Sonderstellung der Oberstufe WädenswilSpardruck lässt brisantes Politikum wieder aufflammen
In Zeiten des Notbudgets wirft ein Gemeinderat die Frage auf: Wäre es nicht günstiger, die Oberstufenschulgemeinde in die politische Gemeinde zu integrieren?
In Wädenswil hat die Oberstufenschulgemeinde (OSW) eine Sonderstellung inne. Sie gehört nicht zur politischen Gemeinde, führt ihre eigenen Gemeindeversammlungen durch, macht ihr eigenes Budget, erhebt den eigenen Steuerfuss. Im Vergleich dazu ist die Primarschule Wädenswil (PSW) ein Teil der politischen Gemeinde und somit von den Sparmassnahmen betroffen, die die Stadt beschliesst. So wird etwa das Primarschulhaus Langrüti Ende Schuljahr geschlossen.
Die Oberstufe muss sich diesem Spardruck, der sich in Zeiten des Notbudgets verschärft hat, nicht unterwerfen. Und so werden unter Wädenswils Politikern auch jetzt wieder Stimmen laut, die zweierlei fordern: Die OSW solle sich einerseits in die politische Gemeinde integrieren und andererseits seien die Verwaltungen der PSW und der OSW zusammenzulegen, um Kosten zu sparen.
Bis vor Bundesgericht
Die Debatte hat eine lange Vorgeschichte: Im Jahr 2005 sprach sich die Wädenswiler Bevölkerung an der Urne dafür aus, dass die Oberstufe eigenständig bleibt. Der Stadtrat hatte die Integration der OSW aufs Tapet gebracht und befürwortet. Ein wichtiges Argument gegen die Eingliederung lieferten damals die Gemeinden Hütten und Schönenberg, die bei einer Integration der Schule in die politische Gemeinde Wädenswil weniger Mitspracherecht bezüglich Oberstufe befürchteten.
Mit dem Entscheid zum Zusammenschluss der drei Gemeinden forderte die FDP Wädenswil im Jahr 2017 eine Neubeurteilung. Die OSW hatte sich aber wenige Monate zuvor bis vor Bundesgericht erfolgreich gegen einen neuen Passus im Gemeindegesetz gewehrt, der eigenständige Schulgemeinden auf dem Gebiet politischer Gemeinden verbietet. Die Botschaft war unmissverständlich: Die OSW will eigenständig bleiben.
«Doppelspurigkeit vermeiden»
Die FDP liess dies nicht auf sich sitzen und suchte im Lauf der Jahre immer wieder das Gespräch mit der OSW. Auch Vertreter der SVP äusserten ihren Missmut über den bislang ausgebliebenen Zusammenschluss.
Jetzt ist es allen voran der GLP-Gemeinderat Angelo Minutella, der sich die Kostenoptimierung an Wädenswils Schulen auf die Fahne geschrieben hat. Nebst der Primarschule, deren Kosten pro Schüler weit über dem kantonalen Durchschnitt lägen, hat er die Oberstufe im Visier. «Die OSW muss ihre Freiheiten hergeben. Es kann nicht sein, dass eine kleine Gruppe ihre Interessen durchsetzt und sich dem Parlament nicht unterordnen muss», sagt er. Damit spielt er auf den Umstand an, dass an den OSW-Gemeindeversammlungen jeweils vorwiegend Lehrer anwesend seien, die über die Geschicke der OSW bestimmen würden.
Für Minutella ist klar: Eine Integration der OSW in die politische Gemeinde und eine Zusammenlegung der Schulverwaltungen ist notwendig, «um als Stadt im Bereich Schule effizienter zu werden und das jährliche Ausgabenwachstum in den Griff zu kriegen». Im jetzigen Betrieb komme es zu vielen Doppelspurigkeiten. An einem zentralen Verwaltungsstandort, wie Minutella ihn sich vorstellt, wäre «alles unter einem Dach und ein unkomplizierter Informationsaustausch möglich». Die Entscheidungswege würden kürzer und die Kosten für die Infrastruktur tiefer. Die pädagogische und administrative Betreuung der Schüler wäre vom Kindergarten bis zur Oberstufe durchgängig.
Die Qualität der Schule wäre davon nicht betroffen, sagt er. Denn dafür seien die Lehrpersonen ausschlaggebend, «und an deren Löhnen wird nicht gerüttelt». Es sei richtig, sich Gedanken über die Qualität der Schule zu machen, sagt Minutella. «Aber die Frage nach der Effizienz darf damit nicht immer abgeblockt werden.» Es gelte, die Qualität bei höherer Effizienz zu halten.
Neue Stelle nötig?
Verena Dressler, Schulpflegepräsidentin der OSW, ist von Minutellas Überlegungen nicht überzeugt: «Es ist fraglich, wo wir sparen können, ohne die Schulqualität zu senken», sagt sie. Die meisten Kosten seien fix, etwa die Löhne für das Personal. Auch der Zusammenlegung der Verwaltung steht Dressler kritisch gegenüber: «Ich frage mich, ob so ein Verwaltungskoloss tatsächlich günstiger wäre, zumal dafür eine leitende Stelle geschaffen werden müsste.» Diese seien bekanntlich teuer. Für die OSW mit ihren «schlanken Strukturen» sei eine Zusammenlegung auf keinen Fall ein Effizienzgewinn, sagt sie.
Stattdessen wolle man mit der neuen Gemeindeordnung, die sich bis Ende Februar in der Vernehmlassung befindet, noch effizienter werden. Es ist vorgesehen, dass die Schulpflege von neun auf fünf Mitglieder verkleinert wird. Das Stimmvolk entscheidet im September an der Urne darüber.
Von Mengenrabatt profitieren
Minutella liefert derweil ein weiteres Beispiel, das für den Zusammenschluss spreche: «Die zukünftigen Herausforderungen der Digitalisierung sind sehr teuer und müssen gemeinsam angegangen werden», sagt er. Schon bei der Beschaffung von Geräten müsse man als Einheit handeln: «Es macht nämlich einen grossen Preisunterschied aus, ob man 1000 oder 2000 IT-Geräte mit dazugehörender Software bestellt», sagt er.
Derzeit sind die Primarschule und die Oberstufe in Sachen Digitalisierung nicht auf demselben Stand, sagt Schulpräsidentin und Stadträtin Alexia Bischof (CVP). Bevor eine Zusammenlegung der Schulgemeinden überhaupt funktionieren könne, müsse die Primarschule noch einiges aufholen. Die Schülerdossiers lägen an der Primarschule beispielsweise derzeit nur physisch vor und diverse IT-Programme müssten erst noch eingeführt werden.
Vorstoss im nächsten Jahr
Im Vergleich zu früheren Diskussionen sind sich die Beteiligten nun aber in einer Sache einig: Es ist sinnvoll, die Integration der OSW in die politische Gemeinde zumindest zu prüfen. Zu einem politischen Vorstoss wird es voraussichtlich in der nächsten Legislatur ab 2022 kommen. Für die Budgetsitzung des Gemeinderats im März seien jedenfalls noch keine entsprechenden Anträge eingeplant, sagt Minutella.
Auch Stadträtin Alexia Bischof sagt, die Zeit für die Prüfung mit externer Begleitung sei gekommen. Sie könne sich vorstellen, dass die Stadt diesbezüglich selber die nötigen Schritte unternehme und nicht auf die Initiative der Parteien warte.
Verena Dressler sagt, sie verstehe das politische Anliegen zwar und werde einer Prüfung nicht im Wege stehen. «Ob ich aber mit gutem Gewissen Ja sagen könnte zu einem Zusammenschluss, das bezweifle ich.» An der OSW laufe es gut, und es gelte ja der Grundsatz: «Never change a running system.»
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