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Trump reagiert auf Bidens Frontalattacke mit Sarkasmus

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Bereits mit seinem ersten Wort machte Joe Biden am Donnerstag klar, dass er mit einer verbalen Frontalattacke gegen US-Präsident Donald Trump in den Präsidentschaftswahlkampf steigt. «Charlottesville» ertönt in seinem ersten Kampagnenvideo bereits, bevor das Gesicht des 76-Jährigen richtig eingeblendet ist. Biden kommt aber nicht direkt auf die Demonstrationen von Rechtsextremen im August 2017 zu sprechen, sondern setzt ganz fundamental an: «Charlottesville ist das Zuhause des Autors eines der grossen Dokumente der Menschheitsgeschichte», so Biden. Er spielt damit auf Thomas Jefferson an, den Hauptautor der US-Unabhängigkeitserklärung, und zitiert den berühmten zweiten Satz: «Wir erachten diese Wahrheiten für selbstverständlich: dass alle Menschen gleich geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräusserlichen Rechten ausgestattet sind ...» Biden lancierte seine Kampagne denn auch unter dem Slogan «Amerika ist eine Idee».

Im Video folgt die düstere Wende bereits nach gut 30 Sekunden: Charlottesville sei eben auch der Ort eines definierenden Moments der letzten Jahre, so Biden. Das Video zeigt Bilder des Fackelzugs und der Demonstrationen. Den Terroranschlag eines 20-jährigen Neo-Nazis, der sein Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten fuhr, erwähnt Biden nicht. Er geisselt Trump für seine Reaktion auf die Ereignisse: Nach einem Aufmarsch von Rassisten und Antisemiten «hörten wir Worte des Präsidenten, die die ganze Welt erschütterten. Er sagte, es gebe ‹sehr feine Leute auf beiden Seiten›». Schnitt, Bidens Gesicht ganz gross, er schaut kontrolliert empört in die Kamera: «Sehr feine Leute auf beiden Seiten?»

In diesem Moment sei ihm klar geworden, dass die USA in einer Weise bedroht seien, «wie ich es nie zu meiner Lebenszeit gesehen habe». Das Land befinde sich «in einer Schlacht um die Seele dieser Nation», so Biden. Sollte Trump eine weitere Amtszeit bekommen, «wird er für immer und grundlegend den Charakter dieser Nation verändern», warnte Biden. «Ich kann nicht danebenstehen und das geschehen lassen.»

Trumps Reaktion liess nicht lange auf sich warten. Der US-Präsident gab dem Ex-Vizepräsidenten in einer ersten Reaktion bereits einen beleidigenden Übernamen, wie er es in den Präsidentschaftswahlen 2016 mit allen seinen Gegnern tat: «Willkommen im Rennen, schläfriger Joe», twitterte Trump, und sprach Biden auf sarkastische Weise ermunternd zu: «Ich hoffe nur, dass du die lange angezweifelte Intelligenz hast, um eine erfolgreiche Vorwahlkampagne zu führen.» Die Vorwahl der Demokraten werde «übel», so Trump. «Du wirst es mit Leuten zu tun haben, die wirklich sehr kranke und verrückte Ideen haben. Aber wenn du es schaffst, sehe ich dich am Start!»

Am Donnerstagabend doppelte Trump in einem Interview mit «Fox News» nach und sagte, er kenne Biden seit längerem, aber: «Er ist nicht gerade die hellste Leuchte in der Gruppe (bei den Demokraten)», so der Präsident. Bidens Vorwurf, er bedrohe die «Seele» der Nation, wies Trump zurück: «Wenn Leute sagen, es gebe heute eine starke Spaltung, vergessen sie, dass es auch während Obamas Amtszeit eine starke Spaltung gab.»

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Bidens Bewerbung war seit einigen Wochen erwartet worden. Mit dem moderat-pragmatischen Ex-Vizepräsidenten gibt es nun bereits 20 Anwärter bei den Demokraten auf die Kandidatur gegen Trump. Biden zählt – zumindest vorerst – zum Favoritenkreis.

Laut der Website «RealClearPolitics» liegt der Stellvertreter des früheren Präsidenten Barack Obama und langjährige Senator im Schnitt der Umfragen mit einem Wert von 29,3 Prozent im demokratischen Bewerberfeld vorn. Auf ihn folgen der 77-jährige Senator und selbsterklärte «demokratische Sozialist» Bernie Sanders mit 23 Prozent und die moderat-linke Senatorin Kamala Harris mit 8,3 Prozent.

Video: Biden, Sanders oder doch eine weibliche Kandidatin?

Unklar ist, inwieweit unlängst aufgekommene Belästigungsvorwürfe Bidens Bewerbung noch schaden könnten. Mehrere Frauen hatten berichtet, er habe sie in früheren Jahren in unziemlicher Weise körperlich berührt. Eine Frau etwa sagte, Biden habe sie ohne ihre Zustimmung auf den Hinterkopf geküsst.

36 Jahre im US-Senat

Biden ist seit mehr als viereinhalb Jahrzehnten in der Politik. Vizepräsident war er von 2009 bis 2017. Davor vertrat der Jurist 36 Jahre im US-Senat den kleinen Ostküstenstaat Delaware. Trotz seiner vielen Jahre im politischen Apparat der Hauptstadt gilt Biden als bodenständiger Typ. Er wuchs in einfachen Verhältnissen in einer von Kohle und Schwerindustrie geprägten Region des Bundesstaats Pennsylvania auf. Experten trauen Biden folglich zu, in der wichtigen Wählergruppe der weissen Arbeiterschaft zu punkten – einer Gruppe, in der Trump weiterhin starken Rückhalt geniesst.

Andererseits steht Biden aber als moderater Politiker, der viel mit den Republikanern zusammengearbeitet hat, dem aktuellen Trend bei den Demokraten entgegen. Die Partei hat sich zuletzt deutlich nach Links bewegt und ihre ethnische und kulturelle Vielfalt gesteigert. Derzeit profitiert Biden in den Umfragen offenbar nicht zuletzt auch von seinem hohen Bekanntheitsgrad.

Mit zwei früheren Anläufen auf das Präsidentenamt war Biden 1987 und 2008 schon früh in den Vorwahlen gescheitert.

AFP/mac