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Zahngold, Münzen oder alte Autos
Goldhändler im Alterszentrum sorgt für Irritation in Langnau

Langnau, alterszentrum Sonnegg. 21.2.2024  Bild: Sabine Rock
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Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Was hingegen gar nicht glänzt, ist der Ruf jener Händler, die Gold und Schmuck in Hinterzimmern von Restaurants abkaufen. Zwar gibt es unter ihnen auch seriöse Anbieter. Dass aber nicht alle hehre Absichten haben, brachten Dutzende Recherchen – darunter auch von dieser Zeitung – ans Licht.

Einige Händler schätzen den Preis für die Wertsachen bewusst zu tief ein. So erhält man beim Goldschmied schon mal das Doppelte für seinen Goldschmuck wie bei manchen wandernden Käufern, die von Gemeinde zu Gemeinde ziehen. Verboten ist der Handel nicht, aber gerade ältere Menschen sind bei den teils aggressiven Kaufstaktiken schnell überzeugt, ihren Schmuck weit unter dem eigentlichen Wert zu verscherbeln.

In Langnau sorgte daher letzte Woche ein Flyer für Aufsehen, der in diverse Briefkästen gelegt wurde. «Wir kaufen Gold und Uhren aller Art, auch defekt, zu höchsten Preisen», steht darauf. Ringe, Armbänder, Ketten, aber auch Zahngold, Geigen, Markentaschen und Autos aus den 70er-Jahren würden gekauft. Der Ankauf fand Ende letzter Woche statt. Ort des Handels: Pflegezentrum Sonnegg.

Dieser Fyler landete letzte Woche in mehreren Briefkästen in Langnau. Für Fragen sorgte der Ort des Goldankaufs.

Dass ein solcher Handel ausgerechnet in einem Altersheim stattfindet, sorgte in den sozialen Medien für Unmut. Von einem «faden Beigeschmack» schreibt eine Langnauerin. «Warum lässt die Verwaltung so was zu? Geht gar nicht!», meint ein anderer.

Handel war im Nebengebäude

Wie ist es dazu gekommen? Die Geschäftsleiterin des Pflegezentrums Sonnegg, Trix Manfioletti, relativiert: «Die Angaben auf dem Flyer sind falsch, der Ankauf hat nicht im Pflegeheim stattgefunden. Dem Händler wurde der Raum der Tagesbetreuung im Gebäude der Alterswohnungen Langmoos an zwei Nachmittagen vermietet.»

Langnau, alterszentrum Sonnegg. 21.2.2024  Bild: Sabine Rock

Das im Sommer 2023 fertiggestellte Gebäude mit den Alterswohnungen steht unmittelbar neben dem Pflegezentrum und ist mit diesem über eine Passerelle verbunden. Dass die Vermietung des Raumes an einen Gold- und Antiquitätenhändler ein Problem sei, überrascht Manfioletti. «Das Angebot hat sich an die Bevölkerung von Langnau gewandt, die Briefkästen der Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegezentrums waren tabu.» Manfioletti gehe zudem davon aus, dass die Kundinnen und Kunden des Händlers eine Vorstellung vom Wert ihrer angebotenen Gegenstände hatten.

«Ich arbeite auch nicht gratis»

Und was sagt der Goldhändler dazu? Wählt man die Handynummer auf dem Flyer, nimmt ein Herr Birrer ab. Er will seinen vollen Namen nicht nennen – angeblich aus Sicherheitsgründen. Schon zweimal sei bei ihm eingebrochen worden.

Er sei seit etwa fünfzehn Jahren im Geschäft. «Ich würde nie Leute über den Tisch ziehen, in einem Altersheim schon gar nicht», sagt Herr Birrer. «Es ist mir wichtig, eine saubere Visitenkarte zu hinterlassen.»

Er wisse, dass nicht alle in seiner Branche seriöse Geschäfte abwickelten. Vor allem vor Pelzhändlern warnt er – diese würden einen hohen Preis für einen Mantel anbieten, diesen aber nur bezahlen, wenn sie dafür auch noch Goldschmuck erhielten. «Am Schluss schaut für den Kunden ein Minusgeschäft raus.»

Bei ihm laufe der Handel anders ab, und auch an Pelzen sei er nicht interessiert. «Die Leute kommen zu mir und nennen mir einen Preis für ihr Objekt. Ich sage dann Ja oder Nein.» Schätzungen mache er nur, wenn dies gewünscht sei. Zudem schmelze er das Gold nicht ein, sondern verkaufe die Gegenstände weiter – was den Kunden einen höheren Gewinn bringe. Doch wie erzielt Herr Birrer dann Gewinn, ohne einen Gegenstand bewusst unter dessen Wert zu kaufen? «Wenn sich eine gute Marge abzeichnet, sage ich natürlich nicht Nein. Ich arbeite ja auch nicht gratis.»

«Bewohner kamen keine vorbei»

In der Nähe von Altersheimen miete er sich nur selten ein – in 90 Prozent der Fälle würden ihm Kirchen ihre Räumlichkeiten vermieten. Falls er doch mal in einem ist wie in Langnau, würde er zu den Bewohnenden auf Distanz gehen. «Wir haben absichtlich keinen einzigen Flyer im Altersheim verteilt, weil die Bewohnenden nicht die Zielkunden waren», sagt Herr Birrer. Manche älteren Personen könnten den Flyer falsch verstehen und meinen, das sei ein Angebot des Pflegeheims. «Das wollen wir auf keinen Fall.»

An den beiden Nachmittag in Langnau war Herr Birrer nicht selber vor Ort. Er wisse aber, dass keine Bewohnenden des Altersheims vorbeigekommen seien.

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