2:1 gegen TschechienEs war die Grossmutter, die Kevin Fiala Energie verlieh
Er kam erst Stunden vor dem Spiel aus den USA an und erlebte einen langen und emotionalen Tag: Nur wenige Tage, nachdem er erstmals Vater geworden war, gefiel der Schweizer Stürmer beim Shootout-Sieg mit zwei Treffern.
Und dann wurde Kevin Fiala von den Emotionen übermannt. Nach seinem wunderbar verwerteten Penalty, dem schönsten des Shootouts, setzte er schelmisch-provokant zur kurzen Ehrenrunde an, die Hände an den Ohren, um dem Heimpublikum zu zeigen: Hey, ich kann euch nicht hören! «Sie hatten zuvor laut gebuht, was mir aber gefiel, also entschied ich mich spontan zu diesem Jubel», sagte Fiala danach.
Fiala hatte sich im Stadion keine Freunde gemacht. Er traf nicht nur im Penaltyschiessen, sondern auch noch als einziger Schweizer in der regulären Spielzeit. Fiala war präsent, schon früh provozierte er den tschechischen Goalie Lukas Dostal mit einem feinen, aber fiesen Eisspritzer beim Abbremsen. Als sich die beiden nach der Partie in der Mixed Zone nochmals sahen, war aber alles vergessen, es wurde noch einmal freundlich gegrüsst und verabschiedet.
Es war ein langer, langer Tag, der für Fiala nun zu Ende ging. Die Reise begann traurig, mit einem schmerzhaften Abschied. Der NHL-Stürmer der Kings musste seine Liebsten in Los Angeles zurücklassen: Seine Ehefrau und seine Tochter, die erst vor ein paar Tagen auf die Welt gekommen war. Zu früh, terminiert war die Geburt auf den 21. Mai, darum gingen alle davon aus, dass Fiala die WM verpassen würde.
Doch nun ist Fiala dabei, gegen den WM-Gastgeber gab er wenige Stunden nach der Landung in Prag seinen Einstand. Ausgerechnet gegen Tschechien, gegen jenes Land, wo er seine Wurzeln hat, dieses Duell ist für ihn wie ein Derby. Seine Grossmutter holte ihn am Flughafen ab, «das gab mir Energie, und das war schön», sagte Fiala, «weil ich sie, seit wir in den USA leben, nicht mehr oft sehe».
Er werde sie nun mehrmals sehen. Und er könne zudem wieder in Prag sein, der Stadt, in der er in seiner Jugend viel Zeit verbracht hatte. Vor ihm die WM in der zweiten Heimat, hinter ihm «die schönste Woche, die ich je erlebt habe». Es geht also emotional weiter für Fiala.
Trotz Jetlag und Müdigkeit («Ich hatte in den letzten Tagen kaum geschlafen») war es keine Frage, dass er dabei sein wollte. Einerseits grundsätzlich an der WM – für die Teilnahme holte er sich extra das Okay seiner Ehefrau ein: «Ich bin ihr sehr dankbar, sie weiss, wie wichtig dieses Turnier für mich ist.» Und andererseits gleich in der Partie nach der Ankunft: «Ich sagte Patrick Fischer sofort, dass ich spielen will gegen Tschechien.» Es lohnte sich, Fiala erlebte einen denkwürdigen Abend.
Die Schweizer wie verwandelt
Und Fiala erlebte hautnah mit, dass die Schweiz auch anders kann. Das ist die gute Nachricht nach dem teilweise bizarren Spiel gegen Österreich, das aber nun die richtige Reaktion provozierte. Patrick Fischers Team trat gegen den Gastgeber mit einer ganz anderen Einstellung an, das defensive Denken genoss Priorität. Was beim 6:5 gegen das Team Austria phasenweise wie Spasshockey aussah, wurde gegen Tschechien zum «richtigen», ernsthaften Sport. Bei Puckverlusten war das Backchecking nicht mehr bloss Option, sondern Pflicht, das galt nicht nur, aber vor allem für die Center, egal, ob sie Sven Senteler oder Nico Hischier heissen.
Auch die Tschechen praktizierten «defense first». Das lag einerseits am Gegner, der dem WM-Gastgeber schlicht keinen Raum zur Entfaltung offerierte. Andererseits ist das Team nicht derart hochklassig besetzt, wie das am Heimturnier vermutet werden könnte.
Und so kommt es zur Kuriosität, dass die Schweiz (6) mehr Feldspieler aus der NHL im Kader hat als die Tschechen (5), die aber immerhin sechs weitere «ehemalige Nordamerikaner» dabeihaben. Sie haben aber auch Pech: Ihre vier NHL-Topskorer, darunter Superstar David Pastrnak (110 Skorerpunkte für Boston) sowie ihr bester Offensiv-Verteidiger (Vancouvers Filip Hronek) sind allesamt noch im Playoff involviert.
Die Folge dieses beidseits praktisch fehlerfreien und mit wenig Risiko behafteten Spiels war Eis-Schach mit leichten Vorteilen für Patrick Fischers Team. 23 Minuten vergingen bis zur ersten wirklich guten Chance Tschechiens, da lag die Schweiz bereits 1:0 in Führung. Was keine Überraschung war angesichts dieses Patts bei 5-gegen-5-Hockey: Der Treffer fiel genauso im Powerplay wie Tschechiens Ausgleich kurz vor Ende des Mitteldrittels.
Torschütze Fiala ist nun wie ein Bonus für Fischer. Er brachte den 27-jährigen Flügelstürmer in einer neuen ersten Linie neben Center Nico Hischier und Christoph Bertschy. Vor allem aber veränderte Fialas Ankunft die erste Powerplay-Formation, die bereits ohne ihn überzeugt hatte. Nun ist es ein reines NHL-Quintett, das auch in der nordamerikanischen Liga als erste Option durchgehen würde: Roman Josi an der blauen Linie, Fiala und Philipp Kuraschew an den «Flanken», Nino Niederreiter in der Mitte als «Bumper» und Hischier neu vor dem Tor – eine Position, die er auch bei seinem Club New Jersey spielt. Das in der Summe ist etwas vom Besten, das an dieser WM zu finden ist.
Was trotz der taktisch reifen Leistung der Schweizer bemängelt werden konnte, waren die grösstenteils ausbleibenden eigenen Chancen. Nach dem Ausgleich verlor die Mannschaft kurz den Faden, fand aber sehr schnell wieder zurück zum stabilen Spiel. In der Schlussphase stand sie dem Sieg näher. Dennoch ging es in die Overtime, die zwar wild, aber torlos verlief. Im Shootout sorgte Kuraschew mit dem zweiten Treffer für die Entscheidung, Goalie Leonardo Genoni war mit nur einem Gegentor ebenfalls ein Matchwinner. Den schönsten Penaltytreffer schoss aber Fiala, danach wollte er vor allem nur noch eines: «Ins Bett. Schlafen.»
Schweiz
Tschechien
5’
Jetzt die Tschechen erstmals gefährlich. Spacek’s Abschluss landet an der Torumrandung.
4’
Erster Angriffsversuch von Kevin Fiala, der immer wieder von den TV-Kameras eingefangen wird. Die beiden Teams schlagen ein hohes Tempo an.
3’
Viele Unterbrüche in den ersten Minuten. Doch anders als gegen Österreich am Sonntag wirkt die Schweiz in der Anfangsphase wacher. Michael Fora kann einen Angriffsversuch der Tschechen unterbinden, drängt seinen Gegenspieler gekonnt ab.
Es geht los
Das Spiel läuft. Nico Hischier gewinnt das erste Bully.
Aufstellung Tschechien
Das Team von Trainer Radim Rulik verfügt mit Ondrej Palat, Jan Rutta und Michal Kempny zwar über drei Stanley-Cup-Sieger, dennoch verzichtete der neue Coach, der zuvor das U-20-Nationalteam betreute, auf einige NHL-Verstärkungen.
Rulik setzt vorwiegend auf Spieler, die bereits während der Saison zusammengespielt haben, beispielsweise Roman Cervenka von den SCRJ Lakers sowie Matej Stransky vom HCD. Diese Strategie scheint bisher aufzugehen. Der Gastgeber ist mit 2 Siegen und 5 Punkten gegen Finnland und Norwegen ins Turnier gestartet.
Es geht bald los
Willkommen zum Live-Ticker des dritten Vorrundenspiels zwischen der Schweiz und dem Gastgeber Tschechien. Das Spiel beginnt um 20.20 Uhr.
Die Schweiz kann heute erstmals auf Kevin Fiala zählen. Der 27-jährige Stürmer der LA Kings wurde früher als erwartet Vater einer Tochter und hat sich entschlossen, doch noch nach Prag zu reisen.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Aufstellung Schweiz
Und so präsentiert sich das Lineup
Patrick Fischer formiert seine 1. Angriffslinie neu. Neben Center Nico Hischier spielen nun Kevin Fiala und Christoph Bertschy. Philipp Kuraschew stürmt neu im 4. Block neben Andres Ambühl und Calvin Thürkauf. Nicht eingesetzt werden Torhüter Reto Berra, der sich beim 6:5-Sieg gegen Österreich nach 40 Minuten auswechseln liess, sowie Scherwey, Bader und Haas. Das Tor hütet Leonardo Genoni.
Fehler gefunden?Jetzt melden.