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Terror in Afghanistan
Taliban erschiessen Regierungsvertreter vor Moschee

Ein afghanischer Journalist filmt das Auto, in dem Daua Khan Menapal erschossen wurde.
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Nach der Taliban-Drohung gegen hohe Regierungsvertreter in Afghanistan haben die Islamisten am Freitag den Leiter des Medieninformationszentrums der afghanischen Regierung erschossen. Daua Khan Menapal wurde vor einer Moschee in Kabul in einem Auto getötet, teilte das Innenministerium am Freitag mit.

Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid teilte mit, dass Daua Khan Menapal bei einem Anschlag der «Mudschaheddin» getötet worden sei. Zuvor hatte ein Sprecher des Innenministeriums erklärt, dass «Terroristen» einen «patriotischen Afghanen zum Märtyrer gemacht» hätten. Menapal war in der Medienwelt Kabuls beliebt und dafür bekannt, die Taliban in den Online-Netzwerken an den Pranger zu stellen. Die Islamisten hatten zuletzt angekündigt, als Vergeltung für die verstärkten Luftangriffe der Armee hochrangige Regierungsbeamte anzugreifen.

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Bereits am Dienstagabend hatte sich die Taliban zu einem Anschlag in Kabul bekannt. Ein Selbstmordattentäter hatte eine Autobombe vor dem Haus von Verteidigungsminister Bismillah Mohammadi in gezündet. Aus Sicherheitskreisen hiess es, weitere Angreifer seien danach in ein Nachbarhaus gestürmt und hätten von dort aus auf Mohammadis Haus geschossen.

Der Minister überlebte den Angriff unverletzt, mindestens acht weitere Menschen wurden hingegen getötet.

Die afghanischen Streitkräfte kämpfen derzeit an mehreren Fronten gegen die Taliban, die ihre Offensiven auf mehrere Provinzhauptstädte fortsetzen. Die Regierungstruppen bombardieren weiterhin Taliban-Stellungen: Bei den Angriffen seien mehr als 400 Islamisten binnen 24 Stunden getötet worden, erklärte das Verteidigungsministerium am Freitag. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist kaum möglich.

Provinzhauptstadt im Südwesten fällt an die Taliban

Erstmals seit 2016 haben die Taliban eine Provinzhauptstadt erobert. Sarandsch in der Provinz Nimrus im Südwesten des Landes sei an die Islamisten gefallen, bestätigte die Provinz-Vizegouverneurin Ruh Gul Chairsad am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Lokalen Behördenvertretern zufolge fiel die kleine, aber wegen ihrer Lage bedeutende Stadt an der iranischen Grenze praktisch kampflos an die Taliban. Bilder in sozialen Medien zeigten Taliban-Kämpfer vor dem Sitz des Provinzgouverneurs.

Angrenzende Länder beunruhigt

Die Offensive der Islamisten sorgt in den angrenzenden zentralasiatischen Ländern Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan für grosse Unruhe. Daher ist Afghanistan auch das zentrale Thema beim Treffen der Staatsspitzen der fünf ehemaligen Sowjetrepubliken im turkmenischen Ort Awaza am Kaspischen Meer.

Der turkmenische Präsident Präsident Gurbanguly Berdymuchamedow bezeichnete Afghanistan im Staatsfernsehen als «die Frage, die uns alle beunruhigt». Russland hält unterdessen gemeinsame Militärübungen mit Tadschikistan und Usbekistan nahe der afghanischen Grenze ab.

Im Juni nahmen die Taliban den wichtigsten Grenzübergang Afghanistans zu Tadschikistan ein. Nach schweren Gefechten mit den Aufständischen flohen Teile der afghanischen Regierungstruppen nach Tadschikistan und Usbekistan. Zwar betonen die Taliban, keine Pläne für Zentralasien zu haben. Dennoch knüpften die Islamisten bereits Kontakte nach Usbekistan und Turkmenistan, da sie sich als eine Regierung im Wartestand sehen. Experten glauben, dass ein wachsendes Sicherheitsvakuum in Afghanistan auch auf Zentralasien ausstrahlen kann.

Bombe trifft Büro von humanitärer Organisation

Besonders gravierend ist die Situation in Afghanistan derzeit in Laschkar Gah, der Hauptstadt der südwestlichen Provinz Helmand. Nach UN-Angaben wurden dort in den vergangenen Tagen dutzende Zivilisten getötet.

Bei einem Luftangriff in Laschkar Gah wurde auch das Büro der humanitären Organisation Aktion gegen den Hunger am Donnerstag von einer Bombe getroffen, obwohl es nach deren Angaben deutlich als Standort einer Hilfsorganisation gekennzeichnet war. Alle anwesenden Mitarbeitenden waren im Bürobunker in Sicherheit und blieben unverletzt, wie die Organisation am Freitag mitteilte.

Afghanische Vertriebene, die sich in einem Lager südlich von Kabul in Sicherheit bringen konnten.

Aktion gegen den Hunger forderte alle Konfliktparteien auf, das Völkerrecht einzuhalten und den Schutz der Zivilbevölkerung und der Hilfskräfte zu gewährleisten. Die Organisation unterbrach nach eigenen Angaben ihre Aktivitäten in der Stadt.

Unterdessen wird bei den ehemals in Afghanistan mit Truppen vertretenen Nationen die Aufnahme von afghanischen Ortskräften weiter diskutiert. Grossbritannien kündigte an, afghanischen Journalisten und Medienmitarbeitern Zuflucht zu gewähren, die für britische Medienunternehmen tätig waren und denen die Taliban mit Gewalt drohen.

ZDF: Deutsche Regierung führte Geheimgespräche mit Taliban

Die deutsche Regierung hat laut Berichten von ZDF und «Bild»-Zeitung in der vergangenen Woche Geheimgespräche mit Vertretern der radikalislamischen Taliban geführt. Diese hätten in Katars Hauptstadt Doha stattgefunden, hiess es. Die Taliban hätten dabei versichert, sie wollten sich für den Schutz früherer Ortskräfte der Deutschen in Afghanistan einsetzen, berichtete das ZDF.

Deutsche Diplomaten hätten allerdings Zweifel am Wert dieser Zusage, hiess es im ZDF weiter. Die Abordnung der Taliban wurde dem Sender zufolge von Abdul Haq Wasiq angeführt. Der frühere Guantanamo-Häftling werde von den Taliban als «Leiter der europäischen Sektion des Islamischen Emirats Afghanistan» bezeichnet. Die deutsche Delegation sei von dem Afghanistan-Beauftragten der Bundesregierung, Jasper Wieck, geleitet worden.

Das Auswärtige Amt bestätigte laut ZDF eine Zusammenkunft mit den Taliban, jedoch ohne nähere Einzelheiten zu nennen. Die Taliban rücken in Afghanistan derzeit immer weiter vor. Seit dem Beginn des Abzugs der Nato-Truppen aus Afghanistan haben die Islamisten weite Teile des Landes erobert, bislang aber keine grösseren Städte. Doch setzen die Taliban ihre Offensiven auf mehrere Provinzhauptstädte fort.

afp/sda