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Seeleute-Treffen in Langnau
Sie waren auf allen Weltmeeren unterwegs

In der Bibliothek in Langnau wird Seemannsgarn gesponnen. Die Stiftung Swiss Ships laedt zum Apero an dem Seeleute aus der Region bzw. aus der Schweiz von ihrer nautischen Laufbahn erzaehlen.
Markus Maurer.
Foto: Michael Trost / Tamedia AG.

Ausgerechnet in Langnau, also nicht mal in Sichtweite des Zürichsees, wurde kürzlich ordentlich Seemannsgarn gesponnen. Doch um den See ging es im Grunde auch nicht, sondern um die See – die Hochsee. Eingeladen in die Langnauer Bibliothek hatte die Stiftung Swiss Ships. Gekommen zum Seemanns-Apéro waren nicht nur Seeleute, sondern auch gut 60 Zuhörende.

Swiss Ships führt eine Liste mit allen heutigen und früheren Schweizer Hochseeschiffen, von der Appenzell bis zur Zinal, und ist auch die Anlaufstelle für Schweizer Seeleute. Am Anlass wurde manch ein Klischee bestätigt, etwa jenes vom Seemann, der sich in jedem Hafen ein neues Tattoo stechen lässt. Aber es wurde auch mit Vorurteilen aufgeräumt. Ganz wichtig etwa: An und unter Deck gibt es nicht nur Matrosen und den Kapitän, sondern eine Vielzahl von Berufen, insbesondere aus dem handwerklichen Bereich.

Organisiert hatte das Treffen das Langnauer Swiss-Ships-Mitglied Markus Maurer. Nachfolgend die zusammengefassten Erinnerungen der Seemänner, die aus den 60er-, 70er- und 80er-Jahren stammen.

Markus Maurer versorgte die Mannschaft mit Cervelats

In der Bibliothek in Langnau wird Seemannsgarn gesponnen. Die Stiftung Swiss Ships laedt zum Apero an dem Seeleute aus der Region bzw. aus der Schweiz von ihrer nautischen Laufbahn erzaehlen.
Markus Maurer.
Foto: Michael Trost / Tamedia AG.

«90 Prozent unserer Waren kommen in Containern übers Meer. Der Bundesrat hat die Bedeutung der Seefahrt schon 1941 realisiert und die Schweizer Hochseeflotte gegründet, um so die Landesversorgung sicherzustellen. Heute gibt es noch 14 Schweizer Schiffe, doch leider gehören fast keine Schweizer mehr zu den Besatzungen. Wir sind die letzte Generation.

Als ich das erste Mal aufs Schiff kam, hiess es sogleich: Die Mannschaft will dich sehen. Der Bootsmann sass da mit einem Glas Whiskey und fragte: Hast du Post mitgebracht? Die zweite Frage lautete: Hast du Cervelats dabei? Hatte ich natürlich nicht. Aber das nächste Mal nahm ich 40 vakumierte Cervelats und Thommy-Senf mit. Sie haben die Cervelats andächtig gegessen. Manchmal haben wir ordentlich getrunken. Aber um sechs Uhr morgens musste man den Job machen - ob schwankend oder stehend.

Was mir auf dem Schiff immer gefallen hat, ist, dass niemand gefragt hat, wo man herkommt. Wichtig ist, dass du den Job gut machst und ein guter Kollege bist. Man hatte diese Bewertungen nicht, die es in der Schweizer Gesellschaft vor allem in den 70er- und 80er-Jahren gab.»

Peter Härtli überlebte den Untergang der Carona

In der Bibliothek in Langnau wird Seemannsgarn gesponnen. Die Stiftung Swiss Ships laedt zum Apero an dem Seeleute aus der Region bzw. aus der Schweiz von ihrer nautischen Laufbahn erzaehlen.
Peter Härtli.
Foto: Michael Trost / Tamedia AG.

«Ich habe meine Lehre als Matrose auf dem Rhein gemacht. Der Tag, als Kennedy ermordet wurde, war mein erster Arbeitstag auf der Carona (ein Schiff der Schweizer Hochseeflotte). Als wir auf dem Weg von Bremen nach Antwerpen waren, herrschte dichter Nebel. Ich war am Bug im Ausguck, aber sah nichts.

Plötzlich tauchte ein Schatten auf. Das andere Schiff traf unseren ‹Laderaum zwei› bis über die Mitte hinweg. 20 Minuten später sah man nichts mehr von der Carona. Innert zehn Minuten waren die gesamte Besatzung sowie weitere Personen an Bord des Lifeboats. Kollegen, die geschlafen hatten, kamen im Pyjama aus der Kabine. Das Lifeboat wird heute im Verkehrshaus in Luzern ausgestellt.

Das Schweizer Hochseeschiff Carona, das am 28. Februar 1964 unterging.

Ich sagte mir aber, dass dies kein schöner Abschluss wäre, und musterte auf dem Schwesterschiff an. Anschliessend habe ich 38 Jahre bei der Kantonspolizei gearbeitet.»

Robert Schaad war im verbotenen Land

In der Bibliothek in Langnau wird Seemannsgarn gesponnen. Die Stiftung Swiss Ships laedt zum Apero an dem Seeleute aus der Region bzw. aus der Schweiz von ihrer nautischen Laufbahn erzaehlen.
Robert Schaad.
Foto: Michael Trost / Tamedia AG.

«Man lernt schon die Welt kennen. Als ich 1967 angemustert hatte und wir in Lissabon im Hafen ankamen, war das Schiff nicht viel grösser als die Panta Rhei. Es ging nach Goa, dann nach Kapstadt, Belgisch-Kongo und in die Karibik, nach Puerto Rico. Dort hatten wir etwa 6000 bis 7000 Tonnen Fisch geladen. Später war ich auf der Castagnola unterwegs. Wir liefen europäische Häfen an und fuhren nach Burma, Singapur und Malaysia. Da waren Lokomotiven oder Waffen geladen, auf der Rückfahrt transportierten wir jeweils Teakholz.

Einmal wurde ein Schiff fünf Stunden lang mit Kohle beladen. In Burma haben sie die Kohle dann mit Körben ausgeladen. Das dauerte drei Wochen. Damals war Burma für Touristen ein verbotenes Land.

Noch vor den Unterhosen packte ich jeweils den Taufschein meiner Äquatortaufe ein. Wenn man den nicht vorweisen konnte, wurde man nochmals getauft und das war sehr unangenehm.

Wir waren damals auf einem 150 Meter langen Schiff 34 Nasen. Heute sind auf viel grösseren Containerschiffen nur noch 12 Nasen. Abends auf See haben wir Musik gehört, gejasst oder selbst einen Swimmingpool gebaut.

Ich kannte einen Seemann, der beim Landgang in Cristobal in Panama umgebracht wurde. Er hat sich allein auf den Weg gemacht und trug dazu noch einen Fotoapparat. Da wurde er von zwei Männern angegriffen und hat sich gewehrt.»

Hans-Peter Schwab hatte die Maschinen im Griff

In der Bibliothek in Langnau wird Seemannsgarn gesponnen. Die Stiftung Swiss Ships laedt zum Apero an dem Seeleute aus der Region bzw. aus der Schweiz von ihrer nautischen Laufbahn erzaehlen.
Hans-Peter Schwab.
Foto: Michael Trost / Tamedia AG.

«Ich wollte schon früh zur See fahren, aber mein Vater meinte, so lange er etwas zu sagen habe, müsse ich einen anständigen Beruf lernen. Deswegen habe ich erst bei Sulzer eine Lehre gemacht und bin dann mit 20 zur See gefahren.

Ich habe rasch gemerkt, dass man stehen bleibt, wenn man nicht zur Seefahrtsschule geht. 1978 habe ich meinen Abschluss als Chief Engineer gemacht. Der Chief Engineer ist der Berater des Kapitäns. Wenn die Maschinen nicht mehr laufen, ruft der Kapitän als Erstes den Chief Engineer an.

Am besten gefallen hat es mir in Westindien. Heutzutage heisst das Karibik, aber früher hat man wegen Kolumbus Westindien gesagt. Nun ist es sicher überlaufen dort.

Es ist eine Tatsache, dass es 30 Meter hohe Wellen gibt. Wenn man im Nordpazifik unterwegs ist, kann es verhältnismässig ruhig sein, und anderthalb Stunden später erzittert das ganze Schiff wegen dieser 30-Meter-Wellen. Solch hohe Wellen gibt es aber nicht jeden Tag.»

Lorenzo Hürner sorgte für Stabilität

In der Bibliothek in Langnau wird Seemannsgarn gesponnen. Die Stiftung Swiss Ships laedt zum Apero an dem Seeleute aus der Region bzw. aus der Schweiz von ihrer nautischen Laufbahn erzaehlen.
Lorenzo Hürner.
Foto: Michael Trost / Tamedia AG.

«Ich habe die Lehre zum Maschinenschlosser gemacht, aber mich hat es immer raus in die Welt gezogen. 1968 habe ich auf der Calanca angeheuert. Wer sagt, dass er nie seekrank war, ist nie auf der Calanca gewesen. Dort habe ich mich fünf Tage lang erbrochen. Am sechsten Tag war es gut und die Seekrankheit kam nie wieder zurück. Wir hatten gute Reisen nach Puerto Rico, Angola und dann nach Lissabon.

ARCHIVE--- Der Schweizer Frachter 'Romandie' auf hoher See, aufgenommen 1992 bei Huelva in Spanien. Der Bundesrat will die Schweizer Hochseeflotte im Interesse einer gesicherten Versorgung in Krisenzeiten weiter foerdern, wie am Mittwoch, 7. November 2001 bekannt gegeben wurde. Er hat dem Parlament eine Buergschaft von 600 Millionene Franken fuer die naechsten zehn Jahre beantragt. (KEYSTONE/Archive) === BLACK AND WHITE ONLY ===

Später ging es für mich nach Shimonoseki, die ganze Crew wurde nach Japan geflogen. Es handelte sich um ein ganz neues Schiff. Von Japan aus haben wir Töffs nach Amerika transportiert. Auf der Romandie (Schiff der Schweizer Hochseeflotte) habe ich als Pumpmann angemustert. Die Arbeit des Pumpmanns bestand darin, Seewasser hineinzupumpen, wenn das Schiff gelöscht, also leer war, und das Wasser rauszupumpen, sobald es voll beladen war. Das Seewasser sorgte bei gelöschten Schiffen für Stabilität.»