Weihnachtsshow in ZürichZirkusfamilie Gasser will es wieder wissen
Nach drei Jahren Zwangspause gastiert das Festtagsspektakel Circus Conelli wieder auf dem Bauschänzli. Eine bange Frage bleibt: Kommt auch das Publikum?

Drei Tage bis zur Generalprobe mit Publikum – aber es tropft durchs Zeltdach, durch Wasserlachen tragen Handwerker Showkulissen. Es wird gehämmert, gebohrt und gesägt. Die Manege ähnelt darum einer Höhle, Jongleur Patrick Lemoine ist mit seiner Nummer noch alles andere als zufrieden – und das Orchester setzt mit der falschen Melodie ein.
Noch ist das Bauschänzli mehr Grossbaustelle als Weihnachtszauber.
Roby Gasser nimmts gelassen. «Wissen Sie, wir haben für jeden Tag eine genaue Liste, was noch zu tun ist – wir sind exakt im Plan.» Der Direktor des Weihnachtszirkus Conelli zieht an seiner nächsten Zigarette und sagt: «Gut, dass es wieder losgeht.» Die drei Jahre Corona-Zwangspause haben ihn weit mehr umgetrieben als die Hektik vor der Premiere.
«Alles hat uns gefehlt – die Show, die Arbeit, die Artisten, die Musiker –, wir sind alle eine grosse Familie.» Vom Geld spricht Roby Gasser nicht. «Wir hatten 2019 ein sehr gutes Jahr, auch mit unserem Connyland», also dem Freizeitpark in Lipperswil im Kanton Thurgau.
«Beim Programm und der Musik zu sparen, kann ich mir gar nicht erlauben.»
Löhne mussten trotz Unterbruch und Unsicherheit gezahlt werden, vom Staat kam keine Hilfe. «Der Thurgau anerkennt uns nicht als Kulturbetrieb», sagt Gasser. «Ich finde es aber sowieso gut, dass wir keine Subventionen erhalten: Entweder man macht ein Topprogramm und begeistert die Leute, dann verdient man auch recht. Oder…»
Aber ein Topprogramm, das kostet. Für Roby Gasser kommt es nicht infrage, etwa bei der Liveband zu sparen, dem grössten Zirkusorchester in Europa. «Mit vierzehn Musikern ist es eigentlich viel zu gross für das kleine Zelt», sagt er. «Man hörts halt einfach, wenn nur schon einer fehlt. Hier zu sparen, kann ich mir gar nicht erlauben.»
40 Jahre Weihnachtszirkus
Es war Robys Vater Conny, der vor 40 Jahren mit seinem Geschäftspartner Herbi Lips die Idee des Weihnachtszirkus nach Zürich gebracht hat. Roby balancierte als junger Artist und Tierlehrer einhändig auf einem Seelöwen. Mit der Nummer zog er mit Zirkussen und in Variétés um die Welt.

Doch Schritt für Schritt übernahm Roby in der Schweiz bei seinem Vater mehr Verantwortung – und erneuerte die Show. «Wir hatten anfangs nur weisses Manegenlicht.» Doch habe er bei einer Show von Sammy Davis Jr. erlebt, wie man mit farbigen Spots tolle Stimmung schaffe. Der Vater gab ihm Geld, um Discoleuchten einzukaufen. Von da an war Roby für das Licht zuständig.
Jetzt rückt in der Unternehmerfamilie des 61-jährigen Patrons und seiner Frau Cindy die nächste Generation nach. Sohn Jeremy (26) ist als gelernter Elektriker beim Aufbau bereits unersetzlich. Zudem engagiert er zusammen mit dem Vater die Artisten, sucht die Musik aus und führt Co-Regie.
«Wir vom Zirkus, wir machen weiter, solange es geht.»
Tyron Gasser (31) ist der ruhigere der beiden Söhne. Er ist nach seinem jüngeren Bruder fürs Marketing zuständig – und damit auch für Social Media. «Das muss man heute einfach machen», sagt Roby Gasser. Er selbst versteht davon «absolut nichts».
Bestätigung von der Stadtpräsidentin
Zeit für den Direktor und Patron, den Jungen allein das Feld zu überlassen? «Nein, nein, wir vom Zirkus, wir machen weiter, solange es geht.» Und solange die Familie Gasser an Weihnachten den Conelli durchführt, steht ihr das Bauschänzli zur Verfügung.
Das hat Stadtpräsidentin Corine Mauch persönlich nach Lipperswil geschrieben. «Es ist mir schon viel wohler, den Brief zu haben», sagt Gasser. Er muss die Artisten Jahre voraus buchen. «Aber es kam schon vor, dass die Bewilligung erst eintraf, als das Zelt schon stand.»

Auf eine Frage, die wichtigste, aber haben die Gassers noch keine Antwort: Kommen die Leute wieder? Vor der Pandemie besuchten jedes Jahr zwischen Ende November und Ende Jahr 60’000 Personen den Zirkus. «Der Vorverkauf läuft komisch», sagt Unternehmer Gasser. «Manche Vorstellungen sind jetzt schon gut gebucht, die Premiere ist sogar überbucht, bei anderen läuft es miserabel.»
«Wir müssen es durchziehen», sagt der Patron, drückt die Zigarette aus und macht sich wieder an die Arbeit. Das Dach muss dicht sein, die Dekorationen komplett, die Artisten bereit, und auch die anderen «hunderttausend Siebensachen» müssen stimmen, wie Tyron Gasser sagt.
Vorstellungen ab Freitag, 18. November, auf dem Bauschänzli in Zürich: www.circus.conelli.ch
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