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Safer-Phone-Initiative
«Verschwörungstheorien verbreitet» – Notbremse bei Mobilfunk-Kritikern

Peter Schlegel, 5G-Gegner und Vorstandsmitglied beim Verein Frequencia, der mit verschwörungstheoretischen Aussagen von sich reden machte. 
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Am Ende blieb nur noch die Notbremse. Zu massiv war die Kritik an den Grünen und der SP geworden, in den Medien, auf Twitter.

Es geht um die sogenannte Safer-Phone-Initiative. Sie will möglichen gesundheitlichen Risiken von Mobilfunk vorbeugen, indem die Strahlungsemissionen beschränkt werden. Erst letzte Woche wurde sie lanciert. Sie sollte vom Verein Frequencia getragen werden – und der war in der Vergangenheit mit verschwörungstheoretischen Aussagen aufgefallen. So war in Publikationen des Vereins von einem «staatlich-industriellen Machtblock» die Rede, der den Wissenschaftsbetrieb instrumentalisiere. Die «Wahrheit über die zerstörerischen Auswirkungen» der Mobilfunktechnologie 5G werde kaschiert.

«Die Organisation verbreitet aktiv Antiwissenschaft und Verschwörungstheorien, und die Initiative selber ist Ausdruck davon», schrieb etwa der linke Sozialwissenschaftler Marko Kovic auf Twitter. «Dass die Grünen bei so etwas mitmachen, ist eine Katastrophe.»

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Vor allem die vier Nationalrätinnen und Nationalräte im Initiativkomitee, zwei von den Grünen, zwei von der SP, gerieten unter Beschuss. Am Dienstag dann der «Reset»: «Das Initiativkomitee der Safer-Phone-Initiative hat entschieden, die Trägerstruktur für die Initiative neu aufzubauen, damit der Fokus auf dem Inhalt der Initiative liegen kann.» Das schreiben die grüne Nationalrätin Isabelle Pasquier-Eichenberger (GE) sowie ihr Parteikollege Michael Töngi (LU) in einer Mitteilung, gemeinsam mit den SP-Nationalrätinnen Martina Munz (SH) und Ursula Schneider Schüttel (FR).

Mit anderen Worten: Frequencia wird entmachtet, die linken Politikerinnen nehmen die Sache selbst in die Hand. Und räumen ein, dass Frequencia Texte verbreitet habe, «die als nicht wissenschaftlich und als verschwörungstheoretisch beurteilt werden können». Es solle ein neuer Verein gegründet werden, um die Initiative «erfolgreich durch das Sammelstadium» zu führen.

Das Sammeln wird allerdings noch einmal schwieriger, zumal die Stiftung für direkte Demokratie mit ihrer Website WeCollect ihre Mitarbeit bei der Safer-Phone-Initiative sistiert. «Aussagen von Mitgliedern des Vereins Frequencia waren für die Stiftung Grund genug, die Unterschriftensammlung zu unterbrechen, bis der Verein Frequencia zu den Vorwürfen Stellung bezogen und sich von verschwörungstheoretischen Aussagen distanziert hat», heisst es in einer Stellungnahme vom Dienstag. Es sei das erste Mal in der Geschichte der Stiftung, dass ein solcher Schritt vollzogen werde.

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«Wir wollen erreichen, dass der Inhalt der Initiative im Zentrum steht», sagt Töngi, der schon in den Monaten der Vorbereitung einer der prominentesten Sprecher der Initiative war. Es solle «nicht weiter über Texte diskutiert werden, die Frequencia publiziert hat und die nichts mit der Initiative zu tun haben», fügt er hinzu.

Frequencia verteidigt sich

Peter Schlegel, treibende Kraft beim Verein Frequencia, weist die Behauptung zurück, er verbreite Verschwörungserzählungen. «Der Vorwurf ist haltlos», sagt er. «Wer ihn erhebt, hat Texte von uns nicht vollständig oder nicht mit ausreichendem Willen zur Genauigkeit und Differenziertheit gelesen.» Das gelte auch für die Behauptung, Frequencia nehme wissenschaftliche Untersuchungen nicht ernst. «Wir beziehen uns oft auf wissenschaftliche Studien», sagt er. «Es gibt auch Studien, die zeigen, wie wichtig es für das Ergebnis einer Studie ist, wer diese finanziert. Umso kritischer muss man die Studien analysieren und bewerten. Diese kritische Betrachtungsweise geht im öffentlichen Diskurs oft verloren.»

Er werde die Initiative weiterhin voll unterstützen, sagt Schlegel. «Es ist wichtig, dass über die Inhalte der Initiative ein Bewusstseinsprozess entsteht.» Seine Organisation stehe voll hinter dem demokratischen Prozess, der mit der Initiative initiiert worden sei.

Frequencia hatte vor kurzem ihre Website vom Netz genommen. «Wir arbeiten mit Hochdruck am neuen Webauftritt», heisst es auf einer Platzhalterseite. Aber Kritiker vermuten, dass die für die Initiative eher schädlichen Veröffentlichungen verborgen werden sollten. Allerdings: Das Internet vergisst nicht. In Online-Archiven sind alte Inhalte abrufbar – im Netz kann das Gesagte nicht ungesagt gemacht werden.

Brisanz nicht vorhergesehen

Dass die Verbindung zu Frequencia derart kontrovers sein würde, hatten die Exponenten der Linken offenbar nicht vorhergesehen. Dabei arbeiteten sie schon seit weit mehr als einem Jahr mit der Organisation zusammen. «In der Diskussion mit den Politikern, die uns zur Seite stehen, wird der Initiativtext gerade noch einmal überarbeitet», sagte Peter Schlegel schon Ende letzten Jahres zu dieser Zeitung. Viele der Frequencia-Texte hat er verfasst. Der Bauingenieur aus Esslingen ZH gehört zu den bekanntesten Gegnern der neuen 5G-Mobilfunktechnologie. Diese erhielten während der Corona-Pandemie auch Zulauf aus Kreisen impfkritischer Verschwörungstheoretiker.

Die Grünen haben die Safer-Phone-Initiative besonders aktiv gefördert. Die Partei habe mit verschiedenen Initiativkomitees im Bereich Mobilfunk Gespräche geführt, berichtet Töngi. Der Ansatz von Frequencia sei am überzeugendsten gewesen. «Der Druck durch eine Initiative ist nötig, denn das Lobbying der Mobilfunkbetreiber für höhere Grenzwerte respektive für deren Aushöhlung ist enorm», meint Töngi. Die Parteileitung hat bei einer Delegiertenversammlung im August einen offiziellen Beschluss herbeigeführt: Die Grünen unterstützen die Initiative als Partei.

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Das gilt für die SP nicht. Einzelne Exponenten waren diese Woche für eine offizielle Stellungnahme nicht zu erreichen. Aber aus Parteikreisen hiess es, dass man die Beteiligung prominenter SP-Mitglieder, darunter der Zürcher Ex-Nationalrat Thomas Hardegger, geprüft und gebilligt habe. Es sei wichtig, die Intensität der Strahlung beim Mobilfunk zu beschränken, aber die Partei sei weder wissenschafts- noch fortschritts- noch industriefeindlich.