TV-Kritik «Tatort»Rindsrouladen mit Reis. Oder Nudeln?
Im neuen Wiener «Tatort» sind die Details spannend. Der Fall selbst aber ist überladen.
Ach, was sind das für liebenswerte Gesellen. Der Wiener Kommissar Moritz Eisner und seine Kollegin Bibi Fellner lösen ihre Fälle unaufgeregt, sind aber immer für einen Schmäh gut. Und wenn sie einmal streiten, fahren sie mit dem Auto an die Seite und diskutieren das aus.
Wirklich, was für liebenswerte Gesellen. Wären da nur nicht die Fälle. Was die beiden jetzt wieder in «Alles was Recht ist» zu lösen hatten, war ein so hoffnungslos überladenes Konstrukt, dass man am liebsten die Autorenschaft (Karin Lomot, Robert Buchschwenter) ein paar Stunden in eine Verhörzelle stecken würde, um das Drehbuch zu entschlacken.
Es treten auf: ein Beamter, der seine Frau überrascht, wie sie der Freundin von einem Seitensprung erzählt. Das erregt seinen Zorn so sehr, dass er den Damen die Kehle durchschneidet. Vor Gericht wird er von einem Anwalt herausgeholt, der einen Freispruch wegen Unzurechnungsfähigkeit erreicht. Da ist der Film erst eine Viertelstunde alt.
Zum Schluss auch noch russisches Roulette
Also weiter. Der Anwalt liegt bald tot in seiner Kanzlei. Verdächtigt wird die Tochter, die den Tod der Mutter nicht überwinden kann. Es gibt aber noch eine Putzfirma. Dort arbeitet eine alte Bekannte aus einem früheren Fall. Und die wiederum ist feindschaftlich verbunden mit Inkasso-Heinzi, der mit dem Kehlenaufschlitzerbeamten im Gefängnis sass.
Inkasso-Heinzi! Fans des Wiener «Tatorts» jubeln, denn diese von Simon Schwarz gespielte Mensch gewordene Ambivalenz trat zwischen 2011 und 2018 immer wieder auf. Ein schönes Wiedersehen, das aber falltechnisch wenig bringt. So muss zur Auflösung noch eine religiöse Fanatikerin her. Und russisches Roulette wird auch noch gespielt.
Zu viel, zu viel. Spannend bleibt es nur wegen der Details. Wunderbar, wie Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ein vermeintliches Alibi auffliegen lässt, indem sie beide Beteiligten fragt, was es denn zu den abendlichen Rindsrouladen für Beilagen gegeben habe. Reis, sagt sie. Nudeln, sagt er. Fehler!
Funktioniert die Gesichtserkennung bei Toten?
Sehr schön auch, wie Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) versucht, ein Handy zu knacken: Der Besitzer ist zwar tot, aber wenn man es ihm vor den Kopf hält, sollte die Gesichtserkennung doch funktionieren. Tut sie nicht!
Manchmal gibt es auch echt rührende Momente zwischen den Kommissaren Bibi und Moritz (die vertrauten Vornamen bieten sich irgendwie an). Zum Beispiel, wenn sie darüber sinnieren, dass sie im Alter immer weniger Freunde haben.
Das funktioniert bestens. Um es mit den Rindsrouladen zu sagen: Die Beilagen sind schwer in Ordnung. Am Hauptgericht muss aber für den nächsten Fall ernsthaft gearbeitet werden. Sonst verlieren die beiden noch ein paar Freunde mehr.
Korrektur: Reis oder Nudeln? Sie behauptet, Reis als Beilage gehabt zu haben, er Nudeln. In einer früheren Version des Artikels stand dies verkehrt herum. (Und nein, es war nicht – wie eine Leserin vermutet – um die Aufmerksamkeit des Publikums zu testen…)
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