Finanzplanung des BundesSo will der Bundesrat sparen
Der Bundesrat hat ein Sparpaket im Umfang von 2 Milliarden Franken geschnürt. Weniger ausgeben will er etwa für Witwenrenten und Bahninfrastruktur. Auch die Kantone sollen bluten. Eine Übersicht.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter zeigte sich am Mittwoch zufrieden. Das Budget 2024 sei eine Teamleistung des Bundesrats und der Departemente, sagte sie vor den Medien. Die Schuldenbremse könne eingehalten werden. Allerdings werde es in den kommenden Jahren schwierig bleiben, namentlich wegen der wachsenden Armeeausgaben.
Ein Teil der Sparmassnahmen ist bereits beschlossen. Für andere sind Gesetzesänderungen nötig. Dazu hat der Bundesrat nun die Vernehmlassung eröffnet. Er dürfte auf Widerstand stossen.
Einschnitte bei Witwenrenten
Rund 800 Millionen Franken will der Bundesrat mit Einschnitten bei der Witwenrente sparen. Künftig sollen verwitwete Personen längstens bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes eine Rente erhalten. Diese Regelung gilt neu für Männer und Frauen. Mit der geltenden Regelung erhalten auch kinderlose Frauen eine Witwenrente, sofern sie beim Tod des Partners oder der Partnerin mindestens 45 Jahre alt und mindestens 5 Jahre verheiratet waren. Männer bekommen hingegen nur eine Rente, wenn sie Kinder unter 18 Jahren haben.
Die Reform des Bundesrats soll nicht nur die AHV- und Bundeskasse entlasten, sondern auch Männer und Frauen gleichstellen. Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz verurteilt, weil sie einem Mann die Witwerrente strich, als seine Kinder volljährig wurden. Als Frau hätte er jedoch die Rente weiter erhalten.
Laufende Hinterlassenenrenten sollen zwei Jahre nach Inkrafttreten der Reform aufgehoben werden, wenn Witwen und Witwer das 55. Altersjahr noch nicht vollendet und keine unterhaltsberechtigten Kinder haben. Witwen und Witwer, die auf Ergänzungsleistungen angewiesen und über 50-jährig sind, erhalten hingegen die Rente weiterhin.
Der volle Spareffekt stellt sich durch die Abstriche bei der Witwenrenten ab 2035 ein. Die AHV wird um jährlich 810 Millionen Franken entlastet. Der Bund spart 160 Millionen Franken, weil sich der Bundesbeitrag an die AHV entsprechend reduziert.
Geprüft hat der Bundesrat auch Abstriche bei den Kinderrenten, die AHV-Rentner für unterhaltsberechtigte Kinder haben. Er lehnt jedoch sowohl eine Kürzung als auch eine Streichung der Kinderrenten ab, da dies einschneidende Folgen auf die wirtschaftliche Situation der Rentner hätte.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund wirft dem Bundesrat vor, den Rentenabbau bei den Frauen weiterzuführen, noch bevor die Erhöhung des Frauenrentenalters in Kraft sei und obwohl die AHV-Finanzierung gesichert sei.
Weniger Steueranteile für die Kantone
Die Kantone sollen einen kleineren Anteil aus der direkten Bundessteuer erhalten. Der Bundesrat will den Kantonsanteil um 0,7 Prozentpunkte kürzen, was dem Bund 200 Millionen Franken Mehreinnahmen bringen würde. Er begründet das mit den geplanten Bundesbeiträgen für Kitaplätze.
Die Vorlage dazu hat das Parlament noch gar nicht zu Ende beraten. Der Nationalrat beschloss aber gegen den Willen des Bundesrats, dass der Bund während vier Jahren 20 Prozent der Kosten für jeden Kitaplatz trägt. Das würde den Bund rund 700 Millionen Franken im Jahr kosten. Der Bundesrat plädiert dafür, dass die Kosten mindestens halbiert werden.
Die Senkung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer um 0,7 Prozentpunkte basiert auf der Annahme, dass die Kosten für den Bund höchstens 350 Millionen Franken betragen. Sollte das Parlament eine teurere Vorlage beschliessen, will der Bundesrat den Kantonsanteil an der Bundessteuer stärker kürzen.
Mit dem Vorschlag wolle der Bundesrat auch eine Diskussion über die Aufgabenteilung anregen, sagte Keller-Sutter. Für die familienergänzende Kinderbetreuung seien grundsätzlich die Kantone zuständig. Die Kantone dürften sich indes gegen die Massnahme wehren. Für den Kanton Zürich würde die Kürzung im Jahr 2025 Mindereinnahmen von 38 Millionen Franken bedeuten, für die Kantone Bern und Basel-Stadt wären es je 12 Millionen Franken.
Weitere Sparmassnahmen:
Arbeitslosenversicherung
Der Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung soll zwischen 2025 und 2029 um 250 Millionen Franken pro Jahr gekürzt werden. Die Massnahme hat aber keine Auswirkungen auf die Leistungen der Versicherung. Diese budgetiert für die kommenden Jahre Überschüsse.
Querschnittskürzungen
Alle Departemente müssen 2 Prozent sparen – mit Auswirkungen auf Kultur, Entwicklungshilfe oder Landwirtschaft. Damit wird der Bundeshaushalt um rund 500 Millionen Franken im Jahr entlastet. Ausgenommen ist die Armee. Diese soll wachsen – allerdings etwas langsamer, als das Parlament beschlossen hat.
Elektrofahrzeuge
Elektroautos sollen ab 2024 der Automobilsteuer unterliegen. Diese Änderung ist aktuell in der Vernehmlassung. Im Jahr 2024 würde das dem Bund Mehreinnahmen von 180 Millionen Franken bringen.
Bahninfrastruktur
Die Einlage in den Bahninfrastrukturfonds will der Bundesrat befristet auf drei Jahre um mindestens 150 Millionen pro Jahr kürzen. Der geplante Ausbau der Infrastruktur werde aber nicht infrage gestellt, schreibt der Bundesrat. Sollte die Fondsreserve unter 300 Millionen fallen, würde die Massnahme aufgehoben.
Defizit von 500 Millionen
Für 2024 rechnet der Bundesrat mit Einnahmen von 83 Milliarden Franken, 2,1 Prozent mehr als im Budget des aktuellen Jahres. Die Ausgaben wachsen mit 4,1 Prozent fast doppelt so stark wie die Einnahmen. Total sind Ausgaben von 89,7 Milliarden Franken vorgesehen. Inklusive der ausserordentlichen Ausgaben resultiert ein Defizit von 6,7 Milliarden Franken. Der ordentliche Haushalt weist ein Defizit von 0,5 Milliarden Franken aus.
Für die Jahre 2025 bis 2027 geht der Bundesrat von strukturellen Defiziten von 0,3 bis 1,2 Milliarden aus. Weitere Sparmassnahmen dürften folgen.
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