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Trauer­staats­akt in Deutschland
Letzte Ehre für Wolfgang Schäuble

President of the German lower house of parliament Bundestag, Wolfgang Schäuble poses for a photo prior an ecumenical service on the Day of German Unity at the Saint Paul's Church in Halle, eastern Germany on October 3, 2021, on the 31st anniversary of the German Reunification. Germany marks 31 years since the historic unification of the communist East with the capitalist West. This year's central celebrations for the Day of German Unity take place in Halle and are accompanied by the 'EinheitsExpo' exhibition in the city center. (Photo by Hendrik Schmidt / POOL / AFP)
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Der französische Präsident Emmanuel Macron und die Spitzen der deutschen Politik und Gesellschaft haben sich von dem mit 81 Jahren gestorbenen Politiker Wolfgang Schäuble verabschiedet.

Macron würdigte Schäuble in einem bewegenden Staatsakt als Freund Frankreichs und grossen Europäer. «Deutschland hat einen Staatsmann verloren. Europa hat eine Säule verloren. Frankreich hat einen Freund verloren», sagte der Präsident auf deutsch in seiner Trauerrede im Reichstagsgebäude in Berlin. Schäubles Wunsch, einen Franzosen im Bundestag sprechen zu lassen, sage viel über dessen Vertrauen in Frankreich und Deutschland aus, ergänzte Macron.

Macron würdigt Schäuble auf Deutsch als grossen Vordenker

Macron erinnerte auch an den Tod von Jacques Delors am 27. Dezember. «Nacheinander hat Europa zwei seiner grossen Vordenker verloren.» Beide seien Gründerväter der europäischen Einigung und der Aussöhnung der Völker gewesen. «Zwei Staatsmänner, die für ihre Länder und Europa alles gegeben haben.» Es seien zwei Leben als Bindeglieder und Vermittler gewesen. «Sie sind im Abstand von einer Nacht von uns gegangen und unser Herz als Europäer trägt nun zweifache Trauer.»

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Mit der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags am 22. Januar 1963 seien Deutschland und Frankreich in die Pflicht genommen worden, sich auszusöhnen, sagte Macron. «Diese Aufgabe lag in den Händen mehrerer Generationen. Zu ihnen gehören die Gründerväter Europas (...). Wolfgang Schäuble zählte zu dieser Generation der Baumeister.»

Schäuble war länger als jeder andere Abgeordnete

Der frühere deutsche Kanzleramtschef, Innen- und Finanzminister, CDU-Vorsitzende und Präsident Schäuble war am 26. Dezember im Alter von 81 Jahren nach langer Krankheit in seiner südwestdeutschen Heimatstadt Offenburg gestorben. Dort wurde er auch beigesetzt. Schäuble gehörte dem Bundestag 51 Jahre lang an – länger als jede und jeder andere in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus.

Im Plenarsaal des Deutschen Bundestages hatten sich neben der Familie Schäubles rund 1500 Gäste aus Politik und Gesellschaft aus dem In- und Ausland versammelt, um sich zu verabschieden. Präsident Frank-Walter Steinmeier geleitete Schäubles Witwe Ingeborg zu Beginn zu ihrem Platz. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz sass direkt neben Macron.

epa11096112 The widow of Wolfgang Schaeuble, Ingeborg Schaeuble (C), accompanied by German President Frank-Walter Steinmeier (R) and his wife Elke Buedenbender (L), arrives for a protestant memorial service in remembrance of late the conservative Christian Democrat politician Wolfgang Schaeuble in the Berlin Cathedral, in Berlin, Germany, 22 January 2024. Former German Parliament 'Bundestag' president and Christian Democratic Union CDU party and faction leader Wolfgang Schaeuble died at the age of 81 on 26 December 2023.  EPA/ANDREAS GORA / POOL

Weggefährten nehmen Abschied

Auf der Besuchertribüne nahmen auch die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Ex-Präsidenten Horst Köhler, Christian Wulff und Joachim Gauck sowie die ehemaligen Präsidenten Rita Süssmuth und Norbert Lammert (beide CDU) Platz. Merkel schrieb in das Kondolenzbuch: «Im Gedenken an eine spannende, herausfordernde und immer einem Kompromiss dienende Zusammenarbeit! Danke!» Umrahmt wurde der Festakt für den Musik-Liebhaber Schäuble von Mozart-Musik, er endete mit der Nationalhymne.

BERLIN, GERMANY - JANUARY 22: Former German Chancellor Angela Merkel attends a memorial service for the late German politician Wolfgang Schaeuble at the Berliner Dom Cathedral on January 22, 2024 in Berlin, Germany. Schaeuble, a member of the German Christian Democrats (CDU), had a long and very influential political career that included several cabinet posts in various federal governments. He was also among the leading architects of negotiations between West and East German authorities leading to the reunification of Germany in 1990. Schaeuble died on December 26 in Offenburg. (Photo by Andreas Gora - Pool/Getty Images)

Bas: Deutschland verliert grossen Demokraten

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sagte: «Deutschland verliert einen grossen Demokraten und Staatsmann. Europa einen Vordenker. Und Frankreich einen besonderen Freund.» Für Schäuble sei die europäische Einigung ein Friedensprojekt gewesen, «die Lehre aus der deutschen Geschichte». Dass der Staatsakt zu Schäubles Ehren am Jahrestag des Élysée-Vertrages zur Aussöhnung der beiden einstigen Kriegsgegner Deutschland und Frankreich stattfinde, «hätte ihm gefallen».

Bundestag President Baerbel Bas delivers a speech during a memorial event to honour the late politician Wolfgang Schaeuble at the German lower house of parliament Bundestag in Berlin on January 22, 2024. Wolfgang Schaeuble, one of the most important figures in German politics for decades and an icon of budgetary rigour in the eurozone, had died aged 81, on December 26, 2023. (Photo by MICHELE TANTUSSI / AFP)

Politische Rückschläge und persönliche Schicksalsschläge habe Schäuble weggesteckt, sagte Bas – seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 sass Schäuble im Rollstuhl. «Er machte weiter. Für die Demokratie. Für dieses Land. Und er hat Historisches vollbracht», erinnerte sie an die Leistungen Schäubles als Architekt der Deutschen Einheit. Schäuble habe gewusst: «Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich. Sie ist es wert, verteidigt zu werden. Und sie muss verteidigt werden.» Kanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X (vormals Twitter): «Mit dem Staatsakt ehren wir einen grossen Europäer und einen Politiker, der eines nie aus dem Blick verlor: das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser zu machen.»

Merz: «Danke, Wolfgang Schäuble»

Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte: «Wir verneigen uns vor einem wahren Staatsmann unseres Landes, vor einem europäischen Staatsmann, vor einem streitbaren Demokraten, vor einer prägenden Persönlichkeit der jüngeren Geschichte unseres Landes. Danke, Wolfgang Schäuble.» Dieser «wusste um die historische Bedeutung und um unsere besondere Verantwortung zusammen mit Frankreich».

Schäuble sei nie müde geworden, darauf hinzuweisen, dass Deutschland «Verantwortung in und für Europa» habe, aber auch Vertrauen in Europa brauche, sagte Merz, der Schäuble einen persönlichen Freund nannte. «Dieses Vertrauen muss sich Deutschland immer wieder und beständig erarbeiten, verbunden mit der Bereitschaft, Führungsverantwortung zu übernehmen.» Dass Macron die Trauerrede halte, sei «Ausdruck eines solchen Vertrauens und ehrt uns alle».

Christian Democratic Union (CDU) leader Friedrich Merz delivers a speech during a memorial event to honour the late politician Wolfgang Schaeuble at the German lower house of parliament Bundestag in Berlin on January 22, 2024. Wolfgang Schaeuble, one of the most important figures in German politics for decades and an icon of budgetary rigour in the eurozone, had died aged 81, on December 26, 2023. (Photo by John MACDOUGALL / AFP)

Merz zitierte aus Schäubles Antrittsrede als Parlamentspräsident vom 24. Oktober 2017. Dieser habe damals dazu aufgerufen, das Vertrauen in das repräsentative Prinzip wieder zu stärken und hinzugefügt: «Ohne Parlamentarismus geht all das nicht.» Merz ergänzte: «Dieser Satz ist sein eigentliches politisches Vermächtnis.»

Bischöfin Fehrs: Schäuble gab vielen Menschen Kraft

Bei einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom würdigte die evangelische Bischöfin und amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs die Vorbildfunktion Schäubles. Mit seinem «Hoffnungsmut» habe er unglaublich vielen Menschen Kraft gegeben. Fehrs nannte Schäuble einen «imponierenden Antipopulisten», die gerade in diesen Zeiten gebraucht würden. Sie fügte hinzu: «Wie würde unser Land jetzt aussehen, wenn nicht ein so weitsichtiger Politiker wie er den deutschen Einigungsvertrag ausgehandelt hätte?»

SDA/aru