Trumps EntzauberungSelbst republikanische Wähler rücken von ihm ab
Wird Donald Trump für eine Wiederwahl wild kandidieren müssen? Immer mehr Republikaner gehen auf Distanz zu ihm. Sogar meinungsstarke Medien, die ihn bislang unterstützten.
Eine aktuelle Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt die Tendenz einer früheren, vor zwei Wochen veröffentlichten Befragung der «New York Times»: Donald Trump, der seit Monaten eine Wiederkandidatur für die Präsidentschaft andeutet, verliert bei seinen eigenen Leuten an Unterstützung.
Ein Drittel der von Reuters befragten republikanischen Stammwählerinnen und -wähler finden nämlich, Trump solle nicht mehr antreten dürfen. Das sind 26 Prozent mehr als vor sechs Wochen. Laut «Times» wünscht sich bereits die Hälfte der sogenannten Primary Voters, die für eine Kandidatur entscheidend sind, einen anderen Präsidentschaftskandidaten als ihn.
Die populärste Alternative bietet Ron DeSantis an, der republikanische Gouverneur von Florida. Er lässt sich als attraktive Variante zu Donald Trump feiern, weil er zwar dieselbe harte politische Linie vertritt wie der abgewählte Präsident, aber ohne dessen cholerischen Narzissmus auftritt.
Der Sturm auf das Capitol schadet ihm
Was Donald Trump bei den eigenen Wählern immer mehr zu schaden scheint, ist ein Ereignis, von dem es lange hiess, seine Fans würden es ignorieren: sein Nichteingreifen beim Sturm von Rechtsextremen auf das Capitol am 6. Januar des vergangenen Jahres. Während Wochen hiess es, die öffentlich geführten Hearings über Trumps Rolle bei diesem Putschversuch würden nur Fachleute und Demokraten interessieren. Jetzt zeichnet sich ab, dass auch immer mehr Wählerinnen und Wähler auf der Rechten den ehemaligen Präsidenten für nicht mehr wählbar halten. Und zwar aus genau diesem Grund: weil er seine Abwahl mit Gewalt rückgängig machen wollte.
Der republikanische Gouverneur Ron DeSantis vertritt dieselbe harte politische Linie wie Donald Trump, aber ohne dessen cholerischen Narzissmus.
Den wichtigsten republikanischen Wähler Amerikas scheint Donald Trump ebenfalls verloren zu haben: den 91-jährigen Medienmogul Rupert Murdoch, der Trump während Jahrzehnten unterstützt hatte, also schon lange vor seiner Wahl zum Präsidenten.
Davon scheint Murdoch inzwischen abgerückt zu sein. Wie nämlich zwei seiner wichtigsten, meinungsführenden Zeitungen in den letzten Tagen deutlich machten, halten sie Trump für nicht mehr wählbar. Zu sehr habe sein Verhalten während der Attacke auf das Capitol Amerika geschadet. Trump habe sich als unwürdig erwiesen, das Land erneut zu führen, schreibt die Boulevardzeitung «New York Post». Noch deutlicher wird das «Wall Street Journal», das einflussreiche Wirtschaftsblatt: Donald Trump habe mit seinem Verhalten beim Sturm auf das Capitol seine Unterstützer betrogen, statt die Verfassung zu schützen. Andere Kommentare der Murdoch-Presse weisen in dieselbe Richtung.
Aber Fox TV hält noch zu ihm
Sollte sich die Tendenz bestätigen und Trump von der Republikanischen Partei nicht nominiert werden, könnte er natürlich wild kandidieren. Oder seine Kandidatur schon jetzt bekannt geben und die Partei damit in Zugzwang bringen. Aber wie gut eine solche Trotzreaktion bei den Republikanerinnen und Republikanern ankommen würde, ist damit noch nicht gesagt.
Immerhin hat Donald Trump zwei gute Gründe, die wachsende Gegnerschaft in den eigenen Reihen zu ignorieren. Erstens hält der Sender Fox TV weiter zu ihm, der über eine enorme Definitionsmacht in den USA verfügt. Und solange der Sender Trump unterstütze, das schreibt auch die «New York Times», blieben seine Chancen für eine Wiederwahl intakt.
Dazu kommt zweitens, was keiner besser weiss als Trump selber: Schon während seiner ersten Präsidentschaftskandidatur waren seine Umfragewerte schlecht bis miserabel gewesen. Alle Medien sagten Hillary Clinton einen sicheren Wahlsieg voraus. Und dann wurde Donald Trump gewählt.
So wie man ihn einschätzt, wird er die sinkenden Umfragewerte feiern: als Vorausbestätigung seiner Wiederwahl.
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