Höhlenmord am BruggerbergUneinigkeit über Art der Massnahme
Als «eiskalt, heimtückisch und ausserordentlich grausam» bezeichnete die Staatsanwältin am zweiten Prozesstag die Tat. Anklage und Verteidigung sind sich uneinig.
Am zweiten Prozesstag um den Bruggerberg-Mord haben am Dienstag die Staatsanwältin, der Verteidiger und der Vertreter der Opferangehörigen ihre Anträge gestellt und begründet.
Die Staatsanwältin forderte eine Verurteilung des Beschuldigten wegen Mordes, Mordversuchs und einiger Nebendelikte. Angemessen sei eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren und 4 Monaten. Es sei eine stationäre Massnahme anzuordnen, wie das Gesetz sie für schwer gestörte Täter vorsehe. Angesichts der Gefährlichkeit des Beschuldigten sei ein «kontrolliertes, gesichertes» Setting nötig.
Der Verteidiger plädierte für 12 Jahre Freiheitsentzug. Dass es sich bei der Tat um Mord handelte, sei unbestritten, räumte er ein. Es sei eine schreckliche Tat gewesen, die der Beschuldigte auch eingestanden habe. Eine Massnahme sei nötig, wenn der 23-Jährige einst ein deliktloses Leben solle führen können. Allerdings sei die mildere Variante für junge Erwachsene angebracht. Wenn diese nicht genüge, könne man immer noch einen Wechsel vornehmen.
Am 7. April 2019 hatte er einen 24-jährigen Kollegen unter dem Vorwand einer Mutprobe dazu gebracht in eine Höhle am Bruggerberg zu kriechen. Dann schüttete er den Eingang mit Steinen und Erde zu. Der Eingeschlossene hatte keine Überlebenschancen. Ein Jahr später wurde die Leiche entdeckt. Wiederum ein Jahr später wurde der Beschuldigte festgenommen. Laut Psychiater hat der junge Mann eine dissoziale Störung, leidet an ADHS und weist einen IQ von 71 auf.
«Der blanke Horror»
Der Beschuldigte habe sein Opfer lebendig begraben und «elend verrecken lassen», sagte der Vertreter der Opferangehörigen. Eingeschlossen durch den vermeintlich besten Freund habe der 24-Jährige «den blanken Horror» erlebt. Er verlangte eine Verurteilung des Schweizers gemäss Anklage. Zudem habe der Beschuldigte den Eltern und den beiden Schwestern des Getöteten Schadenersatz- und Genugtungszahlungen in der Höhe von insgesamt über 200'000 Franken zu entrichten. Laut Verteidiger anerkennt der Beschuldigte die Forderungen.
Laut Staatsanwältin hat der Beschuldigte am Bruggerberg aus niedrigen Beweggründen, eiskalt, heimtückisch und ausserordentlich grausam gehandelt. Ein klarer Fall von Mord also. Den Vorfall eine Woche zuvor, als der Beschuldigte bei einer Bergwanderung im Tessin den Freund aus Ärger einen Steilhang hinunter stiess, qualifizierte die Anklägerin als versuchten Mord. Mit viel Glück überlebte der jungen Mann mit blossen Schürfungen. Weil er und seine Familie nichts ahnten von der Neigung des Beschuldigten zu Gewalttaten, erkannten sie nicht das Absichtliche an dem Vorfall. Sie nahmen an, es habe sich um ein Versehen, einen Unfall gehandelt und unternahmen nichts.
«Kein Mordversuch»
Der Verteidiger verlangte dagegen einen Freispruch vom Vorwurf des Mordversuchs. Dafür gebe es keine Beweise und kein Geständnis. Es habe sich um einen Unfall gehandelt, vermutlich wegen ungeeigneter Ausrüstung. Es lasse sich heute nicht mehr rekonstruieren, was damals geschah. Freisprüche seien auch in Bezug auf einige Nebendelikte angezeigt.
Die Anklägerin schilderte die Verbindung der beiden jungen Männer. Für das spätere Opfer war der ein paar Jahre Jüngere «der ersehnte beste Freund». Dieser habe rasch gemerkt, dass er den älteren herumkommandieren könne. Die Drohung mit Freundschaftsentzug habe fast immer gewirkt.
Zudem habe der von der IV lebende Beschuldigte den Freund auch finanziell ausgenutzt. Gleichzeitig war er neidisch wegen des angeblich besseren Lebens des andern. Dazu kam Eifersucht, als der 24-Jährige sich kurz vor seinem Tod zu distanzieren begann.
Aus Platzgründen findet die Verhandlung in einem Saal der Mobilen Polizei Aargau in Schafisheim AG statt. Am Mittwoch beraten die Richterinnen und Richter das Urteil. Dieses soll am späteren Donnerstagnachmittag eröffnet werden.
SDA
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