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Ansprache des ukrainischen Präsidenten
Selenski wird nur kurz zum Parlament sprechen – SVP will der Rede fernbleiben

Das Schweizer Parlament plant keinen Austausch mit dem ukrainischen Präsidenten, nur eine kurze Videoansprache (hier vor der Nato).
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Ginge es nach der SVP, fände der Auftritt gar nicht statt. Doch ihre Chancen, die Videoansprache von Wolodimir Selenski vor dem Schweizer Parlament noch zu unterbinden, sind minimal. Die Spitzen von National- und Ständerat (die sogenannten Büros) haben sich bereits Anfang Mai für eine solche Rede ausgesprochen.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ist allerdings der Ansicht, dass das Parlament selbst entscheiden soll. Er will einen entsprechenden Ordnungsantrag stellen. Sollte der Antrag zugelassen werden, würden die National- und Ständeräte nächste Woche darüber abstimmen, ob sie den ukrainischen Präsidenten hören wollen oder nicht.

Nach Ansicht von Aeschi verletzt eine solche Ansprache die Neutralität. Könne doch so Einfluss aufs Parlament genommen werden – etwa hinsichtlich von Waffenlieferungen. Der SVP-Fraktionschef macht sich aber keine Illusionen, Selenskis Rede im Parlament noch verhindern zu können.

Erst 28 Gastredner seit 1848

So kommt es wohl übernächste Woche zu einer Premiere. Denn vor Selenski hat noch nie ein Gast per Video zum Schweizer Parlament gesprochen. Zwar wurden schon ab und zu externe Rednerinnen und Redner eingeladen, aber stets persönlich vor Ort. Und auch dies nur sehr selten. Seit der Gründung der modernen Schweiz 1848 hatten gerade mal 28 Gastrednerinnen und Gastredner die Ehre.

Bis 1970 war dies gar kein Thema. Dann gelang es dem damaligen indischen Präsidenten Varaha Venkata Giri, anlässlich eines Staatsbesuchs das Tabu zu brechen. Weshalb gerade ihm? Daran mag sich heute niemand mehr erinnern. Auch in den Archiven fanden die Parlamentsdienste keinen derartigen Hinweis. Anschliessend dauerte es weitere 20 Jahre, bis ein zweiter Gast zur Vereinigten Bundesversammlung sprechen durfte: der tschechische Präsident Vaclav Havel.

Bis heute folgten ihnen nur wenige Staatspräsidenten, die meisten anlässlich der Jubiläumsfeier 150 Jahre Bundesstaat, die 1998 stattfand. Auch Generalsekretäre der UNO und des Europarats wurden vereinzelt eingeladen. Und jetzt also Wolodimir Selenski, per Videoschaltung.

SVP zieht Mittagessen vor

Diese Premiere ist für die Parlamentsdienste eine Herausforderung. Denn der Nationalratssaal ist dafür nicht ausgerüstet. Es müssen zusätzliche Grossbildschirme installiert werden, die voraussichtlich kommenden Donnerstag getestet werden.

Sie werden freilich nur kurz in Betrieb sein. Die Parlamentsdienste rechnen mit einer Rede von lediglich rund 10 Minuten. Zuvor wird Nationalratspräsident Martin Candinas den ukrainischen Präsidenten begrüssen. Und nach der Ansprache ist eine Verabschiedung durch Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller angedacht. Insgesamt soll der Anlass maximal 30 Minuten dauern.

An welchem Tag die Rede stattfinden soll, wird noch unter Verschluss gehalten, weil die Ukraine den Termin noch nicht offiziell bestätigt hat. Es deutet aber einiges auf den 15. Juni hin. Selenski wird nicht während einer eigentlichen Ratssitzung sprechen, sondern wahrscheinlich über Mittag. Das erlaubt jenen, die den ukrainischen Präsidenten nicht hören mögen, ihrer Verpflegung und Erholung eine höhere Priorität einzuräumen.

Davon will die SVP Gebrauch machen. Die grosse Mehrheit der Fraktion werde der Rede fernbleiben, sagt Aeschi. So hielt es die Partei auch, als im Jahr 2000 der ehemalige Staatspräsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, vor dem Parlament auftrat. Auf das Hochhalten von Protestschildern, wie dies die FPÖ bei einem Selenski-Videoauftritt vor dem österreichischen Parlament tat, will Aeschi dagegen verzichten. Er sei prinzipiell gegen den Auftritt von ausländischen Staatschefs. Sonst könne künftig jeder kommen, der etwas von der Schweiz wolle. 

Wolodimir Selenski sprach bereits im März 2022 zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Friedensdemonstration in Bern.

Initiiert hat Selenskis Auftritt die ukrainische Botschaft in der Schweiz. Sie stellte Anfang Mai ein entsprechendes Gesuch, das die Ratsbüros guthiessen. Selenski hat auch schon zum US-Kongress und zu mehreren europäischen Parlamenten per Videoschaltung gesprochen. Im März 2022 – wenige Wochen nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – wandte er sich auf diesem Weg auch an die Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Friedensdemonstration auf dem Bundesplatz in Bern. Aussenminister Ignazio Cassis hatte Selenski damals als «meinen Freund» bezeichnet.