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Der Appell der Jungparteien
Umarmt euch nicht!

Sarah Bünter, Präsidentin der Jungpartei der CVP.
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Der Appell kommt rechtzeitig zum Wochenende. Er kommt, bevor die Jungen in den Ausgang gehen, sich umarmen, küssen und sich nahe kommen. Er lässt sich auf drei Wörter reduzieren: «Tut es nicht!» Schüttelt keine Hände, umarmt niemanden, haltet Abstand. Bleibt zu Hause, wenn ihr hustet und fiebrig seid. Und: Aktiviert die Covid-19-App.

Dieser Appell kommt nicht vom Bundesrat und auch von keinem Kantonsarzt. Er kommt von den Jungparteien von FDP, CVP, GLP, BDP und EVP. Sie wollen damit aufzeigen, wie ernst die Situation zurzeit ist und wie wichtig es gerade auch für die Jungen ist, die Corona-Regeln zu befolgen: «Wenn wir einen zweiten Lockdown verhindern wollen, dann braucht es die Mithilfe aller», sagt Sarah Bünter, Präsidentin JCVP Schweiz.

Wie sie beobachtet, waren viele Jugendliche bis zum letzten Sonntag, bis zur Notfallsitzung des Bundesrats, noch sehr unbekümmert. Manche glaubten etwa, sie könnten sich zur Begrüssung umarmen, wenn sie nur eine Maske tragen. In Bünters Freundeskreis haben sich etliche angesteckt. Da sie aber keine Symptome hatten, hatten sie es erst nicht bemerkt und auch ihr Verhalten nicht angepasst. «Den Jungen, die oft unterwegs sind, kommt deshalb eine besondere Verantwortung zu», sagt sie.

«Jetzt müssen wir verzichten»

Die Idee zum Appell hatte Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen. Als er den Video-Hilferuf des vollen Spitals in Schwyz sah, fragte er sich: «Was können wir Jungparteien tun?»

«Wenn wir die Jugendlichen auffordern, die Corona-Regeln einzuhalten, ist dies glaubwürdiger, als wenn es der Bundesrat tut», sagt er. Wenn dieser von Verantwortung und Vernunft spreche, hörten es die Jungen wohl. Aber in dieser Tonalität hole man keinen einzigen Jungen ab, der seit Monaten unter Freiheitsentzug leide und je nach Wohnort weder ins Kino noch an ein Fussballspiel gehen könne.

Schliesslich geht es den Jungpolitikern gleich wie ihnen. Als Doktorand sitzt Matthias Müller oft allein zu Hause und arbeitet. Umso wichtiger ist es für ihn, dass er ins Gym, ins Fitness, gehen kann, wo er Freunde trifft und mit ihnen «pumpt». «Dieser soziale Austausch ist für uns alle wichtig, und wenn das nicht möglich ist, dann fehlt etwas Wichtiges.»

Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen.

Im Gespräch fällt immer wieder ein Wort, das eigentlich linkes Vokabular ist: Solidarität. «Jetzt müssen wir Jungen verzichten, um den Älteren nicht zu schaden», sagt Sarah Bünter dazu. Schliesslich seien auch sie auf die Älteren und auf eine funktionierende Wirtschaft angewiesen. Viele Junge hätten bereits ihre Stelle verloren und merkten, dass es nicht mehr so einfach sei, eine neue zu finden. Sie selber jobbt nebenbei in einer Bar. Dort zeigen sich die Folgen der Krise klar: Es kommen immer weniger Gäste, der Umsatz schrumpft, und es bleibt weniger Geld, um die Löhne zu bezahlen.

Auch Sarah Bünter sagt, dass sie verzichtet: Ihr Vater gehört zur Risikogruppe, deshalb geht sie schon länger «möglichst wenig» an Konzerte, trifft sich nur noch im kleinen Freundeskreis und trug schon Maske, als sie deswegen schief angeschaut wurde.

Eine Jobgarantie vom Staat

Einige Jungparteien fehlen allerdings beim Appell. Die Junge SVP, die sich wegen des Datenschutzes am Aufruf störte, die Covid-19-App zu aktivieren. Und die linken Jungparteien. «Wir können das Problem nicht mit einem Appell an die Eigenverantwortung lösen», begründet Juso-Präsidentin Ronja Jansen ihr Abseitsstehen. Sie stört sich grundsätzlich daran, dass die Verantwortung an Privatpersonen überbürdet und der Staat aus der Pflicht entlassen werden soll. Die Juso wollen vielmehr jene zur Kasse bitten, die von der Krise profitierten, was auf zusätzliche Steuern hinausläuft. Zudem fordern sie eine Jobgarantie vom Staat. Arbeit gebe es genug, sagt Ronja Jansen, gerade im Gesundheits- oder Umweltbereich.

Bereits arbeiten die fünf bürgerlichen Jungparteien an einer Folgeaktion, an einem Video, in dem jeder Jungpräsident ein Statement abgibt, wie Matthias Müller sagt. Was sie mit ihrer Aktion bewirken, können sie schwer abschätzen. Sicher ist aber: «Zusammen erreichen wir über die sozialen Medien Tausende.»