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Statt einem Kind kamen Drillinge

Jeder Drilling hat seine Farbe: Vincent ist der Rote, Lukas der Grüne und Simon der Blaue. Die Farbenzuteilung gilt nicht nur für Kleider, Schuhe und die Brille, sondern auch für das Geschirr, den Schlitten und gewisse Spielsachen. Selbst wenn ein rotes Auto vorbei fährt, ruft Vincent: «Das ist meins!» Wer drei Kinder aufs Mal bekommt, muss sich organisieren. Marianne und Alex Tanner-Brunner aus Thalwil beschlossen schon vor der Geburt, jedem Buben eine Farbe zu geben. So wissen alle, wem was gehört und die Drillinge lassen sich von weitem unterscheiden. «Selbst für uns ist es schwierig, die Jungs von der Seite oder von hinten auseinanderzuhalten. Die Farben helfen uns», erklärt Alex Tanner.

Drei Köpfchen entdeckt

Drei Kinder aufs Mal – damit hatten Marianne und Alex Tanner-Brunner nicht gerechnet. Nach Tochter Valerie wollten sie ein zweites Kind. Weil sich auf natürlichem Weg keine Schwangerschaft einstellte, entschieden sie sich für eine In-Vitro-Fertilisation, also eine Befruchtung im Reagenzglas. Um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen, wurden Marianne Brunner zwei befruchtete Eizellen eingesetzt. Beide entwickelten sich und so stellte sich das Ehepaar auf Zwillinge ein.

Doch dann, in der 14. Schwangerschaftswoche, entdeckte die Frauenärztin bei einer Kontrolle plötzlich ein drittes Köpfchen. Eine der Eizellen hatte sich geteilt: Marianne Brunner erwartete eineiige Zwillinge und einen weiteren Drilling aus einem anderen Ei. «Diese Nachricht hat alles auf den Kopf gestellt», erinnert sie sich. Nun musste ein neues Auto gekauft und eine neue Wohnung gefunden werden.

Bevor die Drillinge geboren wurden, mussten die Eltern immer wieder um deren Leben bangen. Denn einer der Kleinen war schwächlich. Man wusste nicht, ob er durchkommt. Weil sich eineiige Zwillinge eine Plazenta teilen, wäre nicht nur dieses Kind gestorben, sondern sein eineiiger Bruder ebenfalls. Mehrlinge haben allgemein ein erhöhtes Risiko, im Mutterleib oder bei der Geburt zu sterben.

Kein Platz für drei Frühchen

Je mehr Kinder sich die Gebärmutter teilen müssen, desto wahrscheinlicher ist zudem eine Frühgeburt – denn durch den Platzmangel kann es zu Problemen kommen. Bei den Tanner-Drillingen war es zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin so weit: Nachdem die Ärzte festgestellt hatten, dass die Nabelschnur des Schwächsten zu wenig durchblutet war, bereiteten sie eine Geburt per Kaiserschnitt vor. Da aber in Zürich keine Neonatologie-Abteilung Platz hatte für drei Frühgeborene aufs Mal, wurde die Schwangere mit dem Krankenwagen ins Berner Inselspital verlegt. Dort waren bei der Geburt drei Kinderärzte, drei Hebammen und eine Frauenärztin dabei. Jedes Kind wog um die 1000 Gramm. «Lukas, der Kleinste, hatte in meiner Hand Platz», erzählt Alex Tanner.

Im Mai werden die Drillinge sechs Jahre alt. Doch noch immer sind die Folgen der Mehrlingsschwangerschaft und der Frühgeburt spürbar. Noch immer ist Simon, der Drilling ohne eineiigen Bruder, der Reifste und Robusteste. Er hat vor den anderen beiden Krabbeln, Laufen und Sprechen gelernt. Und im Sommer kommt er in die Schule, während seine Brüder ein weiteres Jahr in den Kindergarten gehen werden. «Simon ist den anderen beiden stets eine Nasenlänge voraus», sagt Alex Tanner. Und das einstige Sorgenkind Lukas ist noch heute der Kleinste der Drillinge.

Wickeln im Akkord

Erst rund acht Wochen nach der Geburt durften die Eltern die Drillinge nach Hause nehmen. An der Brust wollten die Buben dann nicht mehr trinken, zu sehr hatten sie sich an den Schoppen gewöhnt. Die Eltern versuchten, die Babys auf einen gemeinsamen Rhythmus einzustimmen – vergeblich. «Am Anfang mussten wir nachts stündlich einem der Kleinen den Schoppen gegeben», erinnert sich Marianne Brunner. Am Anfang hätten sie einfach funktioniert: Wickeln (Windelverbrauch pro Tag: 18 bis 21), füttern, in den Schlaf wiegen, trösten, an die frische Luft gehen, einkaufen, baden. Eins nach dem anderen und dann wieder von vorn. Daneben musste noch das grössere Kind unterhalten und versorgt werden. Lange Spielereien auf dem Wickeltisch lagen nicht drin. «Unser Glück war es, dass wir am Anfang beide zu Hause sein konnten», sagt Marianne Brunner im Rückblick. Möglich war dies, weil Alex Tanner Hausmann ist und seine Frau Mutterschaftsurlaub hatte. Sie arbeitet Vollzeit als Sicherheitsassistentin bei der Kantonspolizei Zürich. Mit nur zwei Händen drei Neugeborene plus ein Kleinkind zu versorgen, wäre fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.

Kreativität ist gefragt

Doch die Herausforderungen blieben, auch als die Kinder grösser wurden. Immer wieder musste die Familie kreative Lösungen suchen. So gibt es zum Beispiel Kinderwagen für Drillinge, doch diese passen nicht durch die Drehtür beim Grossverteiler. Marianne und Alex Tanner-Brunner lösten das Problem, indem sie einen Zwillingswagen mit einklappbarem Seitenwagen anschafften. Später waren sie mit einem Leiterwagen mit fünf Plätzen unterwegs, in dem neben den Drillingen auch noch Tochter Valerie Platz hatte. Schmunzelnd erzählt Alex Tanner, wie er es in einem heissen Sommer schaffte, mit drei Krabbelkindern und einem Kleinkind in die Badi zu gehen: Er nahm einfach das Laufgitter mit, stellte es neben das Bassin, legte die Babys rein und planschte mit der Grössten.

Drillinge sind nicht einfach drei Geschwister. Lukas, Vincent und Simon schlafen in der genau gleichen Position und suchen stets Körperkontakt zueinander. Hat einer der Mehrlinge ein Problem, sind die anderen sofort zur Stelle und helfen. Vor allem die beiden Eineiigen sind sich sehr nah. Doch auch Drillinge müssen sich ein Stück weit voneinander emanzipieren und eigenständig werden. Deshalb werden Vincent und Lukas vermutlich ab Herbst in zwei verschiedene Kindergärten gehen – und Simon in die Schule.