Vergewaltigung in BaselRichterin gibt Opfer Mitschuld – Urteil sorgt für Aufschrei
Ein Basler Gericht senkt die Strafe für einen Portugiesen, der im Februar 2020 zusammen mit einem Jugendlichen eine Frau vor ihrer Wohnung vergewaltigt hat – und löst eine Welle der Empörung aus. Auch die Betroffene meldet sich zu Wort.
Das vom Basler Appellationsgericht gefällte Urteil im Berufungsverfahren zur Vergewaltigung an der Basler Elsässerstrasse sorgt für Kritik. Das Appellationsgericht hatte vergangenen Freitag das Verschulden des Täters milder eingestuft als die Vorinstanz und den heute 33-jährigen Portugiesen zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, davon 18 Monate unbedingt. Der Täter wird daher bereits kommende Woche aus dem Strafvollzug entlassen. Zudem erhielt er nur noch einen Landesverweis von sechs Jahren, und das Gericht reduzierte die Genugtuung für das Opfer um 3000 Franken.
Das Strafgericht hatte für den Portugiesen, der im Februar 2020 zusammen mit einem Jugendlichen eine Frau vor ihrer Wohnung im Basler Quartier St. Johann vergewaltigt hatte, eine unbedingte Freiheitsstrafe von 51 Monaten und einen Landesverweis von acht Jahren ausgesprochen.
«Es ist für meine Klientin völlig unverständlich, wie ein Gericht, eine Richterin, also sogar eine Frau, so etwas sagen kann.»
Begründet hatte das Appellationsgericht die Reduktion der Strafe mit dem Verhalten des Opfers während und nach der Tat. Die Tat habe nicht lange gedauert, und das Opfer sei nicht schwer verletzt worden. Die Gerichtspräsidentin habe das mildere Urteil zudem damit begründet, dass das Opfer «mit dem Feuer gespielt» habe.
Kritik auf Social Media – Opfer schockiert
Dass das Opfer für die Tat mitverantwortlich gemacht wird und die Reduktion der Strafe sorgt in den sozialen Medien für Kritik.
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Ihre Klientin sei zutiefst schockiert über die mündliche Begründung der Gerichtspräsidentin und könne es nicht fassen, sagte die Anwältin. «Es ist für meine Klientin völlig unverständlich, wie ein Gericht, eine Richterin, also sogar eine Frau, so etwas sagen kann.»
Ihre Klientin mache sich wegen dieser Begründung auch für die Zukunft grosse Sorgen, sagte die Anwältin. Nach Ansicht ihrer Klientin würden darum viele betroffene Frauen sich in Zukunft noch weniger trauen, Anzeige zu erstatten, weil sie dann immer damit rechnen müssten, ihnen würde eine Mitschuld angelastet.
«Auch äusserst schockiert war und ist meine Klientin über die Äusserung des Gerichts, sie sei bislang in keiner Therapie gewesen und es sei deswegen nicht klar, ob sie überhaupt psychische Folgen von der Tat davongetragen habe.» Ihre Klientin leide heute noch stark unter den Folgen dieser schlimmen Tat.
Opferanwältin fordert Schulungen für Richter
Die Opferberaterin und Expertin für sexualisierte Gewalt, Agota Lavoyer, fand deutliche Worte zur Tat und der angeblichen Mitschuld der Frau.
Sie forderte gegenüber «20 Minuten», dass Richterinnen und Richter besser geschult werden: «Ich wünschte, es wäre obligatorisch, dass auch Richterinnen und Richter über die psychosozialen und gesellschaftspolitischen Aspekte sexualisierter Gewalt, etwa über Psychotraumatologie, geschult werden. Eine Vergewaltigung kann ohne rohe Gewalt ausgeübt werden, nur eine Minute dauern und trotzdem massive lebenslange psychische Folgen für ein Opfer haben.»
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«Diese Zeilen sind für euch alle, die sich solidarisiert haben: Bleibt laut, ihr werdet gehört und ihr gebt Mut und Zuversicht. Danke!», schreibt Lavoyer dazu. In der Nachricht an Lavoyer bedankt sich die Frau bei der Opferberaterin und allen anderen, die sich solidarisch gezeigt haben und die Täter-Opfer-Umkehr durch das Gericht nicht einfach so haben stehenlassen. «Es berührt mich sehr», schreibt sie. Und «Das gibt mir echt sehr viel Kraft, um weiterzukämpfen.» Sie sei enttäuscht über das Urteil, hoffe aber, dass auch andere Betroffene sich trauen, eine Anzeige zu machen.
Solidarität zeigen will man auch in Basel. In den Sozialen Medien wird zu einer Kundgebung am Sonntagnachmittag vor dem Appellationsgericht aufgerufen.
Noch ist unklar, ob das Opfer das Urteil vor das Bundesgericht weiterziehen wird. Sie werde zunächst das schriftliche Urteil abwarten und dann entscheiden, sagte die Anwältin des Opfers am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Mit Material von der BaZ
SDA
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