Homosexuelle betäubt und ausgeraubtZwei Todesfälle nach perfiden Massage-Scams
Mehrere Männer wurden von zwei Brüdern betäubt und bestohlen, die sie über das Internet kontaktiert hatten. In der Waadt kamen zwei Opfer ums Leben.
Eine Massage von einem bisexuellen Europäer, mittel behaart, beschnitten und athletisch, gefällig? Angebote wie diese findet man zuhauf auf Hunqz. Die Online-Plattform bringt Männer mit Männern zusammen, die Massagen und sexuelle Dienstleistungen anbieten. Auch in der Schweiz sind rund 3700 sogenannte Hunqz registriert.
Von dieser wie auch vor anderen Kontakt-Plattformen warnten die Polizeien verschiedener Kantone im Dezember 2023. Dies, weil sich über diese Netzwerke Betrüger Zugang zur Wohnung ihrer Opfer verschafft hatten. Statt massiert wurden die Betroffenen betäubt und bestohlen. Mindestens 18 Fälle mit einem jeweils ähnlichen Ablauf sind den Behörden seit 2021 bekannt, 12 davon spielten sich in der Schweiz ab. Und wie nun anhand eines Urteils des Bundesstrafgerichts in Bellinzona bekannt wurde, haben zwei Opfer den Vorfall nicht überlebt.
Bei den Verstorbenen handelt es sich um Männer im Alter von 37 und 57 Jahren. Die Fälle ereigneten sich im September und im November 2023 im Kanton Waadt. Laut den waadtländischen Strafverfolgungsbehörden werden die Todesursachen weiterhin gerichtsmedizinisch untersucht. Mutmasslich stehen diese jedoch in Zusammenhang mit dem Einsatz von Betäubungsmitteln.
Erbrechen, Schüttelfrost, Krämpfe
Auch im Kanton Bern soll es zu einem vergleichbaren Fall gekommen sein. Laut Christof Scheurer, stellvertretender Generalstaatsanwalt des Kantons Bern, ging eine entsprechende Anzeige ein. Die mutmassliche Tat ereignete sich in der Nacht vom 6. auf den 7. November 2023. Demnach soll sich Folgendes abgespielt haben: Der Betroffene verabredete sich über die Plattform Romeo.com – die zum gleichen Unternehmen gehört wie Hunqz – für eine Massage mit sexuellem Bezug.
Im Zuge der Massage betäubte der Täter das Opfer. Als der Betroffene Stunden später mit schwerem Erbrechen, schüttelfrostartigen Beschwerden, Panikattacken und Wadenkrämpfen wieder zu sich kam, fehlten ihm 30 bis 40 Franken im Portemonnaie.
Eine Woche später, am 12. November, schlug derselbe Täter erneut zu, dieses Mal im Kanton Waadt. Er betäubte sein Opfer mit K.-o.-Tropfen, die er ihm – so die Vermutung der Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt – in den After gespritzt hatte. Während das Opfer bewusstlos war, stahl der Täter Wertsachen und Bargeld im Wert von rund 9000 Franken.
Verdächtige sind Brüder
Nachdem die Polizei Anfang Dezember die Bevölkerung vor der neuen Masche gewarnt hatte, meldete sich im Kanton Genf ein weiteres Opfer. Der gleiche Täter wie in Bern hatte ihm im August 2022 K.-o.-Tropfen in sein Getränk gemischt. Als er wieder zu sich kam, hätten ihm drei Uhren im Wert von 9700 Franken gefehlt. Vergleichbare Delikte ereigneten sich zwischen Sommer 2022 und Herbst 2023 auch in den Kantonen Zug und Basel-Landschaft.
Bereits im Dezember wurde bekannt, dass zwei Verdächtige mit rumänischer Staatsbürgerschaft im Ausland festgenommen wurden. Aus dem Urteil des Bundesstrafgerichts geht hervor, dass es sich dabei um Brüder handelt. Der ältere, 42-jährig, befindet sich inzwischen in der Waadt in Untersuchungshaft, der jüngere, 28-jährig, sitzt in Deutschland in Haft, wo ihm ähnliche Delikte vorgeworfen werden.
Die Waadtländer Strafverfolgungsbehörden untersuchen nun wegen des Verdachts auf vorsätzliche Tötung, Gefährdung des Lebens, Raub, sexuelle Nötigung und Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Ermittlungen befinden sich noch in einem frühen Stadium. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Konflikt um Gerichtsstand
Das Bundesstrafgericht befasste sich mit dem Brüderpaar, weil sich die kantonalen Strafverfolgungsbehörden nicht einig waren, wer die Vorwürfe gegen die beiden verfolgen soll. Da sich die schwerwiegendsten Taten – die mutmasslichen Tötungen – im Kanton Waadt zutrugen, wollte die Berner Generalstaatsanwaltschaft auch den Berner Fall den Waadtländer Kollegen übergeben. Diese erachteten umgekehrt die Berner zumindest in Teilen für zuständig.
In seinem Urteil vom 5. Juli kam das Gericht zum Schluss, dass die Fälle beider Brüder in der Waadt untersucht werden müssen.
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