FDP-Basis gegen CO₂-GesetzWie Gössi ihren Öko-Kurs retten will
FDP-Präsidentin Petra Gössi verstärkt die Anstrengungen, um ihre skeptische Basis vom CO₂-Gesetz zu überzeugen. Für die Schwyzerin steht viel auf dem Spiel.
Ob das CO₂-Gesetz die Volksabstimmung vom 13. Juni überleben wird, scheint ungewiss: In der repräsentativen Umfrage von Tamedia/20 Minuten kam das Gesetz jüngst nur noch auf 50 Prozent Zustimmung. Was insbesondere auffiel, war die Skepsis der FDP-Basis. Sie lehnt das Gesetz gemäss Umfrage mit 61 Prozent ab. Für die Fraktion und die Delegierten, die ein Ja empfehlen, wäre das eine Desavouierung. Und vor allem für Parteipräsidentin Petra Gössi.
Gössi und ihr Team wollen nun die Anstrengungen erhöhen, um das argwöhnische Parteivolk zu überzeugen. Wie die Schwyzerin auf Anfrage bekannt gibt, wird demnächst eine Inseratekampagne in den NZZ-Medien gestartet. «Wir gehen davon aus, dass wir die FDP-Wählerinnen und -Wähler so besonders gut erreichen.» Auch sollen die Befürworter ihre «Medienarbeit» im Internet intensivieren. Die Präsidentin selber wird via Rundmail einen Appell an alle Parteimitglieder richten.
Für Gössi steht viel auf dem Spiel. Sie war es, die ihrer Partei im Frühling 2019 eine «Ökowende» verordnete; dieser ist es zu verdanken, dass das CO₂-Gesetz so überhaupt zustande kam. Unumstritten war die Neuausrichtung freilich nie. Ein Kritiker der ersten Stunde ist der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen. Er sieht sich durch die neue Umfrage bestätigt: «Das CO₂-Gesetz bedeutet Umverteilung, staatliche Industriepolitik, massive Bürokratie und neue Steuern. Diese Lösung ist weder liberal, noch sind die Massnahmen ausgereift. Darum stösst das CO₂-Gesetz bei freisinnigen Wählern auf Widerstand.»
Wasserfallen geht davon aus, dass ein FDP-Nein am 13. Juni zu einer Diskussion über die Ausrichtung der Partei führen wird. «Da werden sich viele Fragen stellen. Wir müssen uns überlegen, wie wir wieder auf die liberale Schiene zurückfinden.»
Angst vor «Identitätskrise»
Dass ein Erfolg der Gegner einiges ändern könnte, glaubt auch Peter Metzinger, FDP-Politiker aus dem Kanton Zürich. Nur erwartet er von diesen Veränderungen nichts Gutes. Metzinger, der sich seit Jahren umweltpolitisch engagiert, fürchtet eine «Identitätskrise», sollte die FDP das CO₂-Gesetz zum Absturz bringen. «Die Parteipräsidentin wird Unterstützung verlieren, man wird die Ökowende rückgängig machen wollen – und es werden noch viel mehr unserer Wähler zu den Grünliberalen abwandern.»
Das Umfrageresultat findet Metzinger «verwirrend». In persönlichen Gesprächen spüre er kaum Opposition gegen Gössis Kurs. Die interne Gegnerschaft sei freilich laut, aktiv und umtriebig. Vor allem aber glaubt Metzinger, dass die «Lügenkampagne» der SVP Wirkung zeitige. «Die SVP will uns spalten. Sie verbreitet Falschinformationen, insbesondere über die Kosten des CO₂-Gesetzes, und verunsichert unsere Leute.» Ein Absturz der Vorlage wäre, so fürchtet Metzinger, nicht nur für die Partei, sondern auch die demokratische Debatte verhängnisvoll.
Petra Gössi selber gibt sich zu alledem vorderhand gelassen. «Ähnliche Debatten hatten wir bereits bei der Energiestrategie oder anderen Themen wie dem Vaterschaftsurlaub», sagt die Präsidentin. «Sie gehören zum Wesen des Freisinns dazu.»
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