Schneller, älter und reifer – die Zürcher fehlen
Erstmals seit 37 Jahren steht kein Spieler von ZSC oder Kloten im Schweizer WM-Aufgebot.
Es ist ein sonniger 8. April im Südtessin. Sami Kapanen wird als neuer Lugano-Trainer vorgestellt, und 20 Minuten vorher öffnen sich die Katakomben der Corner-Arena. Um 9.10 Uhr macht sich Alessio Bertaggia auf den Weg zum ersten Lauftraining hinsichtlich der neuen Saison. Zehn Tage sind vergangen seit dem 0:4-Viertelfinalout der Bianconeri gegen Zug.
Szenenwechsel: Am Samstag tritt Alessio Bertaggia in Weinfelden vor das Mikrofon der RSI. Nicht um den Verlauf des Sommertrainings zu erklären, sondern seine Befindlichkeit nach der WM-Selektion. Der Sohn der Verteidiger-Legende Sandro ist einer der Gewinner der Vorbereitung. Er erzielte vier Treffer in fünf Einsätzen und überzeugte den Nationaltrainer. «Einige waren überrascht, dass ich ihn für die Vorbereitung aufgeboten habe», sagt Patrick Fischer, «aber er ist schnell, furchtlos und spielt körperbetont, ein Hockey, das mir gefällt. Er hat sich Woche für Woche bewiesen und sich sein Ticket verdient.»
Kuraschew und Janis Moser überzeugten
Zwei andere, die vor Beginn der Vorbereitung niemand auf der Rechnung hatte, sind Philipp Kuraschew und Janis Moser. Verteidiger Moser ist der Shootingstar der Saison und bestätigte seine Leistungen in Biel nun auch international. Raphael Diaz, der in den letzten beiden Partien mit dem 18-Jährigen verteidigte, ist beeindruckt: «Er ist extrem weit für sein Alter. Man könnte denken, er sei schüchtern, aber dem ist nicht so. Er übernimmt viel Verantwortung, das ist cool.»
Und Kuraschew, der im März für drei Jahre bei Chicago unterschrieb, überzeugt durch Scheibensicherheit und Spielübersicht. Fischer freut besonders, dass «zwei Spieler der U-20-Nationalmannschaft im gleichen Jahr an die A-WM können. Das ist toll für unser Produkt, ihre Entwicklung freut mich enorm.»
Nächster Tiefschlag für Hollenstein
Am anderen Ende der Gefühlsskala steht Denis Hollenstein. Der Stürmer der ZSC Lions spielte zwar in Weinfelden lange an der Seite von Gaëtan Haas und Vincent Praplan, schaffte den Sprung ins Team aber wie die Verteidiger Andrea Glauser und Samuel Kreis sowie Stürmer Marco Müller (Daumenbruch) doch nicht.
«Gerade auf den Flügelpositionen haben wir sehr viel Auswahl», begründete Fischer, «da entscheidet oft die Wochen- oder sogar die Tagesform. Andere waren jetzt noch etwas heisser als er.» Für den 29-Jährigen geht die persönliche Baisse weiter: Im Vorjahr konnte er als Captain mit dem EHC Kloten den Abstieg nicht vermeiden und spielte dann an der WM verletzungsbedingt nicht.
Heuer war er im ersten Jahr in Oerlikon zwar Topskorer, verpasste mit dem Team aber das Playoff. Sein WM-Out bedeutet, dass die Zürcher Misserfolgs serie um ein weiteres Kapitel verlängert wird, eines mit historischer Dimension: 1982 für die B-WM in Klagenfurt war letztmals kein Spieler von ZSC oder Kloten im Aufgebot, Trainer war damals Lasse Lilja.
Wer kommt noch aus der NHL?
25 Spieler figurieren im vorläufigen WM-Kader, möglich, dass aus der NHL noch die eine oder andere Verstärkung kommt. Wahrscheinlichste Kandidaten sind Dean Kukan und Sven Andrighetto, die in ihren Viertelfinalserien 2:3 im Rückstand (Stand: Montag, 6. Mai) sind. Mit Luca Sbisa hat Fischer in der Nacht auf Samstag nach dem Ausscheiden der New York Islanders gesprochen, er kommt nicht. Eine WM-Teilnahme von Timo Meier ist unrealistisch, da er auf einen ganz grossen Vertrag wartet. Und Nino Niederreiter müsste mit Carolina nach der überraschenden Halbfinalqualifikation schon sehr schnell ausscheiden, damit er noch zum Thema werden könnte, mit ihm rechnet Fischer aber nicht mehr.
Der Zuger ist von der Qualität auch so überzeugt, auch im Vergleich zum Silberteam des Vorjahres: «Wir sind schneller, ein Jahr älter und reifer. Wir haben drei Topgoalies, gute Verteidiger, die auch einen ersten Pass spielen können, und viele Offensivspieler, die den Unterschied machen können.»
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