Kommentar zum EU-ParlamentSuper-GAU für die Glaubwürdigkeit
Die Korruptionsaffäre im Herzen von Europas Demokratie bestätigt Vorurteile gegenüber «Brüssel» und wird der Glaubwürdigkeit der EU massiv schaden.
Es ist der Super-GAU für die EU schlechthin. Die prominente und sehr gut bezahlte Europaabgeordnete Eva Kaili soll von Katar Koffer voll mit Bargeld angenommen haben, um den Golfstaat in einem guten Licht darzustellen. Die Griechin, eine der Vizepräsidentinnen des EU-Parlaments, scheint alle Vorurteile über korrupte und geldgierige Brüsseler Politiker und Beamte zu bestätigen. Neben Kaili müssen ein ehemaliger Abgeordneter, ein Mitarbeiter und ein Brüsseler Lobbyist vorerst in Untersuchungshaft bleiben.
Noch gilt die Unschuldsvermutung, doch die Beweislage scheint erdrückend. Ermittelt wird nicht nur wegen Korruption, sondern auch wegen Geldwäscherei und Beteiligung an einer kriminellen Organisation. Lobende Worte der Sozialistin aus Griechenland zu Katar kürzlich im Plenarsaal des EU-Parlaments erscheinen nun plötzlich in einem anderen Licht. Eine für diese Woche geplante Abstimmung über Visafreiheit für Katar ebenfalls. Möglicherweise zieht die Korruptionsaffäre noch weitere Kreise.
Für Viktor Orban und Co. sind die Schlagzeilen willkommene Munition.
Schon jetzt erschüttern die Berichte über Hausdurchsuchungen im Brüsseler Europaviertel die Glaubwürdigkeit. Die EU-Abgeordneten sind sonst besonders lautstark, wenn es um Korruption in Mitgliedsländern wie Ungarn oder in fernen Drittstaaten geht. Für Viktor Orban und Co. sind die Schlagzeilen aus dem Europaparlament willkommene Munition, um Brüssel Scheinheiligkeit vorzuwerfen.
Der Korruptionsskandal ist darüber hinaus eine Katastrophe für die Demokratie, weltweit in der Defensive. Nicht nur Konzerne, sondern auch ausländische Akteure können Abgeordnete kaufen. Die Lobbyregeln müssen nachgebessert werden.
Das EU-Parlament sieht sich gern als Haus der europäischen Demokratie. Denn als Einzige im Brüsseler Europaviertel werden die Abgeordneten direkt vom Volk gewählt. Daraus zieht das EU-Parlament seine Legitimität. Diese ist jedoch nicht viel wert, wenn sich Abgeordnete kaufen lassen und die Sicherungen erst greifen, wenn der Schaden bereits angerichtet ist.
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