AboImpfwillige verunsichert vor den FerienVerwirrung um die zweite Dosis in Zürcher Impfzentren
Das Impfzentrum in Uster rät zur Doppelimpfung auch für Covid-Genesene, jenes in Winterthur empfiehlt nur eine Spritze. Was stimmt?

Sie war plötzlich verunsichert, erzählt die Frau. Sie war im Winter an Corona erkrankt und sass ein paar Monate später in einer Kabine des Impfzentrums Uster, um sich impfen zu lassen. Den ganzen Frühling lang hatte die Frau gehört, dass sie sich als Genesene einmal impfen lassen muss. Doch in der Impfkabine sagte ihr eine Angestellte, laut einer neuen Weisung aus Bern müsse auch sie sich ein zweites Mal impfen lassen – was sie auch tun wird.
Die praktisch gleiche Geschichte erzählt die Mutter eines Jugendlichen, der sich – nachdem er im letzten Herbst positiv auf Corona getestet worden war – ebenfalls in Uster impfen liess: «Meinem Sohn wurde eine zweite Impfung empfohlen», sagt sie. Er habe aber vor allem rasch ein Impfzertifikat haben wollen. Doch dies sei nicht möglich gewesen vor der zweiten Impfung vier Wochen später. «Wir waren irritiert», so die Mutter.
Ortswechsel: Eine Frau, ebenfalls von der Covid-Erkrankung genesen, lässt sich im Impfzentrum Winterthur piksen. Sie möchte «zur Sicherheit» auch einen zweiten Impftermin wahrnehmen. Doch man teilt ihr mit, dies sei nicht nötig. Die Frau insistiert, das Personal holt den diensthabenden Arzt. Dieser gibt das Okay für die zweite Impfung vier Wochen später.
Nochmals Ortswechsel: Ein Mann erhält die Nadel im Impfzentrum Triemli in Zürich. Er war im letzten Herbst an Corona erkrankt. Er berichtet, man habe ihn kurz gefragt, ob er eine zweite Impfung wolle, ohne begleitende Kommentare. Er lehnte ab. Sache erledigt. Jetzt hat er sein Zertifikat auf der App. Ähnliche Szenerie in der Messe Zürich. Beim Vorgespräch ist eine zweite Impfung für die Frau, auch sie hat die Krankheit durchseucht, kein Thema. In der Kabine fragt die Impfende aber nach, ob sie tatsächlich auf die zweite Dosis verzichtet. Sie tuts.
Impflogik vs. Einreiseregel
In Uster diese Empfehlung, in Winterthur eine andere, während Zürich neutral bleibt. Diese Momentaufnahmen sorgen für Verwirrung: Was gilt nun?
Die Antwort ist leider nicht eindeutig. Laut der Zürcher Gesundheitsdirektion (GD) sind die Impfzentren angehalten, sich an die Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif) zu halten. Diese empfiehlt nach bestätigter Infektion eine Impfdosis. Laut Ekif ist die Verabreichung von zwei Impfdosen nicht nachteilig, aber nicht notwendig, da die Immunantwort nicht weiter zunimmt.

Ähnlich äussert sich das Impfzentrum Winterthur. Man halte sich an die offiziellen Empfehlungen. Mit einer Impfung nach durchgestandener Krankheit entwickle sich ein vollständiger Impfschutz. Nach der Genesung trotzdem zweimal geimpft werden aber Menschen, die als Risikopatienten gelten, schreibt Urs Meier, Arzt am Impfzentrum Winterthur. Das betrifft Personen mit geschwächtem Immunsystem – etwa aufgrund des Alters, gewisser Krankheiten, Chemotherapien oder anderer Medikamente.
Und Uster? «Wir erachten es als unsere Pflicht, die Besucher darüber aufzuklären, dass gewisse Länder zur Einreise trotz Genesung zwei Impfungen voraussetzen», schreibt Projektleiter Joel Meier.
Ausnahme Grossbritannien
Das bestätigen sowohl die GD wie das BAG. Laut BAG entscheiden auch die EU-Länder selbst darüber, ob Personen mit überstandener Corona-Erkrankung mit einer einzelnen Impfung als vollständig immunisiert gelten. Das werde aber auf europäischer Ebene und für «Genesene im Reisekontext» empfohlen. Sowohl die Schweiz wie auch ihre Nachbarländer behandeln Genesene mit einer Impfdosis gleich wie Nichterkrankte mit zwei Impfungen.
Das Nicht-EU-Land Grossbritannien aber bestand bisher auf einer Impfung mit zwei Dosen, wobei eine Änderung dieser Regel diskutiert werde, wie das BAG mitteilt. «Vor Reisen empfehlen wir deshalb, sich genau über die aktuellen Einreisebestimmungen des Ziellandes zu informieren», schreibt das BAG. Auf Wunsch müsse Genesenen mit einer Impfung aber ein Covid-Zertifikat ausgestellt werden.
Keine «temporären» Zertifikate
Das Problem: In Zürich gibt es kein «temporäres» Zertifikat, wie die GD mitteilt. Genesene, die zwei Impfungen möchten, erhalten das Covid-Zertifikat erst nach dem zweiten Piks. Wenn sie das kostbare Dokument schon nach der ersten Impfung haben wollen, müssen sie auf die Zweitimpfung verzichten. Diese Option hat der Jugendliche in Uster schliesslich gewählt.
Und falls er sich doch noch ein zweites Mal impfen lassen will, kann er später spontan als Walk-in-Gast ins Impfzentrum gehen.
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