Wunder Punkt von Roche und NovartisTrump droht der Pharmaindustrie mit Strafzöllen – aber sie zittert vor etwas anderem
Die US-Regierung bedroht die Lieferketten von Medikamenten. Dabei hätte sie ein viel wirksameres Mittel als Strafzölle gegen die Pharmaindustrie: Preissenkungen.

- Trump droht der Pharmaindustrie mit Strafzöllen von «25 Prozent oder höher».
- Demokraten und Republikaner thematisieren im Wahlkampf hohe Medikamentenpreise.
- US-Pharmachefs wollen Trump von Preissenkungen abbringen.
Aus seiner Residenz in Florida droht US-Präsident Donald Trump der Pharmaindustrie mit Strafzöllen von «25 Prozent oder höher», wie er am Dienstag sagte. Doch tatsächlich durchsetzen wird er dies kaum.
Der US-Verband Health Care Distribution Alliance hatte schon bei Trumps erster Strafzolldrohung für Medikamente Anfang Februar gewarnt, dass dies Störungen der Lieferketten und höhere Medikamentenpreise mit sich bringen könnte.
Die Preise für Medikamente in den USA sind schon jetzt so hoch, dass sie im Wahlkampf eine wesentliche Rolle spielten. Demokraten wie Republikaner erwähnten sie in fast jeder Rede – auch Trump. Die Pharma-Chefs weltweit fürchten sich so eher vor einer Regulierung, die ihnen die freie Preisfestsetzungsmacht nimmt. Der US-Markt ist für sie nicht nur der grösste und lukrativste: Er gab ihnen bislang auch grosse Freiheit, um in kostspielige Therapien zu investieren.
US-Markt ist der Goldstandard
Novartis’ Gentherapie Zolgensma gegen eine lebensbedrohliche, seltene Muskelerkrankung kam in den USA für 2,1 Millionen Dollar auf den Markt. Ohne die Möglichkeit, den Preis so hoch ansetzen zu können, hätte Novartis die neuartige Einmal-Therapie wohl nie entwickelt.
Die USA sind so etwas wie der Goldstandard für die Pharmaindustrie. Bislang jedenfalls. Diesen Donnerstag werden laut Berichten der Wirtschaftsagentur Bloomberg ausgewählte US-Pharmachefs Trump treffen. Sie wollen ihn davon überzeugen, von ersten Preissenkungen abzurücken. Sie wurden von Präsident Joe Biden eingeführt. Nun könnten weitere folgen.
Pharmafirmen denken in Jahrzehnten, die langen Forschungs- und Entwicklungsphasen gebieten dies. Könnte sich in den USA nun tatsächlich – unter dem neuen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. – etwas Grundlegendes bei den Medikamentenpreisen ändern, bringt dies die Forschungsprogramme durcheinander. Denn Medikamente werden in Hinsicht auf ihr Umsatzpotenzial hin entwickelt.
In der Pharmabranche herrscht Angst
Chefs und Chefinnen der Pharmafirmen haben dieser Tage Angst, denn sie sehen ihr Geschäftsmodell gefährdet. Es basiert auf dem Hauptmarkt USA.
Schon vor Trumps Einsetzung als Präsident hatte er Pharmavertreter nach Florida geladen. Von diesem Treffen war durchgesickert, dass er die Idee einbrachte, die Preise für Medikamente in den USA zu senken und im Gegenzug in Europa zu erhöhen. Dies aber bedeutet einen Preiskrieg zwischen Staaten. Dagegen wären Strafzölle ein Klacks.
Was Trumps Idee von Strafzöllen betrifft: Was auch immer geschieht, Arzneimittel sind von der Welthandelsorganisation WTO explizit von Strafzöllen ausgenommen. Auch bei Sanktionen spielen sie eine Sonderrolle und dürfen weiter geliefert werden, um die Versorgung von Kranken aufrechtzuerhalten.
Auch Trump wird der Bevölkerung in den USA keine massiv höheren Preise oder einen Medikamentenmangel zumuten wollen. Ihm geht es um die Produktion der Medikamente. Sein Motiv hierbei kann nicht Schaffung von Arbeitsplätzen sein, denn die Medikamentenherstellung generiert nur eine grosse Wertschöpfung, aber kaum Jobs. Der neue US-Präsident scheint eher eine grösstmögliche Unabhängigkeit vom Ausland anzustreben.
Medikamente werden global produziert
Das wird schwierig. Denn Roche gehört in den USA zu den grössten Steuerzahlern, wie Konzernchef Thomas Schinecker im Januar betonte. Die Basler sind dort mit über 25’000 Mitarbeitenden vertreten. Die USA sind nicht nur der grösste Absatzmarkt für sie, sondern Roche hat dort auch vier Forschungs- und Entwicklungszentren für die Pharmasparte und sieben Standorte für seine Diagnostiksparte.
Die Produktion von Medikamenten ist jedoch hoch globalisiert. Rohstoffe kommen meist aus Asien, Wirksubstanzen werden vorwiegend in Industriestaaten hergestellt, die Abfüllung und Verpackung findet wiederum anderswo statt. Diese Prozesse zusammenzulegen, würde in der hochregulierten Branche, bei der jede Anlage und jedes Produkt geprüft und staatlich zertifiziert werden muss, viele Jahre brauchen und wäre nicht effizient.
Auf die Androhung von Strafzöllen reagieren Pharmakonzerne deshalb gelassen. Sie wissen, dass sie zwar nicht bei der Preispraxis, aber was die aktuelle Lieferketten betrifft, unangreifbar sind. Bei Novartis heisst es so nur: «Die neue US-Handelspolitik sollte sich darauf konzentrieren, unfaire Handelspraktiken weltweit zu beseitigen, ohne dabei Patienten zu schädigen.» Eins ist klar: Ohne Pharmaindustrie und Pharmaexporte kann Kranken nicht geholfen werden.
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