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Massnahmen gegen Corona
So halten sich die Menschen am Zürichsee an die Maskenpflicht im ÖV

Ab heute ist das Tragen einer Gesichtsmaske im öffentlichen Verkehr Pflicht – hier die S7 am Bahnhof Meilen.
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Die wieder steigenden Infektionszahlen haben den Bundesrat zum Handeln gezwungen. Am vergangenen Mittwoch hat er als Präventionsmassnahme gegen das Coronavirus eine Maskenpflicht für den öffentlichen Verkehr beschlossen. Diese gilt ab heute Montag für Personen ab zwölf Jahren in Zügen, Trams und Bussen, Bergbahnen, Seilbahnen und auf Schiffen. Bisher gab es im öffentlichen Verkehr lediglich die dringende Empfehlung, zu Stosszeiten eine Maske zu tragen. Diese wurde aber wenig befolgt: Noch zum Ende der letzten Woche war in der Minderheit, wer eine Schutzmaske im Zug oder im Bus trug. Ist jetzt alles anders geworden? Halten sich die Menschen in der Zürichseeregion an die Maskenpflicht? Redaktoren der ZSZ teilen ihre Erfahrungen und Erlebnisse aus dem frühmorgendlichen Pendlerverkehr.

Nicht bloss Selbstkontrolle

Nicht nur Selbstkontrolle: Das Bahn- und Sicherheitspersonal macht Fehlbare auf die Maskenpflicht aufmerksam.

Auch die Sicherheitspolizei war am Montagmorgen im öffentlichen Verkehr präsent. Am ersten Tag der Maskenpflicht galt ihr Hauptinteresse maskenlosen Fahrgästen in den S-Bahnen. Viel Grund zur Klage hatte sie allerdings nicht. Aber eben doch ein wenig. Auf einem seiner Rundgänge stiess das Wachpersonal auf zwei Teenager, wohl Schülerinnen, die auf dem Weg nach Zürich waren. Während die eine ihre Maske vorschriftsgemäss anhatte, war die andere «unmaskiert». Auf die Frage nach dem Wieso erklärte die junge Frau, sie habe sie in der morgendlichen Eile und Hektik zu Hause vergessen. Die beiden Sicherheits-Verantwortlichen liessen jedoch Milde walten. Sie sprachen keine Busse aus und wiesen sie auch nicht aus dem Zug. Sie forderten sie allerdings auf, am HB Zürich auszusteigen und sich dort als Erstes eine Maske zu kaufen. Erst dann sollte sie weiterfahren. Was sie denn auch pflichtbewusst tat.

Dass die Maskenpflicht im Zug auch ihre Vorteile haben kann, zeigte sich am gleichen Morgen bei zwei anderen weiblichen Pendlern. Ein herzhaftes Gähnen unter der Maske führte sie zur Erkenntnis, dass der Vorgang unter der schützenden Maske nun nach Herzenslust betrieben werden könne, ohne wegen der fehlenden Hand vor dem Mund ein schlechtes Gewissen zu haben. Gerade nach einem langen Wochenende kann dies durchaus seine positiven Seiten haben. Umgekehrt erwies sich die gleiche Maske bei denselben Fahrgästen bei dem gewohnten Griff zum morgendlichen Snack auf dem Weg zur Arbeit als unüberwindbares Hindernis. Thomas Schär

Die Maskerade der ersten Klasse

Klassenwechsel sinnvoll während der Corona-Krise? Wartende am Bahnhof.

Es herrscht bekanntlich nirgends in der Schweiz eine sich so deutlich abgrenzende Zweiklassengesellschaft wie im Zug. Den Aufpreis für die erste Klasse zu berappen, ist meines Erachtens in der Regel wenig lukrativ, kommen doch beide Klassen gleichzeitig am gewünschten Bahnhof an. In den letzten Monaten konnte ein Klassenwechsel aber sinnvoll sein. Denn während das Social Distancing in den Zugwaggons der zweiten Klasse in den Stosszeiten nicht eingehalten werden kann, stehen die Chancen in der ersten Klasse besser.

Bisher traf ich in der ersten Klasse auch auf weniger Maskenträger als in der zweiten. Am Montagmorgen, jenem Tag, an dem die Maskentragpflicht jegliche Mimik hinter hellblaue Stoffstücke verbannte, war während meiner Zugfahrt jedoch in der ersten Klasse kaum ein Lächeln und kaum ein schlecht gelauntes Mundwerk zu sehen. Die meisten Fahrgäste scheinen sich also auch in der ersten Klasse an die neue Pflicht zu halten.

Ein Masken- und offenbar auch Gewissenloser liess sich während meiner Zugreise allerdings auch in der ersten Klasse nieder. Kritisch wurde er von seinen Mitreisenden beäugt. Noch vor ein paar Tagen war das Gegenteil der Fall. Bisher war der Maskenträger jener, der aus dem Muster fiel und manch unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zog. Das Blatt hat sich seit Montag gewendet, die Maske ist zur Norm geworden. Böse Blicke ernten nun nur noch jene, die eben keine tragen.

Etwas Gutes hat die Maskenpflicht im Zug ja denn auch. Die Zahl nerviger Kaffeeschlürfer und Frühstückskauer war am Montagmorgen in der ersten Klasse tiefer als sonst. Zumindest das Gehör könnte sich an die Maskenpflicht gewöhnen. Daniel Hitz

Disziplin und Farbe auf dem Schiff

Disziplinierte Passagiere auf den Schiffen der ZSG. «Das habe ich so nicht erwartet», sagt ein Schiffsangestellter.

Die Menschen stehen am Steg im Stäfner Hafen, warten auf das Schiff nach Wädenswil. Eigentlich eine normale Szenerie. Zwei Unterschiede zu den letzten Monaten gibt es jedoch. Erstens tragen nun fast alle ein Stück Stoff über Mund und Nase. Und zweitens scheint die neue Regel der Maskenpflicht die alte Regel mit dem Abstand von zwei Metern nichtig zu machen. Denn nun stehen wieder alle nahe hintereinander wie vor der Corona-Zeit. Würde die Person hinter mir keine Maske tragen, ich würde wohl ihren Atem im Nacken spüren.

Eine junge Frau und ein junger Mann wollen ohne Maske ins Schiff steigen. Sie werden vom Personal sofort höflich darauf aufmerksam gemacht, dass sie eine Maske tragen müssen. Da sie keine bei sich haben, müssen sie bei der Kasse eine beziehen. Der Preis: zwei Franken. Interessanterweise gibt es keine Diskussion, die beiden «Regelverstösser» zahlen, ohne zu meckern. Die beiden seien bisher auch die Ausnahme gewesen, sagt der Schiffsangestellte zu mir. «Alle waren heute Morgen sehr diszipliniert und haben sich an die Maskenpflicht gehalten. Das habe ich nicht so erwartet.»

Die überraschende Disziplin zeigt sich auch bei jungen Passagieren. Einige junge Schüler unter zwölf Jahren, die sich nicht an die Pflicht halten müssen, tragen Masken – und sie bringen gar ein wenig Farbe auf das Deck. Während mehrheitlich musterloses Weiss, Blau und Rosa dominieren, tragen die jüngeren Passagiere Totenköpfe, Smileys oder ein Blumenbouquet auf ihrem Gesicht – ein bisschen Spass muss ja auch in dieser ernsteren Zeit sein. Nicola Ryser

Der richtige Zeitpunkt

Perfekt zelebriert: Social Distancing am Bahnhof.

Das Pendeln ist seit Montagmorgen etwas komplizierter geworden. Denn die Maskenpflicht wirft bei der Reise zum Arbeitsplatz einige Fragen auf. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um die Maske aufzusetzen? Einige tragen sie bereits ausserhalb des Hauptbahnhofs, andere erst im Zug. Auf dem Perron bewegen sich jedoch bereits viele Leute mit hellblauem Gesichtsschutz. Komisch, nur die Augen der Pendler zu sehen. Kommt man sich in die Quere, fehlt die Orientierung durch ein kurzes Lächeln. Hastig zieht ein Mann an seiner Zigarette, bevor er die Maske über dem Mund befestigt. Im Zugwagen angekommen fällt auf: Die erste Klasse ist praktisch leer, aber auch in der zweiten Klasse findet sich an diesem Morgen in dieser S-Bahn gut Platz. Für noch etwas mehr Farbe sorgt jemand, der sich statt einer Maske einen geblümten Schal über das Gesicht gezogen hat. Eine Frau genehmigt sich zuerst einen Kaffee, bevor sie den Gesichtsschutz montiert. Als der Zug am Bahnhof Thalwil vorbeifährt, ist die Sicht auf das Perron ungewohnt: Bunter als sonst stehen die Pendler in einer Reihe und warten auf den Zug. Die Farbe Blau ist auf der Reise nach Wädenswil nicht mehr nur beim Blick auf den Zürichsee zu finden, sondern hat auch auf den Bahnhofperrons Einzug gehalten. Carina Blaser

Abstand halten wird nebensächlicher

Reden erscheint sinnlos: Menschen mit Gesichtsmaske im Bus.

Es ist still im blau-silbernen Bus 950 der Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland von Oetwil nach Stäfa. Niemand der 14 Fahrgäste spricht, selbst die Schüler nicht, die nebeneinandersitzen. Als ob die Maske das Reden sinnlos erscheinen liesse. Es fällt auf, dass einige Sitzreihen leer bleiben, andere sind voll besetzt. Mit Maske scheint Abstand halten nebensächlicher geworden zu sein. Zehn Minuten später ist die Endstation erreicht. Ein zweiter VZO-Bus kommt gleichzeitig am Bahnhof an. Beim Aussteigen ziehen sich einige Fahrgäste sofort das Gesichtstuch unters Kinn. Andere belassen es vor Mund und Nase, gehen schnellen Schrittes in die Unterführung und rauf auf das Perron. In drei Minuten folgt in der S-Bahn nach Zürich die nächste Etappe mit Maskenpflicht.

Für mich geht es weiter mit dem Schiff. Am Schiffsteg in Stäfa plappert eine Runde von 15 Pensionierten nur über das Maskenobligatorium. Schon für das Anziehen scheint es Dutzende Methoden zu geben, ist zu vernehmen. Niemand schimpft über die Masken, alle scheinen sich der Vorschrift und der Vernunft zu fügen. An Bord des Shuttlekurses nach Wädenswil verteilen sich die rund 25 Passagiere, nur die Wandergruppe bleibt zusammen. Eine Frau sagt, dass ihr die Abstandspflicht wichtiger erscheine als die Maskenpflicht. Sie hat sich umweltfreundliche Mehrwegmasken gekauft, die ihr beim Tragen auch komfortabler erscheinen. Dennoch ist sie froh, diese nach den 12 Minuten Überfahrt wieder abziehen zu können. Ein junger Mann findet die neue Vorschrift «richtig, auch wenn mich die Maske stört». Eine ältere Dame urteilt aus der ästhetischen Perspektive: «Gar nicht schön, aber man macht es halt mit. Und wenn alle Masken tragen, fällt man nicht mehr auf.» Ein Mann aus der Wandergruppe bekennt: «Zum ersten Mal in meinem Leben trage ich eine Maske.» Dabei lacht er – die Falten der Papiermaske gehen sichtbar auseinander. Man lernt schnell, Mimik zu lesen in Zeiten der Maskenpflicht im ÖV. Christian Dietz-Saluz