Stahlhersteller kämpft ums ÜberlebenSchmolz + Bickenbach braucht frisches Geld – schon wieder
Der Stahlkonzern steht wegen der Corona-Krise erneut mit dem Rücken zur Wand und benötigt zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres Finanzhilfen. Darüber verhandelt die Firma mit dem Staat, Eigentümern und Banken.
Die Corona-Krise bringt die Rettungspläne für den Stahlhersteller Schmolz + Bickenbach ins Wanken. Das Unternehmen mit 10’000 Beschäftigten braucht erneut frisches Geld und will dafür den Staat, seine Eigentümer und Banken anzapfen.
Eine Unternehmenssprecherin erklärte, die Firma prüfe «weitere Finanzierungsmöglichkeiten». Im Zuge dessen erwägt Schmolz + Bickenbach in Deutschland einen Antrag auf Staatshilfen über 50 Millionen Euro. Kommt weitere Unterstützung aus der Schweiz und Frankreich dazu, könnten die Staatshilfen am Ende einen dreistelligen Millionenbetrag umfassen.
«Wir sind natürlich auch in engem und proaktivem Kontakt mit unseren Banken und Hauptaktionären in Bezug auf das Gesamtkonzept.»
«Wir sind natürlich auch in engem und proaktivem Kontakt mit unseren Banken und Hauptaktionären in Bezug auf das Gesamtkonzept», erklärt die Firma. Eine Entscheidung über weitere Geldspritzen ist aber noch nicht gefallen.
Grund für die angespannte finanzielle Lage ist der Nachfrageeinbruch durch die Corona-Krise. Bereits in den vergangenen Jahren benötigten die Auto- und Maschinenbauer weniger Stahl. Das führte im Vorjahr zu einem Verlust von 521 Millionen Euro. Mit der Pandemie ging die Nachfrage dann in den Keller, die Firma schrieb erneut Verluste.
Erste Finanzspritze reicht nicht lange
Dabei ist es noch nicht lange her, dass Schmolz + Bickenbach mit einer Finanzspritze gerettet wurde: Erst zu Jahresbeginn schoss der Eigentümer des Autoimporteurs Amag, Martin Haefner, mithilfe einer Kapitalerhöhung und eines Kredits 386 Millionen Euro an Kapital ein. Zudem hatten die Banken ihre Kredite aufgestockt. Von diesem Polster konnte die Firma jedoch nicht lange zehren.
Durch die Kapitalerhöhung stieg die Beteiligung von Haefner auf 49,6 Prozent. Weil das de facto einem Kontrollwechsel gleichkam, musste Schmolz + Bickenbach anbieten, eine Anleihe vorzeitig zurückzuzahlen. Das kostete die Firma letztlich knapp 330 Millionen Euro, und ein grosser Teil des Geldes war bereits wieder verbraucht.
Ob Haefner zu einer weiteren Geldspritze bereit wäre, blieb zunächst offen. Er ist nicht der einzige Grossaktionär: Weitere 25 Prozent hält der russische Investor Viktor Vekselberg über seine Liwet-Holding.
Neben dem Staat und den Eigentümern ist Schmolz + Bickenbach auch im Gespräch mit den kreditgebenden Banken: Sie haben ihre Darlehen zuletzt ebenfalls aufgestockt. Diese Kredite sind allerdings an strenge Auflagen wie das Erreichen bestimmter Gewinnziele geknüpft. Wenn Schmolz + Bickenbach das nicht schafft, muss der Konzern das Geld unter Umständen zurückzahlen.
Kritisch ist das vor allem deshalb, weil die Bedingungen vor dem Ausbruch der Pandemie ausgehandelt wurden, durch die sich die Probleme der Firma drastisch verschärft haben. Das Unternehmen sei diesbezüglich mit den Banken in engem Austausch, sagt die Sprecherin. «S+B ist dabei, sorgfältig einen angepassten Geschäftsplan zu entwickeln, der die Situation nach der Covid-Krise widerspiegelt.»
Ob im Zuge dessen auch weitere Stellen wegfallen, ist noch nicht klar. Bislang hat die Firma angekündigt, rund 400 Jobs in Deutschland zu streichen. An anderen Standorten setzt Schmolz + Bickenbach auf Kurzarbeit – wie etwa in Emmenbrücke, wo der Kurzarbeitsanteil derzeit bei rund 50 Prozent liegt. Generell habe die Firma ein grosses Interesse, ihre Mitarbeiter zu behalten, sagt die Sprecherin. Denn sobald die Nachfrage wieder anzieht, brauche sie diese.
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