Superstar aus FrankreichZaho de Sagazans erstes Zürcher Konzert: Und plötzlich verstehen alle Französisch
In Frankreich ist die junge Chansonnière ein Superstar. Zaho de Sagazan zeigte am Donnerstag im ausverkauften Zürcher Lokal X-tra, warum sie gerade dabei ist, ganz Europa zu erobern.

- Zaho de Sagazan begeistert im ausverkauften X-tra mit ihrem Auftritt.
- Die Sängerin kombiniert französische Chansons mit modernen elektronischen Klängen.
- Ihr Auftritt in Zürich zeigt ihre Fähigkeit, eine intime Verbindung herzustellen.
- Zaho beendete das Konzert mit einer einzigartigen Interpretation von «99 Luftballons».
Sie machts auf Englisch. Mit limitiertem Wortschatz und mit einem für Französinnen so typisch stolz zur Schau gestellten Accent.
Als Zaho de Sagazan an diesem Abend zum ersten Mal zu einer ihrer sehr unterhaltsamen Reden zwischen den Songs ansetzt, formiert sich hörbarer Widerstand im Publikum. Landessprache und überhaupt! «On te comprend!», ruft jemand. Wir verstehen dich!
Die Menschen wollen die richtige Zaho hören. Und die muss offenbar Französisch sprechen.
Die Sängerin nimmts fröhlich zur Kenntnis, gibt die dienstfertige Conférencière, wechselt fortan zwischen den beiden Sprachen und hat damit spätestens jetzt alle im ausverkauften Saal für sich eingenommen. Später wird sie die Vereinigung mit dem Publikum mit einer Tour durch den Saal feiern (siehe Video).
Neben ihrer musikalischen Tiefe ist es das, was die heute 25-Jährige in nur zwei Jahren zu einer ganz Grossen gemacht hat. Sie baut auch vor viel Publikum Nähe auf. Und dies, ohne sich anzubiedern. (So war ihr Konzert am Paléo-Festival in Nyon.) De Sagazan zeigt sich als sensibles Wesen, das nicht anders kann, als sich künstlerisch dem Publikum zu öffnen.
Und in Momenten, in denen das alles unter der Last von Welt- und Herzschmerz zusammenzubrechen droht, rettet sie sich jeweils mit Humor – und Techno.
Denn die Südfranzösin, Spross einer Künstlerfamilie, spielt für ihren ersten Auftritt in Zürich ein für mittelgrosse Hallen konzipiertes Clubset. Die Pianoballade, «La symphonie des éclairs», ihren grossen Hit, spielt sie früh.
So als wollte sie an diesem Abend vor allem eines: tanzen. «Lâche-toi!», ruft sie mantrahaft ins Publikum. Lass los!
Das Publikum folgt ihr und wirft die Hände in die Luft. Und übt sich in expressionistischen Bewegungen, fürs coole Zürich ungewöhnlich. «Es muss nicht gut aussehen. Es muss sich nur gut anfühlen.» Diesen Tanzbefehl verstehen alle.
Flankiert von drei Jungs und umgeben von deren analogem Maschinenpark, kreiselt sie sich in einem 20-minütigen knallig-knarzigen Medley durch die aktuelle elektronische Clubmusik. In diesen Momenten ist sie dann mehr MC als Sängerin. Formidable!
Doch bevor sie den älteren Teil ihres Publikums in den Tiefen des Acid-Techno verliert, steigt sie wieder empor, wird wieder greifbar und spielt «Modern Love» von David Bowie. Den Klassiker der Popikone hat de Sagazan letzten Mai am Filmfestival von Cannes zum ersten Mal gespielt.
Barfuss tänzelte sie damals vor versammelter Weltpresse und den Filmstars im grossen Saal durch die Zuschauerreihen und sang mit dunkler, weicher Stimme eine eigenwillige, sehr französische Version. Sie rührte damit Jurypräsidentin Greta Gerwig («Barbie») zu Tränen. Die Bilder davon wurden zum Youtube-Hit. Und machten Zaho auch ausserhalb des frankofonen Sprachraums bekannt.

Das deutsche Feuilleton hat die smarte Französin bereits für sich entdeckt. Und es ist offensichtlich, dass das Management der Künstlerin gerade den grossen Sprung über den Rhein wagt.
So intoniert Zaho de Sagazan zum Schluss im selig wabernden X-tra ein Lied, das zum deutschen Kulturgut zählt: «99 Luftballons».
Natürlich hievt sie Nenas Welthit aus den 80er-Jahren mit viel elektronischem Gezirpe in die Gegenwart. Und natürlich singt sie mit viel Accent. «Neunundneunzig Kriegsminister» klang noch nie so rund.
Diese Französin versteht man. Immer. Und überall.
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