bekommen. Es verringert lediglich seine Schulden bei der Justiz. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe mit Probezeit hat der Sympathisant des Islamischen Staates noch 1000 Franken Busse bekommen und muss auch 7000 Franken Gerichtskosten bezahlen.