Treibstoffdepot in Russland beschossenUkraine greift direkt russisches Territorium an
Mit dem Beschuss durch Helikopter habe die ukrainische Armee einen Grossbrand in der russischen Stadt Belgorod ausgelöst, sagen die lokalen Behörden. Experten warnen vor einer gefährlichen Eskalation.
Die ukrainische Armee hat offenbar über die Grenze hinweg die russische Stadt Belgorod beschossen, die knapp 40 Kilometer von der Ukraine entfernt liegt. Experten warnen, der direkte Angriff auf russisches Territorium könnte eine gefährliche Eskalation nach sich ziehen. Die ukrainische Armee habe am frühen Freitagmorgen in Belgorod ein grosses Treibstoffdepot in Brand geschossen, sagte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Die Aktion sei von zwei Helikoptern im Tiefflug ausgeführt worden.
Belgorod mit seinen 370’000 Einwohnern liegt nur wenige Dutzend Kilometer nördlich der zweitgrössten ukrainischen Stadt Charkiw, welche die letzten Wochen von der russischen Armee heftig beschossen wurde. Bilder zeigen den Grossbrand in Belgorod unmittelbar neben Wohnhäusern, die Menschen seien evakuiert worden, sagte Gladkow. Bei dem Angriff seien zwei Arbeiter verletzt worden. Videos zeigen den Einschlag von Geschossen, danach erfolgt eine heftige Explosion. In einem anderen Video ist auch der Abflug von zwei tief fliegenden Militärhelikoptern zu sehen. Später am Tag hiess es aus der Stadt, die Raketenabwehr habe ein Geschoss abgefangen. Eine Rakete aus der Ukraine soll laut russischen Informationen dann am Mittag im Dorf Nikolskoje eingeschlagen haben, rund 12 Kilometer von Belgorod entfernt.
Es ist nicht der erste Zwischenfall über die Grenze hinweg. Zwei Tage zuvor war aus unbekannten Gründen ein Munitionsdepot in der Region explodiert, das für Stunden brannte. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt. Die Behörden widersprachen aber Berichten, dass der Grund ein ukrainischer Raketenbeschuss gewesen sei, die Explosion sei durch Nachlässigkeit des Personals ausgelöst worden. Auch Kiew bestritt einen Angriff. Bestätigt ist hingegen der Beschuss mit einer ukrainischen Totschka-Rakete auf einen Militärflugplatz in Millerowo kurz nach Beginn des Krieges. Die Stadt liegt gut 20 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Dabei wurden offenbar Flugzeuge zerstört, auf dem Flugplatz brach ein Feuer aus.
Russland reagiert zunächst nur verhalten auf die Berichte über den Beschuss von Belgorod. Es sei ein Luftangriff der ukrainischen Armee gewesen, bestätigte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Präsident Wladimir Putin sei über den Vorfall informiert. Der Zwischenfall schaffe natürlich keine gute Ausgangslage für die Fortsetzung der Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, die am Freitag per Video wieder aufgenommen wurden, sagte Peskow. Weiter wollte er den Beschuss nicht kommentieren, dies sei Sache des Militärs.
«Ich möchte betonen, dass sich die Ukraine selbst verteidigt. Das bedeutet nicht, dass die Ukraine für alle Katastrophen und Ereignisse verantwortlich ist, die auf dem Gebiet der Russischen Föderation geschehen.»
Die Ukraine hat den Angriff nicht bestätigt, hat ihn aber auch nicht dementiert. «Ich möchte betonen, dass sich die Ukraine selbst verteidigt. Das bedeutet nicht, dass die Ukraine für alle Katastrophen und Ereignisse verantwortlich ist, die auf dem Gebiet der Russischen Föderation geschehen», sagte der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Es sei nicht das erste Mal, dass es solche Anschuldigungen gebe. Er könne den Vorfall weder bestätigen noch dementieren, sagte auch Aussenminister Dmitro Kuleba, er verfüge nicht über die entsprechenden militärischen Informationen.
Derweil stiess die ukrainische Armee am Freitag in der Region Kiew weiter gegen Norden vor und nahm 15 Dörfer unter ihre Kontrolle, die zuvor von Russland erobert worden waren. Moskau hatte Anfang Woche eine Reduzierung der Militäraktionen im Grossraum der Hauptstadt angekündigt. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski lobte seine Truppen für den Vormarsch, warnte aber vor neuen, harten Kämpfen im Osten des Landes, insbesondere in den Regionen Donezk, Luhansk und in Mariupol. Die russischen Truppen haben das belagerte Mariupol nach Angaben der Stadtverwaltung am Freitag von der Aussenwelt abgeschnitten. In die Stadt im Süden der Ukraine zu gelangen, sei nicht möglich, hiess es aus dem Umfeld des Bürgermeisters.
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