Sexistischer Marketing-GagGeschmackloser gehts nicht
In einem Hotel an der sardischen Costa Smeralda wird eine mit Schokolade beschmierte Frau auf dem Dessertbuffet serviert. Dafür gibt es im Italienischen einen treffenden Ausdruck: «che schifo!»
Ziemlich an ihrer Sensibilität und ihrer Stil-und Geschmackssicherheit arbeiten sollte offensichtlich die Direktion des Hotels Voi Colonna auf Sardinien. Wie jetzt der Mailänder Unternehmer Federico Mazzieri auf dem sozialen Netzwerk Linkedin bekannt gemacht hat, kam das exklusive Haus an der genauso exklusiven Costa Smeralda Mitte August nämlich auf eine Idee, die wohl als Marketing-Gag gemeint war, an Peinlichkeit und Sexismus aber kaum zu toppen ist.
Nach einem Abendessen bot das Haus seinen Gästen ein neben dem Swimmingpool platziertes Dessertbuffet. Zwischen Torten, Kuchen, Tiramisù und sonstigen Süssigkeiten lag auch eine mit Schokolade bestrichene junge Frau im Bikini auf einem Buffet-Wägelchen. Eine lebende Nascherei sozusagen, gemäss dem obszönen Sauglattismus.
«Statue aus Schokolade»
Voi – die Kette, zu der das Hotel gehört – steht für «Vera ospitalità italiana», wahre italienische Gastfreundschaft. Wie kann ein Hotel, das auf seiner Website zugleich verspricht, für gute alte Traditionen und für moderne Nachhaltigkeit zu stehen, den Körper einer Angestellten als aufreizendes Objekt missbrauchen? So fragt sich Mazzieri auf Linkedin und er schildert auch die Reaktion seiner 14-jährigen Tochter. «Papà, wie eklig (‹che schifo›), das ist doch kein Land, in dem man sich verwirklichen kann.»
Als sich Mazzieri bei einem Angestellten des Hotels beklagte, habe dieser die junge Frau auf dem Dessert-Buffet als «Statue aus Schokolade» bezeichnet. Laut Kommentaren in Zeitungen und auf sozialen Medien ist der Missbrauch eines weiblichen Körpers als Marketing-Gag umso geschmackloser, als seit einiger Zeit viele Vergewaltigungen und Femizide die italienische Öffentlichkeit erschüttern.
Die junge Journalistin Marianna Grazi schreibt auf der Internet-Publikation Luce!, es sei höchste Zeit, die «verquere Mentalität» zu überwinden, die ein Vorfall wie jener im sardischen Luxushotel beweise. «Solche angeblich harmlosen Spässchen sind in Wirklichkeit das genaue Gegenteil von unschuldig», schreibt sie.
«Wir werden alles tun, damit sich so etwas nicht wiederholt.»
Auf den Post des Mailänder Touristen hat die Hotelkette nun immerhin reagiert, ebenfalls auf Linkedin. Man entschuldige sich bei Mazzieri und insbesondre bei seiner Tochter in aller Form, man bedauere zutiefst und habe selbstverständlich nie und nimmer die Werte verletzen wollen, welcher die Voi-Hotels vertreten. Und, klar: «Wir werden alles tun, damit sich so etwas nicht wiederholt.»
Die Entschuldigung sei etwas dürftig, meint die Journalistin Grazi – zumal sie erst erfolgt sei, nachdem viele Nutzer in den sozialen Medien blankes Entsetzen geäussert hätten. Und Mazzieri antwortet auf die wortreiche Zerknirschtheit des Hotelmanagements sinngemäss: Sehr löblich – aber warum habe man ihn abgewimmelt, als er sich bei der Direktion direkt vor Ort beklagen wollte?
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