Tipps fürs Reisejahr 2024«Bei den Preisen dürfte der Peak erreicht sein»
Andrea Beffa ist Chefin des Schweizer Reise-Verbands. Sie verrät, wie man günstiger in die Ferien kommt, wie man sogar mit Kind entspannt unterwegs ist – und gleich zwei unterschätze Ziele in Italien.
Frau Beffa, als Geschäftsführerin des Schweizer Reise-Verbands sind Sie quasi die höchste Reise-Schweizerin. War das schon Ihr Kindheitstraum?
(lacht) Vielleicht unbewusst. Die Liebe fürs Reisen wurde mir jedenfalls in die Wiege gelegt, meine Eltern haben sich während der Lehre bei der Swissair kennen gelernt, und ich bin schon als Kind viel in der Welt herumgekommen. Meine Schwester ist ebenfalls in der Branche; das Reisefieber ist bei uns eine Familienkrankheit. Beruflich bin ich jetzt zwar in erster Linie eine Schreibtischtäterin. Nur ein Drittel meiner Tätigkeit findet unterwegs statt, der Rest passiert im Büro vor dem PC.
Wenn man die Schweizer Bevölkerung auf eine Person herunterbrechen würde: Wo würde sie, rein statistisch, 2024 Ferien machen?
Jetzt im Winter wärmt sie sich auf den Malediven oder in Thailand auf. Dann, ab Frühling, geht es Richtung Nordeuropa. Im Sommer steht einer der Badeklassiker auf dem Programm: Griechenland, Spanien oder die Türkei. Und dazwischen gibts den einen oder anderen Abstecher in die Nachbarländer, wo man auch mal unkompliziert mit dem Zug hinkommt.
Das ist aber eine Musterschweizerin mit üppigem Budget! Reisen ist ja merklich teurer geworden…
Wir gehen davon aus, dass 2024 der Peak erreicht sein dürfte, sowohl bei den Flug- als auch bei den Unterkunftspreisen. Vielleicht gibts da und dort noch einen Preissprung von 5 oder auch mal 10 Prozent. Unabhängig davon scheint die Reiselust aber ungebrochen. Mehr noch, sie nimmt zu. Die letzten Umfragen zeigen, dass die Leute bereit sind, fürs Reisen 10 bis 20 Prozent mehr als im Vorjahr auszugeben. Wer aufs Portemonnaie achten muss, reist lieber seltener, als bei der Qualität Abstriche zu machen.
Wie schont man sein Reisebudget am besten?
Indem man früh dran ist. Wer seine Sommer- oder sogar die Herbstferien bis März gebucht hat, kann eine schöne Stange Geld sparen. Je länger man wartet, desto knapper wird das Angebot und desto teurer wirds. Wer nicht auf die Schulferien beschränkt ist, reist klugerweise neben der Saison. Oder im Herbst, der generell immer beliebter wird, auch für Badeferien; im September ist es auch in Europa vielerorts noch warm. Schliesslich: Reisen werden oft günstiger, wenn man nicht von Samstag bis Samstag bucht, sondern an einem Wochentag an- und abreist. Angenehmer Nebeneffekt: Dann sind auch weniger Leute unterwegs.
Overtourism ist ein Riesenthema, Orte wie Venedig oder Dubrovnik versuchen, der Massen mit mehr oder minder originellen Kniffen Herr zu werden. Welche Destinationen würden Sie statt dieser Hotspots ansteuern?
In Italien hab ich unlängst Parma entdeckt, wo wir unsere letzte GV durchgeführt haben. Auch Bologna ist grandios, total authentisch. Wer dort in eine Beiz geht, sitzt noch neben Einheimischen. Statt Dubrovnik bieten sich das idyllische Trogir an der Küste von Dalmatien oder die Kulturmetropole Split an, idealweise kombiniert mit einem Abstecher auf die «Goldene Insel» Krk.
Und für Amsterdam?
Haarlem! Nur einen Katzensprung weiter, sehr entspannt, ungemein charmant.
Barcelona?
Wie wärs mit Sevilla? Eine der sonnigsten Städte Europas – und erst noch günstiger als Barcelona. Wer nach solchen Alternativen sucht, sollte sich unbedingt an einen Reiseveranstalter wenden. Die haben immer Tipps auf Lager.
Die meisten buchen dann aber doch über Onlineportale. Kein Wunder, verschwinden Reisebüros zunehmend von der Bildfläche.
Es gibt weniger Büros – das heisst aber nicht, dass es der Branche schlecht geht. Vieles verlagert sich ins Digitale, anstelle von physischen Verkaufspunkten treten Chats und Videoberatung. Unsere Erhebungen zeigen, dass jede vierte Buchung über Reisebüros und ihre diversen Buchungskanäle generiert wird, dies entspricht einem Umsatz von rund 2,5 Milliarden Franken. Wer so bucht, schätzt persönliche Beratung, das Know-how und die Sicherheit, die das Pauschalreisegesetz bietet. Und natürlich die Zeitersparnis, weil man nicht stunden- oder tagelang nach dem perfekten Angebot suchen muss.
Apropos Effizienz: Wir führen dieses Gespräch an Ihrem Mamitag, Sie nutzen den Mittagsschlaf Ihres zweijährigen Töchterchens. Reisen mit Kleinkind ist ja nicht ohne. Gibts einen ultimativen Tipp, den Sie da teilen können?
Gute Organisation ist alles. In diesem Punkt hat sich mein persönliches Reiseverhalten definitiv verändert. (lacht)
Und wenn der Nachwuchs dann mal grösser ist, welche Traumdestination darfs denn sein?
Südamerika! Da war ich tatsächlich noch nie. Ich tanze leidenschaftlich gern und möchte unbedingt mal einen Abend bei einer Milonga in Buenos Aires erleben.
Stichwort Fernziele. Das mit der Fliegerei ist ja so eine Sache. Wie hält es der Durchschnittsreiseschweizer mit der Nachhaltigkeit?
Hier wirds kompliziert. Einerseits ist der Reisehunger nach Fernzielen ungebrochen. Andererseits: Mal schnell fürs Wochenendshopping nach New York jetten, solche Aktionen sind out. Man ist bewusster unterwegs. Seltener, dafür länger. Aber das Thema spaltet das Volk: Bei Umfragen gibt ein Viertel an, Nachhaltigkeit sei kein zentrales Kriterium, wenns um Reiseplanung geht. Genauso viele suchen, umgekehrt, ihre Destinationen bewusst nach Umweltaspekten aus. CO₂-Kompensationen und der Kauf von Ökotreibstoff beim Kauf von Flugtickets stecken noch in den Kinderschuhen. Gerade mal 13 Prozent der Kunden nutzen entsprechende Angebote.
Zum Schluss wirds noch mal praktisch. Der beste Ratschlag, den Sie je zum Thema Reisen bekommen haben?
Das Unvorhergesehene zu umarmen! Das schont die Nerven – und im Rückblick ist es genau das, was nicht nach Plan lief, das die besten Geschichten und nachhaltigsten Erinnerungen liefert.
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