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Schüsse am Nationalfeiertag in Chicago
Verdächtiger plante weiteren Angriff 

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Der wegen des Blutbads in einem Chicagoer Vorort festgenommene junge Mann hatte offenbar einen weiteren Angriff geplant. Robert C. habe den Angriff in Highland Park am US-Nationalfeiertag gestanden und zudem angegeben, «ernsthaft erwogen» zu haben, nach der Flucht weitere Menschen zu töten, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch.

Der 21- Jährige ist wegen Mordes in sieben Fällen angeklagt – weitere Anklagen dürften nach Aussagen des Staatsanwaltes folgen. Im Falle einer Verurteilung würden bereits die Anklagen wegen Mordes ersten Grades zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Chance auf vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis führen.

Staatsanwalt Rinehart sagte am Mittwoch, das zuständige Gericht habe entschieden, den Verdächtigen in Untersuchungshaft zu nehmen – ohne die Möglichkeit, gegen Kaution bis zu einem Urteil auf freien Fuss zu kommen. Es gebe «hinreichenden Grund», den Mann zu diesem Zeitpunkt wegen siebenfachen Mordes ersten Grades festzuhalten.

C. hatte nach Überzeugung der Ermittler am Montag mit einem Gewehr mit hoher Durchschlagskraft das Feuer auf die Zuschauer einer Parade in Highland Park im Bundesstaat Illinois eröffnet. Den Ermittlern zufolge gab er vom Dach eines Geschäftsgebäudes aus mehr als 70 Schüsse ab und tötete mindestens sieben Menschen. Mehr als 35 weitere wurden verletzt.

Schütze bereitete Tat wochenlang vor

Dem Polizeisprecher zufolge bestätigte C. die Ermittlungergebnisse. Anschliessend sei er in die Stadt Madison in Wisconsin gefahren, wo er einen weiteren Angriff verüben wollte, sagte er demnach der Polizei. Sein Motiv blieb hingegen weiter unklar. Es gebe keine Hinweise auf ein rassistisches oder religiöses Motiv, hatte es zuvor geheissen.

Der 21-jährige Todesschütze hatte die Tat den Ermittlern zufolge seit Wochen geplant. Der an Hals und Gesicht tätowierte junge Mann hatte sich am Tag des Angriffs als Frau verkleidet, um seine Identität zu verschleiern und leichter fliehen zu können.

Er wurde schliesslich Stunden später nach fieberhafter Fahndung und einer kurzen Verfolgungsjagd im Auto seiner Mutter festgenommen. In dem Fahrzeug wurde ein zweites Gewehr gefunden. Beide Waffen hatte C. laut Polizei legal erworben.

Die Schusswaffenattacke während der Feierlichkeiten zum US-Unabhängigkeitstag vom 4. Juli in Highland Park sorgte landesweit für Entsetzen. Aus Respekt für die Opfer der Tat werden in den USA bis einschliesslich Samstag alle Flaggen auf Halbmast gesetzt. Die gelte für das Weisse Haus, alle öffentlichen Gebäude und Militärstützpunkte in den Vereinigten Staaten genauso wie für die US-Botschaften und Konsulate weltweit, erklärte US-Präsident Joe Biden am Dienstag.

«Nie gedacht, dass das hier passieren würde»

C. hatte laut US-Medien in der Vergangenheit auf Online-Plattformen gewalttätige Inhalte veröffentlicht. Darunter war laut der Zeitung «Chicago Tribune» ein Video mit Zeichnungen eines Schützen und von Menschen, die erschossen werden, sowie eine Stimme, die sagte: «Ich muss es einfach tun» und «Nichts kann mich stoppen, nicht einmal ich selbst». Die Social-Media-Konten, von denen anzunehmen ist, dass sie dem Mann zuzuordnen sind, wurden inzwischen gesperrt.

Die Schüsse hatten gemäss Polizei um 10.14 Uhr begonnen und Panik in der Kleinstadt am Ufer des Michigan-Sees ausgelöst, wo sich hunderte Menschen versammelt hatten, um den «Independence Day» zu feiern. Viele Menschen hielten die Schüsse zunächst für Feuerwerk.

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«Wir haben uns vorbereitet, die Strasse entlangzumarschieren, als plötzlich Wellen von Menschen angefangen haben zu rennen», sagte die Augenzeugin und Parade-Teilnehmerin Emily Prazak der Nachrichtenagentur AFP. «Direkt bevor das passiert ist, haben wir das ‹pop, pop, pop, pop, pop› gehört, und ich dachte, es ist Feuerwerk.»

Der Augenzeuge Don Johnson sagte der AFP, er habe Schreie gehört und Menschen mit Kindern auf dem Arm rennen sehen. «Wir sind in die Tankstelle gerannt und sind da drei Stunden lang geblieben», sagte Johnson. «Ich habe solche Szenen immer wieder im Fernsehen und in anderen Städten gesehen, und ich hätte nicht gedacht, dass das jemals hier passieren würde.»

Hunderte Beamte waren im Einsatz. Auf Fernsehbildern aus Highland Park war zu sehen, wie Polizisten durch leere Strassen fuhren, auf deren Bürgersteigen in der Panik zurückgelassene Campingstühle standen.

Ein freudiger Tag, jäh unterbrochen: Die Attacke in Highland Park wird auch die Diskussion um die Schusswaffengewalt in den USA intensivieren.

Ein Augenzeuge mit dem Vornamen Michael sagte dem Sender WGN, er habe einen einzelnen bewaffneten Schützen gesehen, «der sich duckte und methodisch, fast militärisch vorrückte». Menschen hätten sich zu Boden geworfen und seien dann weggerannt, während sich am Boden Blutlachen bildeten, berichtete er.

Der Abgeordnete Brad Schneider, der für den Bundesstaat Illinois im Repräsentantenhaus sitzt, hielt sich in der Stadt auf, als die Schüsse fielen. «Mein Team und ich hatten uns gerade zum Beginn der Parade getroffen, als die Schüsse fielen», erklärte Schneider auf Twitter, nachdem er sich in Sicherheit gebracht hatte. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus.

Weiterer Angriff auf Feierlichkeiten in USA verhindert

Die Polizei in Richmond im US-Bundesstaat Virginia hat nach eigenen Angaben einen weiteren Schusswaffen-Angriff auf Feierlichkeiten zum US-Unabhängigkeitstag vereitelt. Ein 38-Jähriger und ein 52-Jähriger seien festgenommen worden, sagte Richmonds Polizeichef Gerald Smith am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Zwei Sturmgewehre, eine Pistole und 223 Schuss Munition seien beschlagnahmt worden.

Die Absicht der beiden Männer sei gewesen, das Feuer auf die Menge bei den Feierlichkeiten in Richmond am vergangenen Montag zu eröffnen, sagte Smith. «Wir wissen nicht, was ihr Motiv war.» Die Polizei sei durch einen Tipp aus der Bevölkerung alarmiert worden. «Ein Anruf hat am 4. Juli zahlreiche Leben gerettet.»

Am Nationalfeiertag kam es auch in der Grossstadt Philadelphia zu einem Schusswaffenvorfall. Dabei wurden laut US-Medien zwei Polizisten verletzt. Die Beamten wurden im Spital behandelt, konnten die Klinik nach Angaben von Philadelphias Polizeichefin Danielle Outlaw aber bereits wieder verlassen. Die Schüsse fielen während eines Feuerwerks in Philadelphia. Aufnahmen des Senders CBS zeigten, wie Menschen in Panik flohen. Die Ermittlungen zu den Hintergründen des Vorfalls dauerten an.

Die USA haben seit langem mit einem riesigen Ausmass an Waffengewalt zu kämpfen. Erst Ende Mai hatte ein 18 Jahre alter Schütze an einer Grundschule in Texas ein Massaker angerichtet. Er tötete in der Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und 2 Lehrerinnen, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Die Polizei geriet danach in die Kritik, weil sie erst nach langer Verzögerung in den Klassenraum eindrang, in dem sich der Schütze verschanzt hatte. Gute eine Woche zuvor hatte ein 18 Jahre alter Täter in der US-Stadt Buffalo zehn Menschen erschossen, die Ermittler gehen von einem rassistischen Motiv aus.

Die Amokläufe hatten die Diskussion über schärfere Waffengesetze neu entfacht. In den USA sind Schusswaffen oft leicht erhältlich. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC wurden 2020 in den USA fast 20’000 Menschen erschossen – mehr als 50 pro Tag.

Biden will weiter für schärfere Waffengesetze kämpfen

US-Präsident Joe Biden zeigte sich «schockiert über die sinnlose Waffengewalt, die an diesem Unabhängigkeitstag wieder einmal Trauer über eine amerikanische Gemeinde gebracht hat». In seiner Mitteilung hiess es: «Ich werde den Kampf gegen die Epidemie der Waffengewalt nicht aufgeben.» Biden und seine Demokraten fordern seit langem schärfere Waffengesetze. Weitreichende Reformen scheitern immer wieder am Widerstand der Republikaner im Kongress und am Einfluss der mächtigen Waffenlobby-Organisation NRA.

Im vergangenen Monat hatte der Kongress unter dem Eindruck der Amokläufe von Texas und andernorts parteiübergreifend ein Gesetz gegen Schusswaffengewalt beschlossen, das aber weit hinter Bidens Reformvorschlägen zurückblieb. Experten werteten die Verschärfung des Waffenrechts zwar als die wichtigste seit Mitte der 1990er. Das Gesetz ist inhaltlich allerdings nur ein überparteilicher Minimalkompromiss ist, den Kritiker als völlig unzureichend rügen.

Das von Biden Ende vergangenen Monats unterzeichnete Gesetz sieht eine intensivere Überprüfung von Waffenkäufern vor, die jünger als 21 Jahre sind. Zudem geht es darum, Gesetze aus Bundesstaaten auszuweiten, um potenziellen Gefährdern Waffen abnehmen zu können. Illegaler Waffenhandel soll auf Bundesebene bestraft werden können. Zudem sollen Milliarden in psychische Gesundheitsvorsorge und Anti-Gewalt-Programme fliessen. Auch für die Sicherheit von Schulen sind weitere Mittel vorgesehen. Das von Biden und seinen Demokraten geforderte Verbot von Sturmgewehren fehlt in dem Gesetz.

Inmitten der Debatte über Schusswaffengewalt hatte das Oberste Gericht der USA das Recht auf das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit im vergangenen Monat ausgeweitet. Der Supreme Court in Washington kippte ein mehr als hundert Jahre altes Gesetz des Bundesstaats New York, wonach man einen triftigen Grund nachweisen muss, um eine Lizenz für das verdeckte Tragen einer Handfeuerwaffe ausserhalb des Hauses zu erhalten.

red/AFP/SDA