Herrscher mit LidschattenWieso schminken sich die Taliban?
Ihre Waffen sind modern, ihre Kleidung ist traditionell. Und bei vielen der islamistischen Kämpfer fällt ein schwarzer Lidstrich auf.
Die Bilder der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan gingen Mitte August um die Welt. Wo wenige Wochen zuvor noch ein reges Stadtleben herrschte, patrouillierten plötzlich schwer bewaffnete Männer durch die leeren Stassen von Kabul.
Seither regieren die Taliban wieder nach der Scharia, dem islamischen Recht, das die Islamisten extrem strikt auslegen. Männer müssen traditionelle Kleider tragen und dürfen ihre Bärte nicht rasieren. Frauen müssen sich verhüllen und eine Burka tragen. Körperbetonte Kleidung oder Make-up sind verboten. Von letzter Regel scheinen die Talibankämpfer selbst ausgenommen zu sein. Trotz ihrer Turbane und den langen Bärten ist deutlich zu erkennen, dass sich die Anhänger der Taliban ihre Augen mit einem dunklen Lidstrich betonen.
Auf Onlineplattformen wird viel darüber spekuliert, welche Bedeutung die schwarze Umrandung der Augen hat. Wie der «Spiegel» berichtet, besteht die Schminke der Taliban aus Antimonpulver – einem Mineral, dessen Farbe zwischen Grau und Schwarz variiert. Es ist auch als «Kohl», «Surma» oder «Ithmid» bekannt. Wie Kajal wird es auf die Augenlider aufgetragen.
Gemäss dem Bericht reicht die Benutzung des Pulvers zurück ins alte Ägypten. Seither war es nicht nur bei vielen Völkern und Kulturen beliebt, sondern ihm wurde auch eine heilende Wirkung nachgesagt. In Wüstenregionen soll es das Auge auch vor dem Eindringen von Sand schützen.
Mineral soll Sehkraft stärken
Um die angeblich wohltuende Wirkung von Antimonpulver wusste gemäss Überlieferungen auch Prophet Mohammed. Bei den Taliban dürfte der Grund für den Lidstrich ein Brauch sein, den Mohammed einführte. Gemäss der Überlieferung soll er das Pulver auch selber verwendet haben. Er soll das Mineral dreimal auf sein rechtes und zweimal auf sein linkes Auge aufgetragen und gesagt haben, es schärfe die Sehkraft und lasse das Haar wachsen.
Auch in anderen arabischen Ländern und in Indien umranden Frauen und Männer ihre Augen mit einem Lidstrich. In manchen Fällen wird das Pulver schon bei Kleinkindern aufgetragen. Im Islam ist die Verwendung des Pulvers vor allem im Fastenmonat Ramadan weit verbreitet.
In Afghanistan verwenden vor allem die islamistischen Kämpfer aus ländlichen Regionen das Pulver. In urbanen Gegenden ist der Glaube an die Wirkung weniger verbreitet. Die tatsächliche Wirksamkeit ist umstritten.
In vielen Berichten über die Taliban wird nach Begegnungen erwähnt, ihre Blicke seien durchdringend, wirkten gefährlich und entschlossen.
aru
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