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Filmlegende der Nouvelle Vague
Schauspieler Jean-Paul Belmondo gestorben

Der französische Schauspieler Jean-Paul Belmondo bei einer Preisverleihung in Paris. (24. Februar 2017)

Der französische Schauspielstar Jean-Paul Belmondo ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Belmondo starb am Montag in Paris, wie sein Anwalt Michel Godest der Nachrichtenagentur AFP sagte. Der Schauspieler drehte im Laufe seiner Karriere rund 80 Filme.

«Bébel», wie ihn in Frankreich alle nennen, war eine nationale Institution. Er war eines der Gesichter der französischen Nouvelle Vague, spielte während seiner langen Karriere aber auch in zahlreichen Komödien- und Actionfilmen mit. Seit einem Schlaganfall 2001 war er körperlich geschwächt. In der Öffentlichkeit zeigt sich der gebrechliche Mann mit dem immer noch breiten Grinsen in den vergangenen Jahren jedoch nur noch bei besonderen Gelegenheiten. «Er war seit einiger Zeit sehr müde», sagte sein Anwalt. «Er ist ruhig gestorben.»

Gebrochene Nase wegen eines Boxkampfes

Geboren wurde Jean-Paul am 9. April 1933 in Neuilly-sur-Seine, sein Vater war ein bekannter Bildhauer, seine Mutter Tänzerin. Die Kindheit war glücklich, die Eltern unterstützten ihn bei seinen Aktivitäten, auch beim Versuch, Boxer zu werden. Davon blieb aber nicht viel mehr als eine gebrochene Nase, die sein Selbstvertrauen punkto Aussehen nicht gerade förderte.

Erst nach mehreren Anläufen schaffte er die Aufnahmeprüfung als Schauspieler ans Pariser Konservatorium, erhielt aber stets nur kleine Rollen. Er liess sich nicht unterkriegen, versuchte auch aus den kürzesten Auftritten das Beste rauszuholen und fand ein probates Mittel dazu: Wo er konnte, spielte er den Clown, egal, wie ernst die Rolle war. Damit machte er sich nicht nur Freunde, aber einen Namen als aufrechter Kerl.

Jean-Paul Belmondo auf seinem Motorrad bei den Proben für einen Auftritt im Zirkus Medrano in Paris. (5. Februar 1963)

Erst Jean-Luc Godard erkannte das Potenzial dieser Mischung aus kindlicher Unbekümmertheit und cooler Gelassenheit. Wobei Belmondo die Attitüden des Regisseurs mit den Schweizer Wurzeln sogleich auf die Nerven gingen. Er fand es zum Beispiel suspekt, dass der Regisseur nie die Sonnenbrille abnahm («ich hatte Lust, ihm die Brille runterzureissen und in den Gully zu treten»). Und kritisiert Godards verwahrloste Erscheinung («er schien sich weder zu rasieren noch zu kämmen»). Aber beide wussten, was sie aneinander hatten.

Mit «Ausser Atem» machte Jean-Luc Godard im Jahr 1959 den damals 26-jährigen Belmondo über Nacht zu einem Star. Die Filmbewegung Nouvelle Vague (Neue Welle), die vor allem um die 1960er-Jahre erfolgreich dem Kommerzkino den Rücken kehrte, setzte mit einer unkonventionellen Erzählstruktur neue cineastische Massstäbe. Der Film wurde zu einem Meisterwerk und Belmondo zum Aushängeschild der Kino-Rebellen, zu denen auch Truffaut, Claude Chabrol und Eric Rohmer zählten.

Zusammen mit der «Tigerin aus der Schweiz»

Schubladisieren liess er sich nie. Bei Kritikern machte sich Belmondo unbeliebt, weil er eben nicht nur seriöse Rollen annahm wie diejenige eines Priesters in Jean-Pierre Melvilles «Léon Morin, prêtre», sondern auch mit Regisseuren wie Philippe de Broca reine Kommerzvehikel («L’homme de Rio») drehte.

In der Boulevardpresse machten seine Frauengeschichten Schlagzeilen, er war zum Beispiel acht Jahre mit Ursula Andress zusammen – der «Tigerin aus der Schweiz», wie er sie in seinen Memoiren nennt.

Der franzoesische Schauspieler Jean-Paul Belmondo und seine Lebenspartnerin, die Schweizer Schauspielerin Ursula Andress. (16. April 1970)

Auch auf den Drehplätzen sorgte er mit albernen Streichen für Unterhaltung. Zu leiden hatten dabei oft Hoteleinrichtungen: Einmal schilderte Belmondo ein Spiel, das er «Umzug durch die Lüfte» nannte. Es ist ein Wettkampf zwischen zwei Personen, bei dem derjenige gewinnt, der zuerst das Mobiliar des anderen aus dem Zimmer durchs Fenster hinausgeworfen hat. Die Hotelbesitzer hatten weniger Freude an derartigen Aktivitäten und riefen nicht selten die Polizei.

Belmondo aber schien sich von nichts und niemandem einschüchtern zu lassen. Er fuhr schnelle Autos, drehte Film um Film. Seine Rollenvielfalt und ungebrochene Ausdruckskraft machten ihn zu einem der aussergewöhnlichsten Schauspieler seiner Generation. Sein ewiger Rivale war Alain Delon. Doch an Belmondos komödiantisches Talent kam der Schönling nicht heran. Die Franzosen nannten Belmondo liebevoll «Bébel». Für Delon gab es keinen Spitznamen.

Jean-Paul Belmondo (2.v.l.) schüttelt die Hand von Schauspieler Alain Delon (links) bei einer Preisverleihung in Paris. (23. September 1980)

In den 70er-Jahren begann der durchtrainierte Schauspieler sich immer mehr als Komödiant und Actionstar zu profilieren. Dabei riskierte er auch Kopf und Kragen, denn er kam in den meisten Filmen ohne Double aus. Unerschrocken kletterte er an Strickleitern zu Helikoptern hoch und sprang über fahrende Züge. Als er sich in «Der Boss» bei einem Stunt am Kopf verletzte, machte er mit seinen halsbrecherischen Unternehmen Schluss. Da war er 52.

«Unsterblich werden – und dann sterben»

Belmondo hatte sich über das Wandertheater bis hoch in den Kino-Olymp gekämpft – um dann in den 1980er Jahren wieder tief auf die Erde zu fallen. Als sich das Kino von ihm abwandte, kehrte er wieder zu seinen Anfängen zurück, dem Theater. Im Jahr 1991 erwarb er in Paris schliesslich sein eigenes Schauspielhaus und verwirklichte damit einen Jugendtraum. Belmondo stand in mehr als 40 Rollen auf der Bühne.

Jean-Paul Belmondo probt im Theater Marigny in Paris seine Rolle für das Stück «Kean». (24. Februar 1987)

Nicht nur vor der Kamera musste der Haudegen Schläge einstecken. Im November 1999 erlitt er in der westfranzösischen Stadt Brest auf der Bühne einen Herzanfall und im August 2001 auf Korsika einen Schlaganfall. Seine vier Kinder stammen aus den Beziehungen mit der Tänzerin Elodie Constantin und Nathalie Tardivel. Seine Liaison mit der rund 40 Jahre jüngeren Barbara Gandolfi endete 2012 nach vier Jahren mit einer Trennung.

«Unsterblich werden – und dann sterben» sagte Belmondo in «Ausser Atem». Der Film dauert knappe neunzig Minuten. Aus Belmondo jedoch hat er eine Legende gemacht.

AFP//aru