2:0 – dann kam der LockdownDie ZSC-Frauen wollen ihre Corona-Mission zu Ende bringen
Die Zürcher Eishockeyspielerinnen kamen vor Jahresfrist unverschuldet um den 10. Meistertitel. Mit dem Playoff-Halbfinal gegen Bomo Thun starten sie morgen einen neuen Anlauf.
Wäre ein Ausrufezeichen notwendig gewesen, die Frauen der ZSC Lions hätten es im letzten Spiel der Qualifikationsrunde zweifellos gesetzt. Mit 10:1 schossen die Zürcherinnen das Ladies Team des HC Lugano am 31. Januar aus der Kunsteisbahn Heuried – jenes Team, das den Zürcherinnen im Saisonverlauf mutmasslich die meisten Probleme bereiten kann. «Das Spiel war bei weitem nicht so einseitig, wie es nun wirkt. Es ist an diesem Tag auch wirklich jeder Puck für uns reingefallen», gemahnt Stürmerin Isabel Waidacher zur Vorsicht. Auch wenn mit der Finnin Michelle Karvinen die klar beste Skorerin der Liga fehlte und Lugano auf die Stammtorhüterin verzichtete, mutete es für die «bianconere» doch wie eine Ohrfeige an - in ihren Reihen standen an jenem Abend mit Nicole Bullo, Evelina Raselli, Romy Eggimann und Noemi Rhyner vier teils langjährige Nationalspielerinnen auf dem Eis.
«Tutto finito», also, ist die Meisterschaft damit bereits vor dem Playoff zu Ende? Isabel Waidacher setzt ihr Pokerface auf und dementiert natürlich: «Wenn wir unser bestes Eishockey spielen, haben wir aber schon eine gute Chance», sagt die Bündnerin. 17 der 20 Spiele der Regular Season haben die Lions für sich entschieden, einzig beim nicht fürs Playoff qualifizierten Neuchâtel und in Lugano gab es je einmal eine Niederlage. Morgen erfolgt nun mit dem Heimspiel gegen Thun der Start in die Best-of-5-Halbfinalserie, den zweiten Finalisten ermitteln Lugano und Thurgau.
«Unsere Mission ist noch nicht beendet.»
Die Qualifikationsbilanz erstaunt, fehlten doch den Zürcherinnen etliche Stammkräfte. Monika und Nina Waidacher, die älteren Schwestern der Aroserin, fielen mit Kreuzbandrissen komplett aus, und mit Verteidigerin Laura Benz fehlte eine weitere Nationalspielerin. «Es ist schon erstaunlich, dass wir so gut durch die Qualifikation gekommen sind», sagt Waidacher. Trainer Andrin Christen hat es geschafft, die Spielerinnen, die von der Altersstruktur her sehr unterschiedlich sind, zu einer Einheit zu formen. «Wir haben wirklich alles im Team. Ältere Spielerinnen, eine Mittelschicht und viele sehr junge», sagt Waidacher. Sie selber zählt in ihrer 12. Saison bereits zu den «Seniorinnen». «Ich mache aber immer noch gern Spässchen und fühle mich zehn Jahre jünger», scherzt die 26-Jährige, die schon 2009 zu den Zürcherinnen stiess und mit Ausnahme von zwei kurzen Abstechern in die USA und nach Schweden stets für die Lions spielte.
Eine Mauer in Unterzahl
Die Basis zur souveränen Bestmarke: die Verteidigung. Nur 24 Minustreffer liessen die Zürcherinnen zu, die französische Nationaltorhüterin Caroline Baldin liess sich einen überragenden Gegentorschnitt von 0,89 notieren. Geradezu unfassbar gut ist die Erfolgsquote in Unterzahl: 98,51 Prozent. Ausgedeutscht: 67-mal erhielten die Widersacherinnen ein Powerplay, nur einmal schlug es ein. «Wir spielen eher aggressiv als passiv», erklärt Waidacher, «und haben eine gute Torhüterin. Wahrscheinlich haben die anderen Teams Mühe, weil wir sie unter Druck setzen und sie so weniger Zeit haben, um sich aufzustellen.»
Als der Meisterjubel erstarb
Für die erfolgsverwöhnten Zürcherinnen geht eine lange Wartezeit zu Ende, die letzten zwölf Monate verliefen sehr unglücklich. Der Cup wurde in diesem Jahr aufgrund der Pandemie nicht ausgetragen, und der letzten Saison haftet immer noch etwas Unvollendetes an. Die Lions hatten damals eindreiviertel Hände am Meisterpokal, durften ihn letztlich aber doch nicht stemmen. Sie gewannen die ersten beiden Partien der Finalserie 5:1 und 3:0 und aufgrund der Formkurven der beiden Teams schien ein Comeback von Neuchâtel nahezu ausgeschlossen. Zwei Tage vor dem dritten Finalspiel wurde der Lockdown verhängt, wenig später wurde die Meisterschaft zuerst unterbrochen und schliesslich endgültig abgesagt. Nicht alle seien mit dem Unterbruch gleich umgegangen, sagt Waidacher: «Es war für uns alle surreal, schliesslich fehlten nur 60 Minuten. Für mich war es nicht ganz so schlimm, ich hatte ja schon andere Titel gewonnen. Aber gerade für die jungen Spielerinnen, die unmittelbar vor der ersten Meisterschaft standen, war es wesentlich härter.» Die Erinnerung soll nun zusätzliche Motivation verleihen: «Unsere Mission ist noch nicht beendet.»
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