Zoff bei Red BullVerstappens Teamkollege: «Er hat gezeigt, wer er wirklich ist»
Der Weltmeister hätte beim GP von Brasilien Sergio Pérez vorbeilassen sollen. Er weigerte sich – und zog die Wut auf sich. War es eine Rache-Aktion?
Die grossen Champions machen sich gegen Ende Saison noch etwas grösser. Wenn sie den WM-Titel schon auf sicher haben, es um nichts mehr geht, dann gibt es das Zückerchen für den Teamkollegen.
So schenkte McLaren-Pilot Ayrton Senna Compagnon Gerhard Berger 1991 in Japan den Sieg; oder drosselte Michael Schumacher 2002 in Indianapolis das Tempo für ein «Fotofinish» mit Kollege Rubens Barrichello. Der Brasilianer rollte dann gar zum Triumph.
Am Sonntag in São Paulo ist es an Max Verstappen, Grösse und Dankbarkeit zu zeigen. Es ist das zweitletzte Rennen der Saison, Verstappen steht längst als Weltmeister fest. Doch anstatt sich grösser zu machen, macht er sich nur kleiner.
Es läuft die vorletzte Runde. Red Bulls Renningenieur Gianpiero Lambiase bittet den Niederländer, Teamkollege Sergio Pérez vorbeizulassen. Schliesslich geht es für den Mexikaner noch um Rang 2 in der WM und für das österreichische Team um den ersten Doppelsieg in der Fahrerwertung überhaupt. Und für Verstappen? Um nichts. Dennoch ignoriert er den Funkspruch. Dabei hätte er nicht einmal den Sieg hergeschenkt, ja nicht einmal einen Podestplatz. Rang 6 hätte er Pérez überlassen sollen. Verstappen bringt es nicht über sich.
«Ich habe euch schon einmal gesagt, dass ihr mich das nicht noch einmal fragen sollt, Jungs, okay? Habt ihr verstanden?»
Der verdutzte und hörbar ernüchterte Renningenieur Lambiase fragt nach, was passiert sei. Verstappens Antwort: «Ich habe euch schon einmal gesagt, dass ihr mich das nicht noch einmal fragen sollt, Jungs, okay? Habt ihr verstanden? Ich habe meine Gründe und ich bleibe dabei.»
Pérez reagiert noch auf der Auslaufrunde via Funk: «Vielen Dank dafür.» Und dann: «Er zeigt, wer er wirklich ist.»
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Verstappen und Pérez galten als das perfekte Duo: der 25-jährige Jungstar aus den Niederlanden auf der einen Seite; der 32-jährige Ex-Sauber-Pilot aus Guadalajara auf der anderen. Das Bild hat ziemlich grosse Risse erhalten.
Die Kritik, die auf Verstappen niederprasselte, hat es in sich. Natürlich vorab in den sozialen Medien und Kommentarspalten der Fachportale, aber auch im Fernsehen. So sagt Ex-Pilot Ralf Schumacher bei RTL: «Wir wissen, dass Max und sein Vater eine Strassenkämpfer-Mentalität haben, einen Egoismus. Natürlich ist er damit supererfolgreich, aber menschlich ist das nicht ganz sauber.»
Es wäre an der Zeit gewesen, Pérez etwas zurückzugeben, befand der jüngere Bruder von Michael Schumacher. Zumal der Lateinamerikaner vor allem am ersten Titel Verstappens stark beteiligt war: Beim umstrittenen Finalrennen in Abu Dhabi 2021 wehrte er sich so lange und mit waghalsigen Manövern gegen WM-Leader Lewis Hamilton, bis Verstappen aufgeschlossen hatte. Ohne Pérez hätte der Niederländer kaum die Chance erhalten, den Briten in der letzten Runde noch zu überholen und Weltmeister zu werden. Pérez gab das Rennen auf Anweisung seines Teams gar auf, damit er dem erfolgshungrigen jungen Mann mit dem ehrgeizigen Vater Jos Verstappen, einst ebenfalls Formel-1-Pilot, nicht mehr in die Quere kam.
Entsprechend fielen seine Äusserungen nun aus, nach diesem Grand Prix von Brasilien: «Ich bin wirklich überrascht. Nach allem, was ich für ihn getan habe, ist das enttäuschend, wenn ich ehrlich bin.» Und: «Wenn er jetzt zwei WM-Titel hat, dann hat er das mir zu verdanken.» Und auch noch: «Mir wurde gesagt, ich soll ihn durchlassen. Ich würde dann die Position wieder zurückerhalten.» So weit also kam es nicht. Welche «Gründe» Verstappen haben könnte? «Keine Ahnung.» Auch Verstappen schwieg sich erst aus. Sagte dann aber, es sei in der jüngeren Vergangenheit «etwas vorgefallen», was ihn dazu trieb.
Ist Pérez in Monaco absichtlich verunfallt?
Tom Coronel, einst erfolgreicher Tourenwagenfahrer und der Familie Verstappen ziemlich nahe, mutmasste im niederländischen Fernsehen, der Grund könnte im GP von Monaco gefunden werden. Dort verunfallte Pérez kurz vor Ende des Qualifyings auf ziemlich seltsame Weise vor dem Tunnel-Eingang – sein Auto drehte sich in die Leitplanken. Damit verhinderte er, dass die Konkurrenz – inklusive Verstappen – noch eine schnelle Runde drehen konnte.
Die Reifen hätten nicht genügend Temperatur gehabt, sagte Pérez, «ich habe ein bisschen mit dem Gas gespielt und so die Kontrolle verloren». So startete er als Dritter und einen Rang vor seinem Teamrivalen zum Grand Prix. Er gewann das Rennen gar, Verstappen wurde Dritter. Ob das wirklich die Ursache war für dessen Verhalten? Red-Bull-Teamchef Christian Horner jedenfalls sagte, Verstappen habe «ein Gedächtnis wie ein Elefant».
Am Sonntagabend kam es zur Red-Bull-Krisensitzung im kleinen Kreis mit Horner, Sportchef Helmut Marko, den Fahrern und Verstappens Manager. Hinterher demonstrierten sie Einigkeit. Die Piloten hätten sich die Hand geschüttelt, sagte Horner. «Abgehakt und geklärt», befand Marko. Und Verstappen: «Es ist gut, dass wir darüber gesprochen haben. Es ist alles geklärt, was im Raum stand.»
Sie würden jetzt, so betonten das die Beteiligten inklusive Verstappen, «alles daransetzen», dass Pérez im letzten Rennen in Abu Dhabi noch am punktgleichen Ferrari-Piloten Charles Leclerc auf Rang 2 vorbeikommt. Und wenn das nicht gelingt? Kann Verstappen nur hoffen, dass Pérez kein Gedächtnis hat wie ein Elefant.
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