Der Tscheche mit dem Schweizer Herzen«Liebe Fans, seid nicht zu traurig! Die Schweiz wird noch Gold holen»
Josef Marha spielte zwölf Jahre beim HC Davos, fünfmal wurde er Meister. Der Tscheche schreibt, wie der WM-Final für ihn zur hochemotionalen Angelegenheit wurde.
Ich war am Sonntagabend als Experte im tschechischen TV. WM-Final Tschechien - Schweiz, das war für mich keine einfache Sache. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Nicht nur habe ich von 2001 bis 2013 beim HC Davos gespielt, in dieser Zeit kam auch mein Sohn Simon auf die Welt.
Und ich bin immer noch eng mit der Schweiz verbunden: Simon spielt beim EHC Chur, wo meine ehemaligen Teamkollegen Jan und Reto von Arx Trainer sind. Ich besuche die Schweiz nach wie vor regelmässig. Mittlerweile kenne ich persönlich mehr Spieler vom Schweizer Team als vom neuen Weltmeister. Ich hätte Gold also auch der Mannschaft von Patrick Fischer gegönnt. Natürlich konnte ich das live am tschechischen TV so nicht sagen.
Apropos «Fischi». Als ich in Davos begann, platzierte mich Trainer Arno Del Curto in diese Linie: Ich war Center, links neben mir stürmte Patrick Fischer und rechts Andres Ambühl. Das war vor 23 Jahren, und Büeli spielt immer noch! Er besuchte mich während der WM in meinem Schuhgeschäft in Prag, wir plauderten zwei Stunden lang über die guten alten Zeiten. Ich werde noch diese Woche wieder in Davos sein, wir haben abgemacht, unsere Gespräche weiterzuführen.
In der Schweiz ist man sicher enttäuscht über die Niederlage. Liebe Fans, seid nicht zu traurig! Ihr wart am Sonntag nahe dran. Ich glaube, dass der harte Halbfinal gegen Kanada der Schweiz die Energie geraubt hatte. Gleichzeitig verlieh das unglaubliche Publikum im Final den Tschechen zusätzliche Energie. Das kann den Unterschied ausmachen. Ich bin überzeugt, dass diese Schweizer Mannschaft es noch schaffen wird, Gold zu holen.
Für mich war das der richtige Final. Die Schweiz wäre ein guter Champion gewesen, die Tschechen sind nun ein grossartiger Champion. Nur die Schweden waren besser an diesem Turnier, allerdings bloss in der Gruppenphase. Was zählt, sind aber die K.-o.-Spiele, das Playoff der WM.
Ähnliche Probleme wie in der Schweiz
Für Tschechien ist der Titel eine grossartige Leistung. Aber wie in der Schweiz ist auch bei uns der sofortige Blick in die Zukunft wichtig. Wir haben ähnliche Probleme, wenn auch auf einem noch etwas höheren Niveau. Aber wenn man die Kader der Schweden, Kanadier oder US-Amerikaner anschaut, muss man feststellen: Auch wir haben nicht mehr diese Masse an solchen Spielern wie diese Nationen. Absolute Topspieler in der NHL sind noch Filip Hronek, David Pastrnak, Martin Necas und Pavel Zacha – Letzterer ist aber nicht wirklich ein Star, eher ein Allrounder auf der Centerposition.
Erfolge an einer WM schliesst das nicht aus, weil Eishockey immer noch ein Teamsport ist. Und wenn du so viele Stars aufbietest wie Schweden, kann das auch Probleme bereiten. In Tschechien sagen wir: Es kommt nicht gut, wenn du zehn Hähne in einem Hühnerstall hast. Man kann auch mit fünf NHL-Spielern und weiteren guten Athleten aus Europa ein Team aufstellen, das Gold gewinnen kann. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das gilt für die Nationalmannschaft genauso wie für die Ausbildung der Spieler. Darum, liebe Schweizer: Gebt nicht auf, geht euren Weg weiter, und ihr werdet belohnt!
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