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US-Notenbank beschliesst historische Leitzins-Senkung

Für Banken in den USA wird es billiger, sich Geld zu leihen. (Foto: Reuters)
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Wenn jemand noch Zweifel daran gehabt haben sollte, dass die Ausbreitung des Coronavirus die Weltwirtschaft in die schwerste Krise seit Jahrzehnten stürzen könnte, dann hat die US-Notenbank jetzt für Klarheit gesorgt: Die Fed senkte am Sonntagabend ihren wichtigsten Leitzins überraschend um einen ganzen Punkt auf knapp über null Prozent und kündigte zudem an, in den kommenden Monaten Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere im Wert von 700 Milliarden Dollar zu kaufen.

Der Diskontsatz, zu dem Kreditinstitute kurzfristige Notdarlehen bei der Zentralbank aufnehmen können, liegt mit 0,25 Prozent ab sofort sogar niedriger als während der Weltfinanzkrise des Jahres 2008. Ziel aller Massnahmen ist es zu verhindern, dass die wirtschaftliche Talfahrt in den USA und weiten Teilen der Welt durch zu hohe Zinsen, mangelnde Liquidität und Verwerfungen auf den Finanzmärkten noch beschleunigt wird.

Mit der Verabschiedung ihres umfassenden Hilfspakets unterstreicht die Fed ihren Willen, zumindest die ökonomischen Folgen der Corona-Krise so gut wie möglich abzufedern. Dafür spricht sowohl das höchst ungewöhnliche Ausmass des Zinsschritts als auch der der Zeitpunkt: Ursprünglich nämlich hatte der zinspolitische Ausschuss der Notenbank erst an diesem Mittwoch zusammenkommen wollen. Dass die Sitzung vorgezogen wurde, zeigt, dass die Bilder abstürzender Börsenkurse und von Hamsterkäufen in den Supermärkten des Landes die Währungshüter nicht unbeeindruckt gelassen haben.

Positive Reaktionen

Entsprechend positiv fielen die ersten Reaktionen von Experten aus. Adam Posen, der Präsident des renommierten Peterson-Instituts für Internationale Wirtschaft, etwa sprach von einer «grossartigen» Entscheidung der Fed. Die Notenbank agiere «nicht nur mit dem richtigen Tempo, sondern setzt auch die übrigen Politikakteure unter Druck», schrieb er auf Twitter.

Posen griff damit Äusserungen anderer Fachleute auf, die schon vor der Fed-Entscheidung betont hatten, dass sich die grossen Notenbanken der Welt zwar am Kampf gegen eine Corona-Rezession beteiligen müssten, die Hauptverantwortung aber bei den Regierungen und Parlamenten liege. Darauf verwies am Sonntagabend einmal mehr auch der Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman. Er verstehe zwar den Impuls der Fed, «die Bazooka abzufeuern», erklärte Krugman unter Anspielung auf das Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Euro-Krise. «Aber es ist schwer zu glauben, dass Zinssenkungen viel helfen werden, wenn die Konsumnachfrage einbricht. Was wir wirklich brauchen, ist die Finanzpolitik.»

Probleme auch wegen geschlossener Geschäfte

Tatsächlich werden die Notenbanken angesichts der ja zuvor schon ungewöhnlich niedrigen Zinsen wohl wenig ausrichten können, um den Konsum zu befeuern. Hinzu kommt, dass die Corona-Krise nicht nur die Nachfrage lähmt, sondern darüber hinaus auch das Angebot von Warenherstellern und Dienstleistern teils stark beschränkt: Viele Produzenten müssen die Fertigung einstellen, weil ihnen Bauteile – etwa aus China – fehlen, Dienstleister haben damit zu kämpfen, dass die Behörden ihre Geschäfte schliessen oder etwa Flugreisen untersagen. Bei der Bekämpfung derartiger Probleme sind Zentralbanken schlicht machtlos.

Fed-Chef Jerome Powell betonte nach der Sondersitzung des geldpolitischen Ausschusses dennoch, dass seine Institution «alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen wird», um mögliche wirtschaftliche Nöte der Bürger und Unternehmen zu lindern. Das Coronavirus habe «einen tiefgreifenden Effekt auf die Menschen in den Vereinigten Staaten und in aller Welt». In einer schriftlichen Mitteilung erklärte die Fed zudem, sie werde die sogenannte Tagesgeldzielspanne auf dem neuen, deutlich niedrigeren Niveau von null bis 0,25 Prozent halten, bis sie überzeugt sei, «dass die Wirtschaft die jüngsten Probleme gemeistert hat und wieder auf Kurs ist.»

Trump ist «sehr glücklich»

Die Währungshüter verwiesen zudem darauf, dass man mit der EZB sowie den Notenbanken Kanadas, Englands, Japans und der Schweiz vereinbart habe, die zinsgünstige Versorgung aller wichtigen Wirtschaftsregionen der Welt mit US-Dollar sicherzustellen. Das ist deshalb wichtig, weil die US-Währung auch ausserhalb der Vereinigten Staaten bei vielen Geschäften verwendet wird. Ausländische Geschäftsbanken müssen entsprechend Dollar vorhalten. Die Fed hatte diese sogenannten «Swap»-Linien mit anderen grossen Notenbanken auch während der Finanzkrise ausgiebig genutzt.

US-Präsident Donald Trump bezeichnete die Entscheidungen der Fed als «gute Nachricht», die ihn «sehr glücklich macht». Trump hatte Powell schon vor Ausbruch der Corona-Krise immer wieder beschimpft und ihm vorgeworfen, an zu hohen Zinsen festzuhalten. Dabei hatte er aus Sicht beinahe aller Experten allerdings teils hanebüchene Argumente vorgebracht, darunter den Vorwurf, es sei «ungerecht», dass die Zinsen in den USA höher seien als etwa in Europa. Tatsächlich ging es Trump bei seinen Forderungen wohl weniger um die Bewältigung konkreter Probleme als darum, die Fed im Präsidentschaftswahljahr 2020 zu einer Zinssenkung zu nötigen und damit das Wirtschaftswachstum künstlich aufzuhübschen.