Phänomenale GesangskunstWarum Wale so schön singen können
Forscher haben Kehlköpfe von gestrandeten Bartenwalen untersucht – und Erstaunliches entdeckt.
Die ersten Menschen, die die Gesänge von Walen hörten, waren Seeleute. Sie hielten die seltsamen Geräusche, die aus den Tiefen der Meere bis in ihre Kajüten drangen, für die Stimmen von Ungeheuern und Geistern, oder sie vermuteten, dass sie selbst ein bisschen zu viel getrunken hatten.
Mittlerweile ist klar, dass die Laute, die Wale von sich geben, der Kommunikation dienen. Dabei verständigt sich jede Art gewissermassen in einer eigenen Sprache. Zahnwale wie Delfine und Pottwale geben einzelne Laute von sich. Viele Bartenwale komponieren dagegen ganze Lieder, in denen sich einzelne Strophen unterscheiden lassen.
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Ein Team um Coen Elemans von der Syddansk Universitet im dänischen Odense hat jetzt herausgefunden, wie Bartenwale ihre Gesänge unter Wasser produzieren. Nach einer Untersuchung, die nun im Wissenschaftsjournal «Nature» erschienen ist, haben die Meeressäuger dafür ein spezielles Organ in ihrem Kehlkopf, durch das sie Luft pressen.
Die Forschenden um Coen Elemans haben die Entdeckung bei drei gestrandeten Bartenwalen – einem Seiwal, einem Minkwal und einem Buckelwal – gemacht, indem sie die Kehlköpfe entnahmen und im Labor untersuchten. In ihren Experimenten pusteten sie unter anderem Luft durch die Kehlköpfe der toten Tiere. Ausserdem untersuchten sie den genauen Aufbau mithilfe eines Computertomografen.
Die Luft, die die Tiere zum Singen brauchen, wird nicht direkt über das Blasloch eingeatmet, sondern stammt aus der Lunge. Dorthin strömt sie auch wieder zurück, nachdem sie die Laute produziert hat, sie wird also sozusagen recycelt. «Das ermöglicht es, auch während langer Perioden des Luftanhaltens weiterzusingen», schreibt Joy Reidenberg von der New Yorker Icahn School of Medicine at Mount Sinai in einem Begleitkommentar in «Nature».
Reidenberg vermutet, dass die Erkenntnisse der Studienautorinnen und -autoren auch ein Phänomen erklären können, das bislang ein Rätsel war. Nämlich die Tatsache, dass Bartenwale mindestens zwei ganz verschiedene Laute gleichzeitig von sich geben können. Das haben Aufnahmen mit Unterwassermikrofonen eindeutig gezeigt. Manche Forschende sind deshalb davon ausgegangen, dass Bartenwale verschiedene Organe haben, mit denen sie Töne hervorbringen können.
Die Erfindung der Evolution, die den Bartenwalen das Singen unter Wasser ermöglicht, hat der Untersuchung zufolge aber auch Grenzen. Die Tiere könnten damit maximal in Tiefen von bis zu hundert Metern singen, schreiben die Forschenden. Ausserdem sei es ihnen nicht möglich, Frequenzen von mehr als 300 Hertz zu erzeugen. Nach Einschätzung der Forschenden bedeutet das, dass Bartenwale kaum Möglichkeiten haben, der zunehmenden Lärmbelastung der Meere auszuweichen, um ungestört miteinander zu kommunizieren.
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